New Work – So sieht die Zukunft der Arbeit aus
New Work ist ein Sammelbegriff für Prinzipien und Denkweisen der neuen Arbeitswelt. Dabei reicht das New Work Modell von methodisch-technischen Aspekten bis zur ursprünglichen Idee von New Work. Dass Arbeit nämlich ein integraler Bestandteil eines lebenswerten Lebens und nicht einfach nur ein Mittel zum monetären Zweck ist. In diesem Beitrag findest Du einen Überblick darüber, was New Work in meinem Verständnis auszeichnet und wie Du New Work auch für dein Unternehmen erfolgreich praktizieren kannst.
Was bedeutet New Work - Definition, Herkunft und Bedeutung
Der “New Work” Begriff wurde in den 1970er Jahren von Frithjof Bergmann geprägt. Für Bergmann bedeutet New Work, seiner Berufung zu folgen und einer Tätigkeit nachzugehen, die den eigenen Wünschen, Überzeugungen und Begabungen entspricht. Das heißt, dass Selbstständigkeit, Handlungsfreiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft auch im Arbeitsleben eine wichtige Rolle spielen. So werden in den Augen von Bergmann mit New Work die Welt und das Leben lebenswerter.
Frithjof BergmannWas ist es, was ich wirklich, wirklich, auf dieser Erde will?
Die Kernidee von New Work - Arbeitszeit ist Lebenszeit
Im Kern geht es bei New Work also um eine Symbiose von Lebens- und Arbeitszeit. Oder wie das Unternehmen Upstalsboom es in seinen Sinnthesen formuliert: “Arbeitszeit ist Lebenszeit”. Das heißt, Arbeit ist nicht länger nur ein Mittel zum monetären Zweck, eine “milde Krankheit", die Du bis zum nächsten Wochenende aushalten darfst und Lohn im schlimmsten Fall ein “Schmerzensgeld”. Sondern Arbeit ist ein Ort, an dem Du deinen Interessen nachgehst, dich fachlich und persönlich entwickelst. Für Frederic Laloux, den Autor von “Reinventing Organisations”, ist diese “Ganzheit” sogar einer der drei großen Durchbrüche einer evolutionären Organisation.
Old Work | New Work | |
---|---|---|
Denkmuster | Unternehmen als Maschine | Unternehmen als lebendiges System |
Arbeit ist … | Milde Krankheit, Mittel zum monetären Zweck | Lebenszeit |
Arbeitsplatz | Im Büro | Remote, flexibel |
Arbeitszeit | Unflexibel, Zeit als Leistungsmaßstab | Flexibel, Ergebnisse statt Stechuhr |
Büros | Einzelbüros | Offene Büros |
Organisation | Formal, hierarchisch | Netzwerke, selbstorganisiert |
Kommunikation | Entlang der Berichtslinie, viele Meetings | Jeder mit jedem, co-kreative Sessions |
Innovation | Management, große Projekte | Kleine Teams, kurze Iteration und MVPs |
Informationen | Als Währung | Hohe Transparenz |
Orientierung des Unternehmens | Gewinn | Purpose |
Acht Maßnahmen, um New Work zum Leben zu erwecken
New Work hat im Kern also etwas mit deiner Einstellung zur Arbeit zu tun. Jedoch kann ein Unternehmen Rahmenbedingungen gestalten, damit New Work zum Leben erweckt und sich voll entfalten kann. Dabei kannst Du dir das Zusammenspiel wie das Gärtnern vorstellen. Deine Haltung zur Arbeit ist die Saat. Das Unternehmen kann Rahmenbedingungen schaffen (also wässern, düngen, viel Licht), damit die Saat bestmöglich gedeiht. Wenn jedoch der Samen - also deine Haltung zur Arbeit - faul ist, wird daraus nie eine blühende Pflanze. Andersherum wird die beste Saat unter falschen Rahmenbedingungen nie oder nur sehr schlecht gedeihen. Das heißt, New Work wird nur gelingen, wenn sich deine Einstellung zur Arbeit und unternehmerische Rahmenbedingungen in Wechselwirkung ideal ergänzen. Lass uns also auf die Aspekte schauen, die Unternehmen aktiv forcieren können, damit New Work zum Leben erweckt wird.
