Vertikale und horizontale Kommunikation: Von Basic, Move und High Talk
Vertikale und horizontale Kommunikation bezeichnen zwei unterschiedliche Sprachsysteme, die dir alltäglich und beruflich vor allem in Meetings begegnen.
- In der vertikalen Kommunikation geht es um Rang und Revier. Hier müssen erst Zuständigkeit geklärt sein, bevor es inhaltlich werden kann.
- In der horizontalen Kommunikation stehen Inhalte und Zugehörigkeit im Vordergrund. Hier findet “Dialog auf Augenhöhe” statt.
Diese Differenzierung und die daraus resultierenden Strategien des High Talk, Basic Talk und Move Talk gehen auf den Autor und Berater Dr. Peter Modler zurück. Du kannst diese in seinen Büchern "Mit Ignoranten sprechen" und "Wenn Höflichkeit reinhaut" nachlesen oder einfach mal in unseren Podcast reinhören. Die grundlegende Aussage: Du bewegst dich bevorzugt in einem Sprachsystem. Wenn Du deinen Gegenüber erreichen willst, musst Du dich in dessen Sprachsystem bewegen. Deswegen zeige ich dir in diesem Beitrag, wie Du vertikale und horizontale Kommunikation erkennst, um angemessen mit High Talk, Basic Talk und Move Talk zu reagieren.
TLTR - Vertikale und horizontale Kommunikation in a nutshell
- Vertikale und horizontale Kommunikation bezeichnen zwei unterschiedliche Sprachsysteme. Gelingende Kommunikation setzt voraus, dass Du dich im gleichen System bewegst wie dein Gesprächspartner.
- Horizontal werden Inhalte, Argumente und Zeichen der Gleichheit ausgetauscht, dagegen dreht sich vertikal alles um Rang und Revier, hier werden zunächst Zuständigkeiten geklärt, bevor es inhaltlich werden kann.
- High Talk ist die Strategie der horizontalen Kommunikation, es werden fachlich gut begründete Argumente ausgetauscht.
- Basic Talk ist die erste Eskalationsstufe vertikaler Kommunikation: kurze, banale, wenig originelle Behauptungen und Unterbrechungen, oft wiederholt.
- Move Talk als zweite Eskalationsstufe vertikaler Kommunikation nutzt Gesten und Bewegungen, um Dominanz und Revierverhalten nonverbal auszudrücken.
- Vertreter der horizontalen Kommunikation sind den Strategien der vertikalen Vertreter oft gnadenlos unterlegen, deswegen ist die Kenntnis um vertikale und horizontale Kommunikation für Menschen in Führungsrollen essentiell.
Herkunft horizontale und vertikale Kommunikation
Das Konzept der vertikalen und horizontalen Kommunikation geht auf den Autor und Berater Dr. Peter Modler zurück, der dabei auf Deborah Tannen verweist. Die Soziolinguistin hat vor allem geschlechtsspezifische Unterschiede in der Kommunikation untersucht, nutzt jedoch nicht ausdrücklich die Begriffe der vertikalen und horizontalen Kommunikation. In ihrem Buch “Gender and Discourse” verwendet sie die folgende Darstellung, aus der sich die vertikale und horizontale Kommunikation ableiten lässt.
Auch wenn Deborah Tannen sich mit geschlechtsspezifischer Kommunikation beschäftigt, muss das nicht heißen, dass Du vertikale und horizontale Kommunikation eindeutig einem Geschlecht zuordnen kannst. Die Strategien und Formulierung des High, Basic und Move Talks gehen ebenfalls auf Dr. Peter Modler zurück.
Vertikale Kommunikation
In der vertikalen Kommunikation geht es um Reviere und Hierarchie. Das heißt, die Vertreter dieses Sprachsystems wollen erst Rang und Zuständigkeiten klären, bevor sie auf einer inhaltlichen Ebene kommunizieren. Das Ziel vertikaler Kommunikation ist, Einflussbereiche zu sichern und den Rang innerhalb einer Hierarchie festzustellen. Sachfragen sind im vertikalen System so lange zweitrangig, bis nicht die Ordnung in der Hierarchie geklärt ist.
