B2B-Commerce – Die digitale Gretchenfrage für Hersteller
Business-to-Business (B2B) E-Commerce bezeichnet die digitale und elektronische Handelsbeziehung zwischen Unternehmen, meistens zwischen Hersteller und Distributor oder Hersteller und dem B2B Kunden direkt.
In diesem Beitrag breche ich eine Lanze für den B2B E-Commerce. Denn ich glaube, dass Unternehmen, die ihren B2B Commerce konsequent aufbauen und mutige strategische Entscheidungen treffen, ihren analogen Marktbegleiter schnell hinter sich lassen.
Definition - Was ist B2B E-Commerce?
B2B Commerce ist der digitale Handel zwischen Unternehmen, vom ersten Kontakt bis zur elektronischen Abwicklung des Bestell- und Auftragsprozesses. Dabei gibt es typischerweise zwei Ausprägungen und strategische Optionen des B2B-Commerce:
- Transaktional: B2B E-Commerce wird im Sinne einer digitalen Abwicklung des Auftrags- und Bestellprozesses definiert. Also eine sehr transaktionale Sicht. Dazu zählen EDI-Anbindungen und digitale Order Tools.
- Transformativ: B2B E-Commerce wird als digitale Gestaltung des gesamten Einkaufsprozesses definiert, von der Gewinnung des Kunden bis zur Abwicklung der Bestellung. Das ist eine sehr transformative Sicht, weil damit eine Transformation des Vertriebs- und Marketing-Modells eingeleitet wird.
Das ist beides nicht falsch, vielmehr mit jeweils anderen Potentialen und Aufwänden verbunden.
Transaktionaler B2B-Commerce: Digitales Ordering
B2B-Commerce im transaktionalen Verständnis umfasst alle Bemühungen, um Bestellungen automatisiert zu erfassen. Die direkten Vorteile resultieren aus Kosteneinsparungen gegenüber einer manuellen Abwicklung und können oft auch gut in einem Business Case quantifiziert werden. Insgesamt profitieren Unternehmen durch folgende Faktoren:
- Kosteneinsparungen
- Geschwindigkeit der Abwicklung
- Bestellungen 24/7
- Klarer Business Case
- Geringere Komplexität
Dabei ist gerade die geringere Komplexität bei der Implementierung ein nicht zu unterschätzender Faktor. Deswegen ist digitales Ordering auch ein guter Startpunkt, um este Erfahrungen im B2B-Commerce zu sammeln. Aber kurz gesprungen, um dein Unternehmen strategisch weiterzuentwickeln.
Transformationaler B2B-Commerce: Neues Kundenerlebnis
Transformationaler B2B-Commerce umfasst die gesamte Customer Journey des Kunden. Angefangen bei der ersten Ansprache des Kunden, der digitalen Einkaufsbegleitung bis zur Abwicklung der Bestellung. Dieses Verständnis des B2B E-Commerce geht weit über digitales Ordering hinaus und verspricht folgende Vorteile:
- Strategische Differenzierung
- Digitales Kundenerlebnis
- Höhere Margen
- Reichweite, Wachstum und neue Kunden
Mit dieser Sichtweise des B2B-Commerce bist Du auch dem klassischen E-Commerce deutlich näher. Das zieht jedoch auch ein paar wichtige strategische Entscheidungen und Fragestellungen nach sich, auf die ich weiter unten eingehe.
Strategie und Transformation zum B2B-Commerce
Der Aufbau von B2B-Commerce ist für Unternehmen eine wichtige strategische Frage bei der Gestaltung der digitalen Transformation. Dabei unterscheidet sich B2B-Commerce in mehrfacher Hinsicht vom digitalen Handel im Endkundengeschäft.
- Beratungsintensive und langwierige Einkaufsprozesse.
- Technische Hürden bei der Integration und Vernetzung von Systemen.
- Individuelle Preislinien und Kundenvereinbarungen.
- Prozessuale und organisatorische Umstellungen.
- Notwendige Transformation auch auf Kundenseite.
- Strategische Unsicherheit, wenn Kunden Distributionspartner überspringen und direkt beim Hersteller bestellen.
Den offensichtlichen Vorteilen und den B2B Commerce KPIs wie geringere Kosten, Geschwindigkeit und Kundenzufriedenheit stehen vor allem Befürchtungen entgegen, dass die persönliche Kundenbeziehung verloren ginge oder auch die Angst, dass Distributionspartner verschnupft reagieren könnten. Deswegen ein paar Tipps, wie Du zu einer guten B2B-Commerce Strategie kommst.
