XY-Theorie – Wie Führung das Verhalten deiner Mitarbeiter prägt. Und umgekehrt.
Die XY-Theorie von Douglas McGregor beschreibt das natürliche Verhältnis von Menschen zu ihrer Arbeit und daraus resultierende Führungskonzepte.
In diesem Beitrag stelle ich Dir die Grundlagen der Theorie X und Theorie Y vor, was Du daraus für deine Haltung, deinen Führungsstil und die Organisation deines Unternehmens ableiten kannst.
Ursprung der XY-Theorie
Die XY-Theorie wurde in den 1950-60er Jahren von Douglas McGregor entwickelt. Als Management-Professor am MIT untersuchte McGregor das Verhalten von Mitarbeitern im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Führungs- und Managementkonzepten. In seinem Buch “The Human Side of Enterprise” kam er bereits 1960 zum Schluss, dass selbstbestimmtes Arbeiten in flachen Hierarchien der Schlüssel zu Engagement und Motivation bei Mitarbeitern sind. Und damit auch die Basis für wirtschaftlichen Erfolg. Heute sind die Theorie X und Theorie Y vor allem ein Modell, um die Gegensätze zwischen traditioneller Führung und selbstorganisierten Strukturen zu verdeutlichen.
Die Grundlagen der XY-Theorie
Theorie X
Die Theorie X geht davon aus, dass Menschen antriebsschwach, faul und träge sind. Das heißt, Menschen gehen der Arbeit prinzipiell aus dem Weg. Deswegen müssen sie auch kontrolliert, gesteuert und extrinsisch motiviert werden. Dazu setzt Du Anreize nach dem Karotte-Esel-Prinzip (“Mach das, dann bekommst Du das”) oder stellst Sanktionierung in Aussicht. In der Theorie X erwarten Mitarbeiter, dass Du Ihnen sagst, was zu tun ist. Sie gehen davon aus, dass Führung Antworten hat. Arbeit ist in der Theorie X für Menschen nur ein Mittel zum Zweck und die Tage bis zum nächsten Urlaub oder zur Rente werden sehnsüchtig gezählt.
Theorie Y
Im Gegensatz dazu geht die Theorie Y davon aus, dass Menschen ehrgeizig und antriebsstark sind. Das heißt, sie arbeiten gernen und selbstverpflichtend. Die Verfolgung von Zielen erfolgt mit hoher Disziplin und Selbstkontrolle, auch ohne die Aussicht auf Belohnung oder Strafe. Das Handeln der Menschen ist von Verantwortungsbewusstsein, Freude an Leistung, Lernen und Kreativität geprägt. In der Theorie Y ist Arbeit für Menschen eine Quelle der Zufriedenheit und ein positiver Bestandteil des Lebens. Unlust an der Arbeit ist nicht etwa wie in der Theorie X angeboren, sondern eine Folge schlechter Arbeitsbedingungen. In der Theorie Y basiert Führung auf Kooperation, der Möglichkeit der Entfaltung und Mitgestaltung. So sind im Verständnis der Theorie Y Manager führende Diener ihrer Mitarbeiter und unterstützen sie bei der Entfaltung ihrer Potentiale.
Theorie X | Theorie Y | |
---|---|---|
Mitarbeiter | • Faul und träge • Scheuen Verantwortung • Wollen Arbeit vermeiden | • Selbstbestimmt Kreativ und antriebsstark • Freude an Leistung |
Arbeit ist ... | ... Mittel zum Zweck (Finanzielle Sicherheit) | ... ein Ort der Kreativität und Inspiration |
Führung | • Extrinsische Motivation • Kontrolle und Strafe • Zentrale Steuerung • Liefert Antworten | • Intrinsische Motivation • Vertrauen / Mitgestaltung • Dezentrale Entscheidung • Stellt Fragen |
Ziel des Unternehmens | Economies of Scale Optimierung, Menschen als austauschbare Ressource in einer großen Maschinerie. | Economies of Flow Innovation, den “Flow” der Nachfrage orchestrieren, das Unternehmen als Orchester. |
Artefakte | • Zielvorgaben • “Pay for performance” • Jobtitel (Head of blabla) • BudgetsAssessment Center • Projekt- und Qualitätsmanager • Zeiterfassung • Bezahlte Überstunden • Lenkungsausschüsse • Project Management Office | • Starke und inspirierende Leitbilder • OKR, Scrum, Kanban • Product Owner • Agile Coaches • Retrospektive ;Demos / Reviews • Customer Journeys • Co-Creation Workshops • Beraterprinzip • Agile Projektorganisation |
Theorie Z
Als Synthese seiner XY-Theorie formulierte McGregor kurz vor seinem Tod die Theorie Z. Demnach sind Mitarbeiter “je nachdem”. Das heißt, sie tragen sowohl Anteile von Theorie X als auch Theorie Y in sich und verhalten sich abhängig vom jeweiligen Kontext. Damit ist die Theorie Z zwar kein eigener Bestandteil der XY-Theorie, jedoch das Eingeständnis, dass sich das Verhalten von Mitarbeitern nicht pauschal kategorisieren lässt. Sie wurde in den Folgejahren von William Ouchi aufgegriffen und zur Beschreibung der japanischen Managementkultur weiterentwickelt.