Das Bedürfnis nach Rangklärung
Es ist ein Missverständnis anzunehmen, dass es in der vertikalen Kommunikation darum geht, seinen Gesprächspartner zu übertrumpfen und zwingend einen höheren Rang einzunehmen. Vielmehr geht es Vertretern der vertikalen Kommunikation primär um die Klärung der Rangordnung. Das heißt, sie haben das dringende Bedürfnis, Klarheit darüber zu haben, wer aktuell in Führung ist und wo sie sich selbst in der Rangordnung wiederfinden. Dabei ist es auch völlig OK für einen Vertreter der vertikalen Kommunikation am Ende der Rangordnung zu stehen, Hauptsache es herrscht Klarheit über diese existentielle Frage. Umgekehrt gilt: Solange Rang und Revier nicht ausdrücklich geklärt sind, ist jede Form der horizontalen Kommunikation unangebracht und wenig zielführend. Aus neurobiologischer Sicht könnte man sagen, dass für einen Vertreter vertikaler Kommunikation erst mit der Rangklärung das Gefühl von Sicherheit und damit die Voraussetzung für Kooperation entsteht.
Vertikale Kommunikation | Horizontale Kommunikation | |
Zweck | Klärung von Rang und Revier | Fachlicher Austausch, gut begründete Argumente |
Attribute | Einfach | Intellektuell, akademisch |
Strategien | Basic Talk Move Talk | High Talk |
Horizontale Kommunikation
In der horizontalen Kommunikation stehen Inhalte und Zugehörigkeit im Vordergrund. Vertreter dieses Sprachsystems diskutieren fachbezogene Fragen auf Augenhöhe, um im Idealfall einen gemeinsamen Standpunkt zu finden. Dazu werden fachliche Argumente “auf Augenhöhe” ausgetauscht, hier findet Dialog im eigentlichen Sinn statt. Sachliche Argumente sind im horizontalen System wichtiger als die Klärung rangbezogener Fragen.
Es lebe der Dialog auf Augenhöhe
Vertreter der horizontalen Kommunikation deuten das Bedürfnis nach Rangklärung oft als Imponiergehabe, Störung oder Unverschämtheit. Schließlich geht es in der horizontalen Kommunikation ausschließlich um gute Argumente, Botschaften der Zugehörigkeit und darum, einen gemeinsamen Standpunkt zu entwickeln. Dabei ist horizontale Kommunikation typischerweise auch das, was in Ausbildung, Studium und in vielen Seminaren gelehrt wird. Allerdings ist es nur ein Aspekt von Kommunikation. Und horizontal kommunizierende Menschen sind Vertretern des vertikalen Systems oft gnadenlos unterlegen.
Beispiel Meetings - Führungslos ins Verderben
Meetings sind ein hervorragendes Beispiel für vertikale und horizontale Kommunikation. Denn viele Meetings sind nicht nur schlecht vorbereitet, sondern lassen auch einen Meetingleiter und -owner vermissen. Also jemand, der sich für die erfolgreiche Gestaltung des Meetings in Führung sieht. Für Vertreter der vertikalen Kommunikation ein Albtraum. Denn sie fallen solange mit vermeintlichen Störungen auf, bis für sie eine Rangfolge erkennbar ist. Das heißt nicht, dass sie ignorant oder unverschämt sind. Sie haben nur ein unerfülltes Bedürfnis der Rangklärung.
Trump vs Clinton - Die Ohnmacht der horizontalen Kommunikation
Peter Modler demonstriert in seinem Buch eindrucksvoll die Wirkung der horizontalen und vertikalen Kommunikation am Beispiel des US-Wahlkampfs. Dabei ist Donald Trump ein prototypischer Vertreter vertikaler Kommunikation, der diese Strategien wirklich exzellent beherrscht. Dagegen ist Hillary Clinton mit einer hervorragenden Ausbildung in Yale ein Paradebeispiel horizontaler Kommunikation. Jedoch ist sie bei all ihrer fachlichen Dominanz den Strategien und dem Gehabe von Donald Trump völlig unterlegen. Aus diesen Beobachtungen lassen sich folgende grundlegende Aussagen ableiten.
- Horizontale Kommunikation prallt an vertikalen Vertretern solange ab, bis Rang und Revier geklärt sind.