Contra | Pro |
Verlust der persönlichen KundenbeziehungKomplexe Prozesse“Kunde” ist noch nicht soweit”Unklare Reaktion der Händler und Distributionspartner | KosteneinsparungenWeniger FehlerGeschwindigkeitHöhere MargenNeue KundenMehr Geschäft |
Business Case: Operative und strategische Vorteile bewerten
Ein klarer Business Case in Bezug auf operative Vorteile ist Pflicht, strategische Wachstumschancen die Kür. Deswegen sind Kosteneinsparungen das Fundament einer B2B-Commerce Strategie. Denn erstens kannst Du so Investitionen klarer rechnen. Und zweitens ist das digitale Ordering auch ein Baustein einer ganzheitlichen B2B-Commerce Strategie. Um die operativen Vorteile zu bewerten, kannst Du z.B. materielle und zeitliche Aufwände in den folgenden Bereichen auswerten.
- Bereitstellung von Verkaufsmaterialien
- Erstellung von Angeboten
- Erfassung von Bestellungen
- Erstellung von Liefer- und Versandbestätigungen
Das ist die Basis, auf der Du weitere strategische Werttreiber als “Cherry on the Cake” in deinen Business Case einfließen lässt:
- Besseres Kundenerlebnis
- Höherer Share of Wallet
- Mehr Kunden / Reichweite
- Höhere Margen
Dabei geht es nicht um die zweite Nachkommastelle und Scheingenauigkeiten. Sondern um ein prägnantes Verständnis, ein “proximate Objective” der finanziellen und strategischen Vorteile deines B2B-Commerce.
Kundenperspektive einnehmen: Was braucht der Kunde?
Viele B2B-Commerce Umsetzungen scheitern an einem fehlenden Verständnis der Kundenbedürfnisse. Deswegen ist es wichtig zu verstehen, welche Vorteile auch der Kunde aus einer digitalen Handelsbeziehung ziehen kann. Denn sonst ist es für den Kunden am einfachsten, seine Bestellung weiterhin einfach aufs Fax zu legen und seinen etablierten Routinen weiter zu folgen. Schließlich erfordert B2B-Commerce auch eine Transformation auf Kundenseite. Deswegen solltest Du im Rahmen deiner B2B-Commerce Strategie Antworten auf die folgenden Fragen finden:
- Warum bestellst der Kunde wie er heute bestellt?
- Wie ist der interne Ablauf des Kunden bei einer Bestellung?
- In welchen Systemen verwaltet der Kunde Bestände und Aufträge ?
- Welche Vorteile kann der Kunde von einer digitalen Bestellung haben?
- Wie entscheidet sich der Kunde für einen Anbieter?
- Bei wie vielen Partnern / Parteien bestellt der Kunde sonst noch?
- Wie würde der Kunde sich deinen idealen digitalen Auftrags- und Bestellprozess wünschen?
Gerade wenn Kunden bei mehreren Anbietern kaufen und mehrere Personen in den Bestellprozess involviert sind, dann wollen Kunden ungern x- Logins für zig verschiedene Systeme speichern. Das ist mitunter ein Paradoxon, auf das Du im Rahmen der B2B-Commerce Strategie eine gute Antwort brauchst.
Netzwerk statt Pipeline: Distributionspartner integrieren
Die nächste wichtige Frage für deine B2B-Commerce Strategie ist, wie Du Distributionspartner erfolgreich in dein digitales Geschäftsmodell integrierst. Das Wichtigste dabei ist, dass Du dir den wesentlichen Unterschied zwischen analoger und einer vernetzten digitalen Distribution klar machst.

Analoge Distribution folgt einer Pipeline, der Distributionspartner steht zwischen dir und dem Kunden. Dieses Denken führt oft zu einer künstlichen Beschneidung des B2B-Commerce. Dann wird zwar digitaler Handel aufgebaut, gedacht wird aber immer noch in einer “Pipeline”. Das sieht dann regelmäßig z.B. so aus, dass Produkte digital präsentiert werden, Du als Besucher aber den “Kaufen” Button schmerzlich vermisst. Dazu ein paar Überlegungen und Hypothesen:
- Pipelines und analoge Distributionsketten werden die digitale Transformation nicht überstehen.
- Auch Distributionspartner profitieren von digitalem Handel. Es ist deine Aufgabe eine B2B-Commerce Strategie zu finden, die auch den Händler unterstützt.