XY-Theorie - Führung und Mitarbeiterverhalten in permanenter Wechselwirkung
Natürlich ist eine pauschale Kategorisierung in zwei Schubladen zu einfach. Auch wenn diese Einfachheit einen gewissen Reiz hat, denn damit wäre die Führung aus dem Schneider und jedwede Verantwortung für ungewolltes Verhalten wäre beim Mitarbeiter, ist menschliches Verhalten komplex. Das heißt, das Verhalten der Menschen am Arbeitsplatz und Führung stehen in einer permanenten Wechselwirkung. Während die XY-Theorie bis hierhin ein prototypisches Modell beschreibt, ist ihre Aussage erst vollständig, wenn Du die Wechselwirkung von Führung und dem Verhalten der Mitarbeiter betrachtest.
Wenn dein Menschenbild und Führungsstil also der Theorie X entsprechen, wirst Du auf Dauer auch Mitarbeiter haben, die sich so verhalten. Umgekehrt erntest Du die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen und Selbstbestimmung, wenn deine Haltung und dein Führungsstil der Theorie Y folgen. Allerdings tritt diese Reaktion möglicherweise erst mit einer gewissen Verzögerung ein, schließlich ist die Theorie X allgegenwärtig.
Die natürliche Tendenz zu Theorie X
Die Theorie X ist ein prägender Teil unserer kulturellen und beruflichen Sozialisierung. Unser Denken über Arbeit und Strukturen in Unternehmen sind nach der Theorie X aufgebaut. Und schon in der Schule wird uns beigebracht zu machen bzw. zu lernen was andere (das Kultusministerium) für richtig halten. Entsprechend gibt es eine überwiegende und ganz natürliche Tendenz zu Theorie X. Und wenn Mitarbeiter (und unsere Kinder) lange genug in einem solchen System gewirkt haben, übernehmen sie früher oder später auch reaktives Theorie X Verhalten. Das heißt, die Theorie X ist ein tief verwurzelter und starker “Default”. Wenn wir uns also wundern, wo eigentlich das Engagement und die Freude am Gestalten verloren gegangen sind, dann sollten wir uns fragen wie wir es ihnen beigebracht haben. Und selbst Theorie Y Anhänger tendieren dazu mit Theorie X Verhalten zu reagieren, wenn es mal nicht läuft.
Dem Loop entkommen - (D)Eine Wahl für Theorie Y treffen
It doesn’t help having Theory Y leadership visions if there are Theory X management processes. The result is poisonous gaps between what is preached and what is practiced sadly seen in so many organisations.Bjarte Bogsnes
Zunächst triffst Du eine Entscheidung für Dich und die Theorie Y. Dann darfst Du anerkennen, dass wir eine natürliche Tendenz zu Theorie X haben. Du brauchst Geduld, denn je nachdem wie stark Mitarbeiter in Theorie X sozialisiert sind, werden sie Theorie Y möglicherweise mit Theorie X beantworten. Oder sogar in Widerstand gehen. Statt jedoch ihrer Einladung zu folgen, darfst Du deiner Wahl für Theorie Y verbunden bleiben. Deine Mitarbeiter kannst Du fragen, was sie von Dir brauchen, um diesen Weg mit Dir zu gehen. Das SCARF Modell gibt dir ein paar Ideen, wie Du der Theorie Y einen Boden bereitest. Jedoch wirst Du ganz sicher auch auf Kollegen treffen, die diesen Weg nicht mitgehen wollen. Denn je mehr die Theorie X zu einem Bestandteil ihres Wertesystems geworden ist, desto härter ist die Transformation. Wichtig ist nur, dass Du weißt auf welcher Seite der XY-Theorie Du stehst.
Strukturen als Verstärker oder Restriktion
Schließlich haben die Strukturen deines Unternehmens einen Einfluss auf den Erfolg deiner Theorie Y Führung. Sofern nämlich die Organisation in deinem Unternehmen auf Theorie X Prinzipien basiert, wirst Du es sicherlich noch schwerer haben. Solltest Du keinen Einfluss auf die Strukturen haben, darfst Du die bestehende Organisation als Restriktion für deine guten Theorie Y Absichten betrachten. So ähnlich wie bei der Corona Pandemie, Du kannst Dich den ganzen Tag darüber beklagen oder den suboptimalen Zustand akzeptieren. Wenn Du dagegen Einfluss auf die Organisation deines Unternehmens hast, dann ist die Veränderung zu einer Theorie Y Struktur ein extrem starkes Mittel, um Theorie Y Verhalten und Führung zu fordern und zu fördern. Und früher oder später ändern sich dann auch das viel beschworene “Mindset” und die damit verbundene Unternehmenskultur.
Fazit - Du hast eine Wahl. Sei Theorie Y.
Ich würde mich als Freidenker und eingefleischten Theorie Y Anhänger betrachten. Und trotzdem gibt es immer wieder Situationen, bei denen ich mich selber Dinge sagen höre, die ich im Nachhinein ganz klar der dunklen Theorie X Seite zuordne. Gunter Schmidt würde sicherlich sagen, ich drehe eine Ehrenrunde in einem alten ungewollten Verhaltensmuster. Schließlich ist es nicht ganz einfach über 100 Jahre kulturelle Entwicklung, die tief in unserer Wirtschaft, Gesellschaft und auch ein prägender Anteil meiner Erziehung und Ausbildung war, einfach beiseite zu wischen. So sind wir tagtäglich mit einer Vielzahl von Theorie X Prinzipien und Verhaltensweisen konfrontiert. Aber Du hast eine Wahl. Ob als Elternteil oder in einer Führungsrolle. Und wenn Du diese Wahl mit Geduld und der der Bereitschaft verbindest anderen eine Hilfestellung zu geben, selbstbestimmt zu handeln und zu gestalten, dann kann es nur gut werden. Nicht nur in deinem Unternehmen.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
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