Wenn Du dich mit digitaler Transformation, Organisationsentwicklung und neuer Arbeitskultur beschäftigst, dann werden Dir immer wieder Gesetzmäßigkeiten und Effekte über den Weg laufen, die manches erklären, verstehbarer machen oder die einfach spannend sind. Deswegen findet Du in diesem Beitrag die wichtigsten Gesetzmäßigkeiten, für die Du unbedingt sensibilisiert sein solltest.
- Parkinson’s Law
- Yerkes-Dodson-Gesetz
- Millersche Zahl
- Dunbar-Zahl
- Dunning-Kruger-Effekt
- Moore’s Law
- Conway’s Law
- Brooks’s Law
- Metcalfe’s Law
- Allen-Kurve
- Larman’s Law
Parkinson’s Law
Parkinson’s Law besagt, dass sich Arbeit genau in dem Maß ausdehnt, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht. Das heißt, je mehr Zeit, desto mehr Aufgaben tauchen auf einmal auf oder desto länger dauert ihre Bearbeitung. Die Gesetzmäßigkeit geht auf den britischen Historiker Cyril Northcote Parkinson zurück, der 1955 ein gleichnamiges Essay im “Economist” veröffentlichte. Seine spitzfindige Beobachtung basierte auf der Untersuchung der britischen Marine. Dabei stellte Parkinson fest, dass im beobachteten Zeitraum die Anzahl der Admirale und Offiziere stieg, während die Truppenstärke und Anzahl der Schiffe sank. Weniger Arbeit, mehr Chefs. Das perpetuum mobile einer bürokratischen Organisation. Unter anderem deshalb arbeitest Du in der agilen Arbeitswelt konsequent mit Timeboxes.
Yerkes-Dodson-Gesetz
Das Yerkes-Dodson-Gesetz besagt, dass deine Leistungsfähigkeit in positiver Korrelation zu deinem emotionalen und intellektuellen Erregungsniveau (engl. arousal) steht. Nur an den Randpunkten, also bei sehr geringer oder zu hoher Erregung fällt deine Leistungsfähigkeit stark ab. Wenn Du also z.B. total gelangweilt oder gestresst bist, dann bist Du nach dem Yerkes-Dodson-Gesetz nur eingeschränkt leistungsfähig. Das heißt, nach dem Yerkes-Dodson-Gesetz braucht es das richtige Maß an Erregung für optimale Leistungsfähigkeit. Die Darstellung des Yerkes-Dodson-Gesetz als umgekehrte U-Kurve wird auch Aktivationsmodell genannt.

Millersche Zahl – Die magische Zahl 7 plus/minus 2
Die Millersche Zahl besagt, dass Du nur 7 ± 2 Informationseinheiten (Chunks) parallel im Kurzzeitgedächtnis halten kannst. Der dazu erschienene Artikel von 1956 “The Magical Number Seven” von George A. Miller ist eine der meistzitierten Psychologie-Artikel. Auch wenn die Aussagekraft der Millerschen Zahl mittlerweile umstritten ist, stark vom Kontext und der Art der Information abhängt, ist die Millersche Zahl Ausgangspunkt für weiterführende Überlegungen:
- Nutze Visualisierungen für Sachverhalte und Systeme mit mehr als sieben Elementen. Denn mehr kannst Du laut der Millerschen Zahl nicht im Kurzzeitgedächtnis halten. Dagegen helfen dir Zeichnungen der Millerschen Zahl ein Schnippchen zu schlagen und auch komplexe Sachverhalte deutlich besser zu erfassen.
- Meetings oder Teams mit mehr als sieben Teilnehmern verlieren an Effizienz. Von dieser Erkenntnis haben sich auch die Macher von Scrum inspirieren lassen.
Die Millersche Zahl im Scrum Framework
Im Scrum Guide wird die optimale Teamgröße in Anlehnung an die Millersche Zahl mit 6 ± 3 bzw. max 10 angegeben. Die leichte Abweichung von der Millerschen Zahl ist alleine dem Ziel geschuldet, eine höhere Flexibilität in Bezug auf die optimale Teamgröße zu haben.