In meinem Verständnis ist ein ganzheitlicher B2B-Commerce, der auch Handelspartner integriert, alternativlos. Für die Einbindung der Distributoren braucht es, wie auf Kundenseite, ein gutes Verständnis der Bedürfnisse und Herausforderungen. Hier ein paar Anregungen, wie Du auch partner-freundlichen B2B-Commerce aufbaust:
- Kunden werden einem Partner zugeordnet, der Partner erhält auch bei Direktgeschäft eine (geringere) Provision.
- Partner erhalten einen eigenen B2B-Commerce Mandanten. Du bist Plattformbetreiber der B2B-Commerce und kannst so vielleicht auch dein eigenes Geschäftsmodell strategisch erweitern.
- Du unterstützt Partner durch digitale Plattform und Kompetenzen, um Service- und Supportanfragen besser abzuwickeln.
Bei der Einbindung von Partnern darfst Du co-kreativ mit dem Partner gute Lösungen entwickeln, ohne dabei in die Falle zu tappen, weiter in analogen, linearen Wertschöpfungen zu denken und den B2B-Commerce künstlich zu beschneiden.
Individuelle Preislinien und Vereinbarungen: Entscheidungen treffen
Kundenbeziehungen und -vereinbarungen sind über Jahre gereift und führen regelmäßig auch zu individuellen Vereinbarungen. Digitalisierung heißt jedoch, in Standards und Systemen zu denken, zumindest wenn Du Komplexität nicht durch unverhältnismäßig hohe Investitionen, hohe “Cost of Ownership” und schlechte Wartbarkeit bezahlen willst. Deswegen solltest Du im Rahmen deiner B2B-Commerce Strategie folgende Fragen genau überlegen.
- Welche Individualisierungen musst Du unbedingt beibehalten?
- Welche individuellen Vereinbarungen musst Du streichen, weil ihre technische Implementierung zu teuer ist?
- An welchen Stellen kannst Du mit einer kreativen Lösung neue Wege einschlagen für ein exzellentes Kundenerlebnis?
Um diese Fragen zu beantworten, starte ich in Workshops auf der grünen Wiese. Das heißt, wir ignorieren bewusst den Status Quo und beantworten die Frage unabhängig von gewachsenen Regeln und Systemen. Glücklicherweise bieten technische Systeme und moderne digitale Technologien ausreichend Gestaltungsspielraum, um kreative Lösungen zu finden. Für eine Bewertung brauchst Du jedoch regelmäßig digitale Kompetenz und damit kommen wir auch zum letzten Punkt deiner B2B-Commerce Strategie.
Digitale Kompetenz im Unternehmen aufbauen
Erfolgreicher B2B-Commerce verlangt den Aufbau interner Digital-Kompetenzen, denn nur mit externen Partnern kannst Du digital nicht erfolgreich sein. Das heißt, Du baust ein eigenes Digital-Team auf, besetzt neue Führungsrollen oder bestellst einen digitalen Beirat. So etablierst Du digitale Führungskompetenz, damit sich deine B2B-Commerce auch langfristig auszahlt. Mit dieser neuen Kompetenz beantwortest Du alle wichtigen Fragen:
- Wie sieht unsere B2B Commerce Strategie aus?
- Mit welchen externen Partnern gehen wir in eine Umsetzung?
- Welche internen digitalen Kompetenzen brauchen wir?
- Auf welche B2B-Commerce Plattformen setzen wir?
- Wie verzahnen wir B2B-Commerce erfolgreich mit unserem Vertrieb und Marketing?
Für gute Antworten auf diese Fragen machst Du am besten Workshops mit allen wichtigen Stakeholdern. Denn B2B-Commerce ist keine technische, sondern eine strategische Entscheidung im Rahmend er digitalen Transformation.
Fazit - B2B-Commerce ist alternativlos
Analoge Distributionsketten und Pipeline Vertriebsmodelle werden die digitale Transformation nicht überstehen. Früher oder später wird jemand kommen, der auch die Distribution in deinem Markt konsequent digital denkt, entweder ein Marktbegleiter oder ein digitaler Marktplatz. Deswegen ist B2B-Commerce für Hersteller alternativlos. Auch wenn es mitunter schwierige und komplexe Entscheidungen erfordert. Aber wenn es einfach wäre, würde es ja jeder machen. Und genau darin liegt deine Chance. Nimm dir also deine wichtigsten Stakeholder, setzt eine Workshop-Reihe auf und kommt zu guten Entscheidungen für euren B2B-Commerce.
Viel Erfolg dabei.


Andreas Diehl
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