Digital und ortsungebunden
New Work heißt, seiner Arbeit an jedem Ort nachgehen zu können. Ob im Home Office, aus dem Ausland oder ganz althergebracht im Büro. Die Corona Pandemie hat diese Entwicklung stark beschleunigt. Dank moderner Software- und Cloud-Anwendungen, Videokonferenzsystemen und digitalen Arbeitsumgebungen ist es nicht mehr erforderlich, dass alle zur gleichen Zeit da sind. In deutschen KMU wird bereits 27% der Arbeitszeit im Home Office verbracht. Extreme Varianten flexibler Arbeitsplatzkonzepte sind “remote first” Unternehmen, bei denen es der Normalfall ist, dass Mitarbeiter von unterwegs bzw. von zu Hause aus arbeiten. Damit sparen sich diese Unternehmen nicht einfach Bürokosten, sondern sichern sich im Kampf um die besten Talente eine höhere Flexibilität.
Flexible Arbeitszeitmodelle
Noch immer wird “Zeit” als adäquates Kriterium für Leistung und Arbeitsvermögen betrachtet. Dabei beschränken sich Arbeitszeitmodelle der meisten Unternehmen auf flexible Anfangs- und Endzeiten. Im Kern hängen wir dabei jedoch noch immer einem antiquierten “Old Work” Gedanken hinterher. Denn noch immer geht es um Voll- oder Teilzeit, eine 40 Stunden Woche und x Tage Urlaub pro Jahr. Der Gesetzgeber verschlimmbessert diese Tendenz mit der Anforderung der Erfassung von Arbeitszeit. Wir sind immer noch Sklaven der Uhr und tun so, als ob Leistung mit Zeit gemessen werden kann. Das ist vor allem für kreative Wissensarbeit ein Irrsinn. Wenig “New Work”, viel “Old Work”. Konzepte wie ROWE (“Results only work environment”) liefern dazu einen erfrischenden Gegenentwurf. Jeder arbeitet wann er will, wie viel er will und kann. Entscheidend ist, was dabei herauskommt. Was diesen Aspekt von New Work angeht, haben wir noch eine Menge Aufholbedarf.
Offen gestaltete Büros
New Work verändert auch deine Arbeitsumgebung. Büros sind auf Kommunikation und Zusammenarbeit ausgerichtet. Das heißt, offene Büros, Gemeinschaftsflächen, viel Glas und Transparenz, keine feste Sitzordnung mehr, statt Kollegen in kleinen Büros voneinander abzuteilen. Dabei erinnern manche Büros eher an Showrooms in einem Design Studio oder an große, bunte Wohlfühloasen für Mitarbeiter. So offensichtlich dieser New Work Aspekt ist, so kurzsichtig ist es auch, einem Unternehmen das New Work Attribut zu verleihen, weil ein paar bunte Sitzsäcke herumstehen. New Work geht deutlich über diese offensichtlichen Aspekte hinaus und trotzdem wird mit der Gestaltung von Büros eine wichtige Aussage getroffen: Hier verbringst Du bedeutsame Lebenszeit und hier darfst Du dich wohlfühlen, es herrscht das Prinzip der Transparenz, wir setzen auf viel Austausch und Dialog.
Neue Strukturen und agile Organisationsformen
New Work heißt auch, Strukturen, Organisationsformen und Rollen in Organisationen neu zu denken. Das beginnt beim Wunsch nach flachen Hierarchien, drückt sich in formloser Arbeitskleidung und Kampagnen wie #GernePerDu aus. Oder eben darin, dass sich unabhängig vom Status alle in loftartigen Großraumbüros auf Augenhöhe begegnen. Das ist jedoch nur der Anfang. Denn New Work bedeutet auch, sich die grundsätzliche Frage zu stellen, wie Zusammenarbeit in einem Unternehmen organisiert werden kann. So setzen Unternehmen zunehmend auf agile Projekt- und Organisationsmodelle, um besser und schneller mit sich verändernden Rahmenbedingungen umzugehen. Dabei verabschieden sich Unternehmen wie sipgate sogar ganz von der Vergabe von formalen Titeln.