Die optimale Größe des Development Teams ist klein genug, um flink zu bleiben und groß genug, um bedeutende Arbeit innerhalb eines Sprints erledigen zu können. Weniger als drei Mitglieder des Development Teams reduzieren die Interaktion und führen zu geringeren Produktivitätssteigerungen [als bei größeren Teams]. Kleinere Development Teams können eventuell kein potentiell releasebares Product Increment liefern, da sie möglicherweise nicht über alle benötigten Fähigkeiten verfügen. Mehr als neun Mitglieder erfordern zu viel Koordination. Große Development Teams erzeugen eine zu hohe Komplexität, als dass ein empirischer Prozess nützlich wäre. Product Owner und Scrum Master zählen nicht zu dieser Zahl dazu, sofern sie nicht ebenso die Arbeit aus dem Sprint Backlog erledigen.
Scrum Guide 2017, deutsche Übersetzung (Seite 7)
Dunbar-Zahl – Warum Tribes nur 150 Mitglieder haben
Die Dunbar-Zahl (engl. Dunbar’s number) des Psychologen Robin Dunbar beschreibt die kognitive Grenze von maximal 150 Menschen, mit denen Du eine soziale Beziehung pflegen kannst. Das heißt, dass Du z.B. ihre Namen und Beziehungen untereinander kennst. Dabei schwankt die Dunbar-Zahl individuell zwischen 100 und 250. Die Dunbar Zahl ist auch der Grund, warum Tribes im Spotify Modell oder ein Scrum of Scrums maximal 150 Mitglieder haben.
Dunning-Kruger-Effekt – Der Gipfel des “Mount Stupid”
Der Dunning-Kruger-Effekt besagt, dass inkompetente Kollegen ihr Wissen und Können am stärksten überschätzen. Diese kognitive Verzerrung basiert auf der fehlenden Metakompetenz, sich selbst objektiv beurteilen zu können. Erst mit zunehmendem Fachwissen sinkt das Selbstvertrauen stark ab, verbunden mit der Einsicht “nichts zu wissen” und steigt schließlich mit zunehmender Erfahrung und fachlicher Kompetenz langsam wieder an. Dabei heißt der Gipfel der Ahnungslosigkeit auch “Peak of Mount Stupid”.

Den Dunning-Kruger-Effekt kannst Du im Zuge der digitalen Transformation vor allem dann beobachten, wenn der Finanzvorstand zum IT Profi wird, der Marketingleiter SEO Ninja und die vielen anderen Kollegen auf einmal wissen wie man digitale Produkte entwickelt und ohnehin jeder ein Experte in neuer Arbeitskultur ist. Sehr oft ist der Dunning-Kruger-Effekt durch die inflationäre Verwendung von zahlreichen Buzzwords auch hörbar.
Moore’s Law – Die jährliche Verdopplung der technischen Leistungsfähigkeit
Moore’s Law sagt eine Verdopplung der technischen Leistungsfähigkeit alle 12 bis 24 Monate voraus. Damit stellte der Mitgründer von Intel Gordon Moore, bereits in den 1960er Jahren eine jährliche Verdopplung der Speicherkapazitäten in Aussicht. Vor allem in Verbindung mit einer stetigen Halbierung der Preise für Speichermedien ist das Mooresche Gesetz ein wesentlicher Treiber der digitalen Transformation. Moore’s Law lässt sich auch weit über die Leistungsfähigkeit von Speichermedien beobachten. So verdoppeln sich verfügbares Wissen und Daten in vielen Industrien ebenfalls innerhalb von 12-24 Monaten.
Conway’s Law – Gelebte Strukturen als Geißel moderner (Software) Systeme
Der Informatiker Melvin E. Conway stellte in den 1960er Jahren fest, dass sich Unternehmen beim Design neuer Systeme zu stark von ihrer gelebten Struktur beeinflussen lassen.
Das heißt, die Kommunikationsstrukturen der umsetzenden Organisationen sind dominierender Input für das neue (technische) System. Statt dass dem neuen System auch neue Arbeitsabläufe folgen. Was Conway’s Law für die Digitalisierung bedeutet, welche Gefahren damit verbunden sind und vor allem was Du dagegen tun kannst, erfährst Du in diesem ausführlichen Artikel zu Conway’s Law.
