7 Muda – Sieben sinnlose Tätigkeiten (TIMWOOD)
Muda (jap. sinnlose Tätigkeit) sind sieben Arten der Verschwendung im Verständnis des Lean Manufacturing. Da Muda in sieben Ausprägungen auftritt, werden die sieben Verschwendungsarten auch 7 Muda genannt oder mit dem Akronym TIMWOOD abgekürzt.
- T - Transport - Unnötiger Transport
- I - Inventory - (Überhöhte) Lagerhaltung
- M - Motion - Unnötige Bewegungen
- W - Waiting - Wartezeiten
- O - Overproduction - Überproduktion
- O - Overengineering - Ungünstiger Herstellungsprozess
- D - Defects - Ausschuss, Nacharbeit, Mängel
In diesem Beitrag stelle ich dir die sieben Muda ausführlich vor und zeige dir, wie Du Muda durch konsequente Digitalisierung erfolgreich eliminierst.
Verschwendungarten Lean - Muda, Muri und Mura
Neben Muda kennt das Lean Management noch zwei weitere Typen von Verschwendung, nämlich Muri und Mura. Damit Du Muda gegen diese Begriffe einordnen kannst, hier eine kurze Gegenüberstellung:
- Muda oder auch 7 Muda aus diesem Beitrag beschreiben sieben “sinnlose Tätigkeiten", auch abgekürzt durch das Akronym TIMWOOD.
- Muri ist Verschwendung hervorgerufen durch Überlastung des Systems, also eine übermäßige Belastung von Maschinen, Teams und Organisationen. Das heißt, wenn deine Organisation chronisch überfordert ist, begehst Du im Lean Verständnis Verschwendung.
- Mura beschreibt die Unausgeglichenheit in der Belastung, also eine fehlende Kontinuität. Das heißt, mal viel zu tun, mal sehr wenig.
Dabei stehen Muda, Muri und Mura nicht nur im Lean Manufacturing oft in einer unmittelbaren Wechselwirkung. Oft wird sogar versucht, die offensichtliche Verschwendung mit einer anderen, weniger offensichtlichen Verschwendungsart auszugleichen. Zum Beispiel produzierst Du auf Lager, weil Du gerade wenig Aufträge hast. So kompensierst Du Mura mit Muda, da zumindest eine überhöhte Lagerhaltung bereits eine Verschwendung ist. Deswegen ist ein ganzheitliches Verständnis von Muri, Mura und der 7 Muda zwingend notwendig, um Suboptimierungen und Verschwendungen auf ganzer Linie zu vermeiden.
Sieben sinnlose Tätigkeiten - “Wer ist TIM WOOD?”
Um Dir die sieben Verschwendungsarten besser zu merken, kannst Du Dir das Akronym TIMWOOD mit der Eselsbrücke “Wer ist TIM WOOD?'' einprägen. Die sieben Muda in der Schnellübersicht:
T | Transport | Unnötiger Transport |
I | Inventory | (Überhöhte) Lagerhaltung |
M | Motion | Unnötige Bewegungen |
W | Waiting | Wartezeiten |
O | Overproduction | Überproduktion |
O | Overengineering | Ungünstiger Herstellungsprozess |
D | Defects | Ausschuss, Nacharbeit, Mängel |
Im Folgenden gehe ich auf die 7 Muda im Detail ein und erkläre dir, wie Du die jeweilige Verschwendung durch Digitalisierung im Allgemeinen und durch ERP Systeme im Speziellen vermeidest.
Transport - Unnötiger Transport
Ohne Transport geht es nicht, schließlich müssen Betriebsmittel und Waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Allerdings kostet jeder Transport Zeit und Ressourcen, kann Verzögerungen, Beschädigungen oder sogar Verluste hervorrufen. Deswegen gilt es im Verständnis der 7 Muda vor allem unnötige Transporte zu vermeiden. Oder am besten die benötigten Materialien und Ressourcen von vornherein zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben.
How To - Unnötigen Transport vermeiden
Mit einem durchgängig integrierten ERP kannst DU unnötigen Transport z.B. wie folgt vermeiden:
- Produktionsaufträge und daraus resultierender Materialbedarf werden im ERP geplant, d.h. der Transport wird auf das notwendige Minimum reduziert.
- ERP Systems optimieren Wege und ermitteln die ideale Picking Route.
- Multi-Picking Prozesse unterstützen das Picken zu mehreren Aufträgen und stellen somit die optimierte Route für mehrere Aufträge zusammen.
- Über Cross Docking kannst Du Materialien direkt vom Wareneingang zu den richtigen Produktions- und Verarbeitungs-Plätzen routen.