Kommunikativ - Jeder mit jedem, von Angesicht zu Angesicht
Kommunikation stammt vom lateinischen Wort “communi” und bedeutet "gemeinsam machen". Das nimmt New Work sehr wörtlich, denn New Work heißt Kommunikation und Dialog zu kultivieren. Das Motto ist “jeder mit jedem”, statt stille Post entlang der Berichtslinie zu spielen oder in bilateralem Austausch übereinander statt miteinander zu sprechen. Das heißt jedoch nicht, einfach noch mehr unproduktive Meetings abzuhalten. Sondern das New Work Modell heißt, Meetings und Zusammenkünfte neu zu denken, um deiner Kommunikation einen strukturierten Rahmen zu geben:
- Ausreichend Zeit, um gemeinsames Verständnis zu fördern,
- Timeboxes, um Dinge nicht zu zerreden,
- Integrative Entscheidungsfindung (z.B. Konsent),
- Klare Agenda und Intentionen, unterstützt durch fest definierte Formate wie z.B. Lean Coffee, Premortem, Retrospektive.
Dabei setzt New Work auch konsequent auf neue Rollen wie agile Coaches oder Workshop-Facilitators, damit sich Teams voll auf ihren inhaltlichen Beitrag konzentrieren können.
Co-Creativ - Die Möglichkeit der Mitgestaltung
New Work bedeutet, dass Mitarbeiter die Möglichkeit haben, sich einzubringen und das Unternehmen aktiv mitzugestalten. Das heißt, dass Mitarbeiter neue Ideen einbringen und vor allem Zeit, Raum und auch die Verantwortung bekommen, ihre Ideen auch umzusetzen. Damit werden Mitarbeiter zu aktiven Gestaltern der Organisations- und Unternehmensentwicklung. Damit das nicht in einem vogelwilden Durcheinander endet und um der kreativen Energie auch einen Rahmen zu geben, gibt es ein paar einfache Regeln.
- Persönliche Einbeziehung des Kunden, statt Arbeiten im Labor.
- Kleine co-creative Teams, statt großer Projektteams.
- Echte Arbeitsergebnisse (Prototypen, MVPs), statt Powerpoints.
- Konkreter Fortschritt in kurzen zeitlichen Abständen (2-4 Wochen).
- Design Thinking, Lean Startup, User Stories, statt Business Cases und traditionelles Projektmanagement.
Mit dieser aktiven Mitgestaltung bedienst Du ganz nebenbei auch wichtige neurologische Grundbedürfnisse, was wiederum Kooperation und Lernbereitschaft fördert.
Gerald HütherMit New Work ist nicht gemeint, dass man am Kickertisch spielt, sondern dass man spielerisch neue Ideen ausprobieren kann.
Transparent - Transformation durch Transparenz
Per Definition bedeutet New Work, Transparenz zu fordern und zu fördern. Dabei sind offene Büroflächen, neue Kommunikationsformate und -rituale ein erster wichtiger Schritt. Aber auch darüber hinaus zieht sich Transparenz auf allen Ebenen durch dein Unternehmen. Das beginnt beim Teilen des digitalen Kalenders, geht über die allgemein zugängliche Dokumentation von Wissen, die gemeinsame Ablage von Informationen bis hin zu durchgängig integrierten ERP Lösungen mit denen Du Transparenz systematisch herbeiführst. Unternehmen wie Buffer sind sogar so transparent, dass sie die Gehälter all ihrer Mitarbeiter veröffentlichen. Auch wenn das in Deutschland aus formalen Gründen bedenklich wäre, zeigt das, wie weit Du Transparenz in einem New Work Verständnis verstehen kannst.