- Vertikale Kommunikation braucht vertikale Antworten. Das heißt, mit horizontalen Antworten redest Du dich “um Kopf und Kragen”. Etwas überspitzt formuliert bist Du dann der stets bemühte Streber, der keine Chance gegen die Strategien des Klassenclowns hat.
- Die Fähigkeit, zwischen beiden Systemen zu wechseln, ist für eine gelingende und erfolgreiche Kommunikation elementar, das gilt vor allem für Menschen in Führungs- und Moderationsrollen.
Dabei ist entscheidend, dass Du die Signale des jeweiligen Systems überhaupt erstmal erkennst, um dann angemessen darauf reagieren zu können.
Anzeichen und Strategien vertikaler und horizontaler Kommunikation
Aber was genau sind nun die Strategien der Donald Trumps und Vertreter vertikaler Kommunikation? Der Autor und Coach Peter Modler hat drei grundlegende Strategien formuliert.
- High Talk: Die dominierende Strategie der Menschen im horizontalen System. Fachlich und inhaltlich gute begründete Standpunkte.
- Basic Talk: Die erste Eskalationsstufe der Vertreter des vertikalen Systems. Kurze, einfache Sätze, langsam ausgesprochen.
- Move Talk: Die nächste Eskalationsstufe im vertikalen System ist eine nonverbale Sprache durch Mimik, Gestik und Bewegungen im Raum.
High Talk - Es lebe der Intellekt
High Talk ist die dominierende (und einzige) Strategie horizontaler Kommunikation. Hier geht es ausschließlich um den Austausch guter Argumente, fachlich begründeter Standpunkte und den Austausch von Anzeichen der Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Dabei sind kennzeichnende Merkmale des High Talks:
- Lange Sätze
- Zahlen, Daten, Fakten
- Hohes Sprechtempo
- Vorstellung mit Namen, erst im Anschluss ggf. Rang / Position
- Eingehen auf Argumente anderer Gesprächspartner
Ziele des High Talks und der horizontalen Kommunikation sind ein fachlicher Austausch, um einen gemeinsamen Standpunkt zu erarbeiten und das Erleben von Gemeinschaft.
Basic Talk - Kurz, knapp und plump
Basic Talk ist die erste Eskalationsstufe der Vertreter vertikaler Kommunikation. Damit verleihen sie ihrem Bedürfnis Ausdruck zunächst Rang und Revier zu klären, bevor ein inhaltlich zielführender “high talk” überhaupt stattfinden kann. Dabei sind typische Merkmale des Basic Talk:
- Kurze Sätze (3-5 Wörter)
- Pausen, langsames Sprechtempo
- Wenig originell, viele Wiederholungen
- Vorstellung mit Position an erster Stelle, Namen zweitrangig
- Zusammenhangslos, kein inhaltlicher Punkt
- Beispiele:
- "Kann nicht sein."
- "Das funktioniert nicht."
- "Frei erfunden."
Basic Talk sind nicht der Sache dienliche Banalitäten, die ungefragt und plump einfach in den Raum geworfen und wiederholt werden. Das heißt, während deines Vortrags oder deiner Präsentation sagt und behauptet ein Teilnehmer einfach “Das funktioniert nicht.” Genau deswegen empfinden Vertreter der horizontalen Kommunikation Basic Talk als Zumutung oder Störung.
Basic Talk erwidern
Basic Talk solltest Du unbedingt mit Basic Talk oder Move Talk beantworten, keinesfalls mit High Talk. Dabei kannst Du genauso wenig originell, einfach das Gesagte negieren. Beispiele:
- “Kann nicht sein” - “Kann doch sein”
- “Das funktioniert nicht” - “Funktioniert sehr wohl”
- “Frei erfunden” - “Empirisch geprüft”
Alternativ nimmst Du die Störung zum Anlass einfach den Rang explizit zu klären. “Sie sind der Abteilungsleiter. Ich der Moderator. Wir machen jetzt weiter.” Wichtig ist nur, auf diese Störungen einzugehen, statt sie einfach zu ignorieren. Denn so lange die Frage nach Rangklärung unbeantwortet bleibt, werden Vertreter der vertikalen Kommunikation einfach immer weiter stören.