Inventory - Überhöhte Lagerhaltung
Die zweite Muda Verschwendung sind überhöhte Bestände in Form von Rohmaterialien, Zwischenstücken oder fertigen Arbeitsergebnissen. Denn Bestände binden Kapital, benötigen Platz und müssen unter Umständen überwacht werden. Je nachdem, wie lange Du Bestände lagerst, setzt Du dich unter Umständen auch dem Risiko der Wertminderung durch Veralterung aus. Oftmals hat überhöhte Lagerhaltung ihre Ursache in der fehlenden Synchronisation von Arbeitsschritten. Denn dann werden Sicherheitsbestände aufgebaut, um Wartezeiten zu vermeiden. Das heißt, Du versuchst die Verschwendung „Wartezeit“ (dazu unten mehr) mit der Verschwendung „Lagerhaltung" auszugleichen. Stattdessen solltest Du den End-to-end Prozess ganzheitlich optimieren, um unnötige Lagerhaltung ganz zu vermeiden.
How To - Überhöhte Lagerhaltung vermeiden
Mit einem durchgängig integrierten ERP optimierst Du die Lagerhaltung in Bezug auf deinen Materialbedarf durch folgende Schritte und Prozesse:
- Auswertung historischer Daten und Identifikation von “Rennern” und "Pennern".
- Forecasting des Materialbedarfs auf Basis von dokumentierten Angeboten.
- ERP Systeme unterstützen Lager Verdichtungsprozesse, führen Lagerplätze mit selbigen Artikeln zusammen und vermeiden die doppelte Belegung von Lagerplätzen.
Movement / Motion - Unnötige Bewegungen
Die dritte Verschwendung der 7 Muda sind unnötige Bewegungen, z.B. umständliche Laufwege, das ständige Wechseln von Aufgaben und Hilfsmitteln oder auch unnötige Auspack- oder Umräumvorgänge. Ebenfalls zu dieser Verschwendung zählen unergonomische Arbeitsbedingungen, die zu Fehlhaltungen und gesundheitlicher Schädigung führen. Insgesamt führen unnötige Bewegungen zu Zeitverlusten, Qualitätseinbußen sowie einem erhöhten Risiko von Arbeitsunfällen und krankheitsbedingten Ausfällen.
How To - Unnötige Bewegungen vermeiden
Mit einem durchgängig integrierten ERP optimierst Du interne Bewegungsabläufe mit ähnlichen Maßnahmen wie im Bereich unnötiger Transporte:
- ERP Systems optimieren Wege und ermitteln die ideale Picking Route, so werden unnötige Wege per se vermieden.
- Material ist da, wo es gebraucht wird. Zellen werden geplant bestückt, so dass Arbeiter in der Produktion unnötige Laufwege vermeiden.
- Über Cross Docking kannst Du Materialien direkt vom Wareneingang zu den richtigen Produktions- und Verarbeitungs-Plätzen routen.
Waiting - Wartezeit
Die vierte Muda sind unnötige Wartezeiten von Mensch und Maschine. Schließlich finden während der Wartezeiten keine wertschöpfenden Tätigkeiten statt. Maschinen stehen still, obwohl die Auftragsbücher eigentlich voll sind oder Du kommst mit deinem eigenen Vorhaben nicht voran, weil Du auf andere Bereiche oder Kollegen warten musst. Wartezeiten entstehen vor allem dann, wenn zwei abhängige Wertschöpfungsschritte und Prozesse nicht aufeinander abgestimmt sind. Andere Ursachen für das Entstehen von Wartezeiten sind fehlendes Know-how oder auch schlechte Arbeitsmittel.
How To - Wartezeit vermeiden
Mit einem durchgängig integrierten ERP optimierst bzw. vermeidest Du Wartezeiten durch folgende Schritte und Maßnahmen:
- SOLL-IST Analysen, d.h. Gegenüberstellung von kalkulatorischen und tatsächlichen Zeiten deiner Arbeitsgänge.
- Optimierte Logistik und direktes Umladen von Waren durch Cross-Docking.
- Optimierte Bestellungen unter Berücksichtigung der Lieferzeiten, so hast Du deine Materialien “just in time” im Lager.
- Der Vertrieb kann auf Basis der eingeplanten Aufträge und historischer Daten den Lieferzeitpunkt für den Kunden berechnen (ATP - available to promise) und damit ungewollte Wartezeiten beim Kunden reduzieren
Overproduction - Überproduktion
Die nächste Verschwendung der 7 Muda ist Überproduktion. Das heißt, Du produzierst mehr, als der Kunde aktuell bereit ist abzunehmen. Oder Du produzierst Baugruppen und Zwischenstücke vor, für die es keine Verwendung mehr in Endprodukten gibt. Denn mit dieser Überproduktion bindest Du Ressourcen, die ggf. zur Befriedigung anderer und dringenderer Kundenbedürfnisse eingesetzt werden können. Zudem sind Überproduktionen die Ursache für zwei bereits genannte Lean Verschwendungsarten, nämlich Transport und Lagerhaltung. Außerdem kannst Du auch nicht mit abschließender Sicherheit sagen, dass die Überproduktion tatsächlich vom Kunden abgenommen wird.