Changeability - Organisationen sind auf Veränderung programmiert
New Work bedeutet auch, Organisationen als lebende Organismen statt gut geölte Maschinen zu betrachten. Das heißt auch, dass Lernen und daraus resultierende Entwicklung ein integraler Bestandteil der Organisationsentwicklung sind, statt dass Veränderungen in Form von zeitlich terminierten Change Management Programmen in die Organisation zu tragen. Vielmehr ist Changeability, also die Fähigkeit, sich permanent von innen heraus zu entwickeln, ein unnachahmlicher Wettbewerbsvorteil. Diese Fähigkeit des lebenslangen Lernens wird in agilen Organisationen z.B. durch Meeting-Formate wie Retrospektiven systematisch operationalisiert. Organisationsformen wie die Holokratie gehen sogar soweit, genaue Protokolle zu definieren, wie Veränderungen auf Basis empirischer Erkenntnisse und Eindrücke der Mitarbeiter in die Organisation getragen werden. No drama, just change.
Sinnvoll - Unternehmen haben Werte und “Purpose”
Bodo JanssenWirtschaftlichkeit ist nicht der Sinn unseres Handelns, sondern die Basis unserer Existenz.
Mit diesem letzten New Work Aspekt schließt sich der Kreis wieder zu seiner ursprünglichen Idee. Denn wenn Du möchtest, dass Mitarbeiter in ihrer Arbeit Berufung finden, dann sollte dein Unternehmen auch einen Sinn haben. Dieser Purpose oder auch das gemeinsame Anliegen einer Organisation ist nicht einfach ein Marketing Slogan oder die Umformulierung einer langweiligen Vision. Sondern der Purpose ist ein Statement darüber, welche positive Veränderung das Unternehmen langfristig herbeiführen möchte.
- “Music for everyone.” - Spotify
- “Create a better everyday life for people.” - IKEA
- “Alten und kranken Menschen ein selbstständiges und sinnvolles Leben ermöglichen.” - Buurtzorg
Schließlich geht es Menschen in einem New Work Verständnis vor allem darum, ihre Energie und Leidenschaft sinnvoll einzubringen. Und je mehr Sinn ein Unternehmen hat, desto sinnvoller wird auch die eigene Arbeit.
Wie Du morgen mit New Work anfangen kannst
Viele der hier vorgestellten Aspekte sind eher mittelfristiger Natur. Jedoch kannst Du morgen bereits anfangen, über diese strukturellen Rahmenbedingungen hinaus New Work zum Leben zu erwecken.
- Kommunikation und Dialog: weniger ad hoc Meetings, dafür mehr gemeinsame und vielleicht sogar moderierte Workshops.
- Crossfunktional und co-kreativ denken und arbeiten. Mehr bereichs- und abteilungsübergreifende Vernetzung, auch über den eigenen Tellerrand hinaus.
- Mitarbeiter in wichtige Entscheidungen einbeziehen. Oder zumindest Hintergründe und Auswirkungen wichtiger Entscheidungen darlegen. Siehe dazu auch unseren Beitrag zur Entscheidungsfindung.
- Digitale Arbeitsplätze und flexible Home-Office Regelungen.
- Über Outcomes statt über Arbeitszeit und Aktivitäten sprechen.
- Mitarbeitern die Möglichkeit der Mitgestaltung geben, in dem Du z.B. jedem die Möglichkeit, Zeit und Raum gibst, Vorhaben einzubringen und umzusetzen.
- Immer wieder über Sinn und Werte in deinem Unternehmen sprechen und diese Ergebnisse auch dokumentieren.
Der letzte und offensichtliche New Work Aspekt, mit dem Du garantiert morgen anfangen kannst, ist, dich selbst zu fragen, wofür Du denn eigentlich zur Arbeit gehst.
Fazit - New Work beginnt auch und vor allem bei Dir
New Work ist mehr als bunte Sitzsäcke und Kickertische. New Work ist ein Paradigmenwechsel, der das Denken über Organisation, Führung und Zusammenarbeit grundlegend verändert. Jedoch sind wir in vielen Bereichen des Arbeitslebens noch immer dem “Old Work” Gedanken verfallen. Das merkst Du bereits an der Sprache und Worten wie “Abteilungen” oder “Schnittstellen” oder auch an Artefakten wie der Arbeitszeit. Und gleichzeitig ist New Work auch ein Modell der Einfachheit und Klarheit. Denn im Kern geht es bei New Work um dein Verhältnis zur Arbeit. Wenn das stimmig ist und Unternehmen sich dann noch bemühen, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, dann wird das Leben ganz sicher für Dich und deine Kollegen noch lebenswerter.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
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