Move Talk - Erhaben wie ein Silberrücken
Die letzte Eskalationsstufe der Vertreter vertikaler Kommunikation ist der Move Talk. Dabei kommunizieren Vertreter vertikaler Kommunikation über Gesten, Bewegungen und Inszenierungen im Raum. Ziel des Move Talk ist, Revier- und Dominanzverhalten räumlich auszudrücken. Dabei sind typische Merkmale des Move Talk:
- Langsame Bewegungen
- Revier markieren, z.B. Ausbreiten von Unterlagen
- Direkter Augenkontakt
- Grimassen, abfällige Gesten
- Einnehmen des Raumes (ggf auch verbal)
- Distanzierter, neutraler Blick
- Inszenierungen im Raum, z.B. eine Treppenstufe höher stehen
- Andere zur Begrüßung auf sich zukommen lassen
- Subtile Gesten wie z.B. die Hand des Gegenüber bei der Begrüßung mit der freien Hand umschließen und tätscheln
Die richtigen Antworten - Auge um Auge, Zahn um Zahn
Du solltest deine Strategie immer dem Sprachsystem und den Strategien deines Gegenüber anpassen. Dabei bewegst Du dich mindestens auf der gleichen Ebene:
- ✅High Talk -> High Talk
- ✅Basic Talk -> Basic Talk + Move Talk
- ✅Move Talk -> Move Talk + Basic Talk
- 🚫 Basic Talk -> High Talk
- 🚫 Move Talk -> High Talk
Unter keinen Umständen beantwortest Du Basic Talk oder Move Talk mit High Talk. Denn dabei redest Du dich um Kopf und Kragen und machst es in den Augen eines vertikalen Vertreters nur schlimmer. Da kannst Du direkt auch deine Sachen packen. Wenn Du wirklich an einem Austausch interessiert bist, bewegst Du dich auf die gleiche Eskalationsstufe, klärst Rang und Revier, um dich dann im Anschluss den fachlichen Fragen zu widmen.
Falschen Move Talk vermeiden
Aufgrund ihrer Kompetenz des “Move Talks” sind Vertreter der vertikalen Kommunikation auch insgesamt sehr empfänglich für Bewegungen und Gesten. So nehmen sie Bewegungen und Move Talk ihrer Gegenüber potentiell als Zeichen von fehlendem Rang wahr:
- Schnelle Bewegungen
- Freundliches Lächeln
- “Unsichtbar” sein wollen
- Fehlender Augenkontakt
Basic Talk erwidern
Basic Talk solltest Du unbedingt mit Basic Talk oder Move Talk beantworten, keinesfalls mit High Talk. Dabei kannst Du genauso wenig originell, einfach das Gesagte negieren. Beispiele:
- “Kann nicht sein” - “Kann doch sein”
- “Das funktioniert nicht” - “Funktioniert sehr wohl”
- “Frei erfunden” - “Empirisch geprüft”
Alternativ nimmst Du die Störung zum Anlass einfach den Rang explizit zu klären. “Sie sind der Abteilungsleiter. Ich der Moderator. Wir machen jetzt weiter.” Wichtig ist nur, auf diese Störungen einzugehen, statt sie einfach zu ignorieren. Denn so lange die Frage nach Rangklärung unbeantwortet bleibt, werden Vertreter der vertikalen Kommunikation einfach immer weiter stören.
Fazit - Fühlt sich an wie in der Steinzeit, ist aber Gold wert
Für mich ist die Differenzierung vertikaler und horizontaler Kommunikation sehr wertvoll. Denn ich bin glasklar im “horizontalen System” sozialisiert und war bisher “blind” für die Anliegen der vertikalen Kommunikation. Aber gerade dieses Wissen ist Gold wert. Erstens, um dich nicht von Move und Base Talk aus der Ruhe bringen zu lassen und zweitens auch angemessen zu reagieren. Damit es nach Klärung dieser Fragen hoffentlich ausschließlich um fachlich gute Argumente und die Entwicklung eines gemeinsamen Standpunkts geht. Großen Dank dafür an Peter Modler, über dessen Bücher ich die vertikale und horizontale Kommunikation kennengelernt habe, der mit seinen Strategien und nicht zuletzt in unserem Podcast meine Sicht und Perspektive auf Kommunikation nachhaltig verändert hat.
Viel Spaß damit,
Andreas Diehl
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