How To - Überproduktion vermeiden
Mit einem durchgängig integrierten ERP stellst Du auf Basis von historischen und aktuellen (Plan)Daten eine bedarfsgerechte Produktion und kannst so eine Überproduktion komplett vermeiden.
Overengineering / Overprocessing - Überdimensionierter Herstellungsprozess
Overengineering oder Overprocessing bedeutet, dass Du mehr Ressourcen für eine Arbeit aufwendest, als eigentlich nötig wäre und von Abnehmern honoriert wird. Dafür findest Du nicht nur im Lean Manufacturing zahlreiche Beispiele:
- Produkte: Du berücksichtigst Leistungsmerkmale in deinen Produkten, die der Kunde nicht honoriert.
- Prozesse: Deine Abläufe sind komplizierter als sie eigentlich sein müssten.
- Systeme: Du setzt überdimensionierte Systeme ein, die einen hohen Administrationsaufwand nach sich ziehen, der wiederrum in keinem Verhältnis zum erzielten Mehrwert steht. Andersherum gibt es viele Unternehmen, die ein sehr umfangreiches System einsetzen, die Funktionen aufgrund mangelnder digitaler Kompetenz aber nicht einmal ansatzweise nutzen.
Diese Art der Lean Verschwendung tritt vor allem in bürokratischen Organisationen auf. Oder in jenen, in denen viele Leute mitreden, die eigentlich zu wenig von den eigentlichen Anforderungen verstehen. Bewährte Mittel dagegen sind z.B. Prototyping und Dialog mit dem Kunden, um unnötige Anforderungen zu umgehen, eine konsequente digitale Prozessoptimierung und qualifizierte Beratung bei der Auswahl deiner technischen Systeme.
How To - Overengineering / Overprocessing vermeiden
Overengineering und Overprocessing haben nur indirekt etwas mit Digitalisierung zu tun, denn Du kannst auch digital deutlich über das Ziel hinaus schießen. Am Besten lässt sich Overengineering und Overprocessing durch eine konsequente Kundenzentrierung vermeiden und durch ein tiefgreifendes Verständnis, was Kunden und Anwender wirklich brauchen und was wirklich Werte schafft. Dazu hilft es immer, sich konsequent in die Lage des Kunden und des Users zu versetzen, z.B. durch die Anwendung von Design Thinking, Business Model Canvas oder die Jobs to be Done Methode. Das heißt im Umkehrschluss, solange Du keine Antwort auf die Frage findest, wie eine Maßnahme den Wert für einen Anwender, den Kunden, oder wie sich das Kundenerlebnis verbessert, dann läufst Du große Gefahr, Overengineering und Overprocessing zu betreiben.
Defects - Defekte, Ausschluss und Qualitätsmängel
Die letzte der 7 Muda und sicher die offensichtlichste Verschwendung sind Ausschuss, defekte Arbeitsergebnisse oder Qualitätsmängel, die eine Nacharbeit nach sich ziehen. Denn dadurch entstehen zusätzliche Kosten. Es fließt Zeit, Energie und zusätzliche Ressourcen in die Nachbearbeitung, ganz zu schweigen von möglicherweise unzufriedenen Kunden. Unter Umständen ist der produzierte Ausschuss sogar komplett unbrauchbar, muss entsorgt werden und die Arbeit beginnt von vorne.
How To - Ausschluss vermeiden
In einem durchgängig integrierten ERP helfen dir Qualitäts- und Servicemodule detaillierte Auswertungen zu einzelnen Artikeln, Baugruppen und Komponenten zu erstellen, um mögliche Fehlerquellen zu identifizieren. Zudem kannst Du schauen, ob Servicefälle bei einzelnen Kunden wiederkehrend auftreten und ebenfalls mit entsprechenden Maßnahmen reagieren.
Fazit - Einfache TIMWOOD Checkliste mit Tiefgang
Die 7 Muda sind vordergründig eine sehr simple Aufstellung von zum Teil offensichtlichen Verschwendungen. Spannend werden die sieben Lean Verschwendungsarten dann, wenn Du sie genauer untersuchst und dabei vielleicht feststellst, dass Du die eine mit einer anderen Verschwendung vermeiden willst. Sozusagen den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Dann wird aus den sieben Muda vor allem im Zusammenspiel mit Mura und Muri ein ganzheitliches Denkmodell, das dir bei der Gestaltung von Organisationen, dem Design von Prozessen und der Digitalisierung sehr nützliche Dienste erweist.
Viel Erfolg dabei,
Andreas Diehl
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