Brooks’s Law – Die Wirkungslosigkeit von “brute force”
Brooks’s Law besagt, dass zusätzliche Ressourcen die Aussicht von Projekten verschlimmbessern, die ohnehin nicht im Zeitplan liegen. Diese Beobachtung geht auf den IBM Manager Fred Brooks zurück und lautet im Original “Adding manpower to a late software project makes it later”. Dabei gilt Brooks’s Law auch über Software- und IT Projekte hinaus für alle Vorhaben im Umfeld moderner Wissensarbeit. Leider jedoch ist das mentale Modell der “brute force” noch immer ein dominierendes Denkmuster im Management, das unreflektiert aus dem Industriezeitalter übernommen und auf moderne Wissensarbeit übertragen wird. Allerdings ist unsere Arbeit nicht mehr durch mechanische Fließbandarbeit geprägt, sondern durch das Arbeiten in dynamischen und komplexen Umfeldern.
Brooks’s Law in Aktion
Ganz sicher ist Brooks’s Law eine der Gesetzmäßigkeiten, die Du in der Praxis am meisten beobachten kannst. Immer dann wenn Arbeit nicht mehr handelbar ist, folgt der spontane Ruf nach “mehr Leuten”. Wenn sich Brooks’s Law dann noch mit dem Dunning-Kruger-Effekt vermischt, dann hörst Du die Rufe nach “mehr Leuten” vom Gipfel des “Mount Stupid” besonders laut. Statt diesem spontanen Impuls direkt nachzugeben, kannst Du dir z.B. die Frage stellen, wie Du durch Prozessinnovationen und konsequente Digitalisierung Arbeit besser beherrschbar machen kannst.
Metcalfe’s Law – Die Kraft von Netzwerkeffekten
Metcalfe’s Law trifft eine Aussage über das Kosten-Nutzenverhältnis von Kommunikationssystemen und (sozialen) Netzwerken. Dabei wächst der Nutzen eines Netzwerks proportional zur Anzahl der Verbindungen. Nach Metcalfe’s Law entspricht der Nutzen eines Netzwerks der Teilnehmerzahl im Quadrat. Das heißt, “Nutzen = (Teilnehmer)2 ”. Dagegen steigen die Kosten nur linear mit jedem Teilnehmer, was dazu führt dass in jedem Netz ab einer gewissen Größe der Nutzen die Kosten deutlich übersteigt. Diese in Metcalfe’s Law beschriebenen Netzwerkeffekte sind die Basis für den Erfolg des Internet und den Wert von Netzwerken wie facebook, WhatsApp, Instagram etc..
Allen-Kurve – Wenn wir uns näher sind, kommunizieren wir mehr
Die Allen-Kurve stellt einen Zusammenhang zwischen räumlicher Nähe und der Kommunikationsfrequenz her. Das heißt, je näher wir zusammen sitzen, desto mehr reden oder schreiben wir miteinander. Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen der Vertreter moderner Arbeitskonzepte. Die Allen-Kurve geht auf den Kommunikations-Professor Thomas J. Allen zurück und unterstellt zudem eine kritische Distanz von 50 Metern. Wird diese überschritten, folgt ein starker Abfall der Kommunikationsfrequenz.

Larman’s Law – Neue Kultur führt nur über neue Struktur
Larman’s Law stammt vom kanadischen Informatiker und Berater für Organisationsentwicklung Craig Larman, der u.a. bekannt für die Formulierung des LeSS Frameworks ist, einer Weiterführung des Scrum Frameworks. Damit bringt Craig Larman seine Beobachtung zum Ausdruck, dass Organisationen implizit darauf optimiert sind die Machtverhältnisse des mittleren Managements zu erhalten. Daraus folgert er, dass ein nachhaltiger Kulturwandel und wirkliche Veränderung nur dann eintreten, wenn Du die Struktur bzw. die Aufbauorganisation deines Unternehmens änderst. Die fünf Bestandteile und Aussagen von Larman’s Law findest Du im Original hier.
Fazit – 7 plus minus X und mehr einfache Erklärungen
Auch wenn die meisten Beobachtungen schon ein paar Jahrzehnte alt sind, ist ihre Bedeutung im Zuge der digitalen Transformation wichtiger denn je. Denn manches macht es besser verstehbar oder erinnert dich einfach daran, manchen Impulsen, wie dem Ruf nach “mehr Leuten” vom Gipfel des “Mount Stupid”, nicht immer direkt nachzugeben.
Welche Effekte kennst Du noch, die in einer solchen Aufstellung auf keinen Fall fehlen sollten? Und welche Gesetzmäßigkeit macht sich in deinem Umfeld besonders stark bemerkbar? Hinterlasse gerne einen Kommentar.
Viele Grüße,

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