Was ist ein System?
Ein System (gr. sýstēma) ist ein aus mehreren Einzelteilen bestehendes Ganzes, das durch das Zusammenwirken seiner Bestandteile ein Ergebnis produziert. Die Definition eines Systems ist wesentlich für die erfolgreiche Anwendung systemischen Denkens. Deswegen findest Du in diesem Artikel eine Definition sowie allgemeine und unternehmensspezifische Beispiele für Systeme.
Definition System
Ein System (gr. sýstēma) ist ein aus mehreren Einzelteilen bestehendes Ganzes, das durch das Zusammenwirken seiner Bestandteile ein Ergebnis produziert. Der Wald als Ganzes besteht aus vielen Einzelteilen, z.B. den Bäumen. So kannst Du jedes System durch das Zusammenspiel dieser drei wesentlichen Merkmale definieren.
- Ergebnisse - Jedes System produziert erkennbare Resultate (“emergent property”). Dazu zählen der eigentliche Zweck des Systems genauso wie unvorhergesehene und ungewollte Resultate.
- Elemente - Jedes System besteht aus einzelnen Elementen. Dabei ist jedes Element für die Funktionsweise und den Erfolg des Systems wichtig.
- Interaktionen - Die Elemente des Systems stehen in Beziehung und Verbindung (“Interconnections”) zueinander, um den Zweck des Systems zu erfüllen und Ergebnisse zu erzielen.
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Das heißt, ein System ist definiert durch miteinander interagierende Elemente zur Erreichung seines Zwecks. Nimmst Du eine dieser Säulen aus der Gleichung, hast Du kein System mehr.
A system is an interconnected set of elements that is coherently organized in a way that achieves something.Donella H. Meadows
Lose Sammlung vs System
Die Definition eines Systems kannst Du direkt in der Unterscheidung zwischen einer Ansammlung und einem System anwenden.
- Wenn sich eine Gruppe von Leuten zusammenfindet und ein wenig plaudert, dann ist das eine Ansammlung von Personen bzw. Elementen in der Systemdefinition, aber nicht zwingend ein System. Denn es gibt keine zielgerichteten oder zweckdienlichen Interaktionen.
- Ein Team ist ebenfalls eine Gruppe von Personen. Jedoch agiert ein Team nach einer Reihe von Regeln, verfolgt gemeinsame Ziele und bildet ein einheitliches Ganzes, um einen gemeinsamen Auftrag zu erfüllen. Das Team erfüllt also die Definition eines Systems.
Ein schönes Zitat für die Definition eines Systems findest Du bei Aristoteles: “Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile”. Ein Sack Legosteine als Ganzes besteht aus vielen Einzelteilen. Also kein System, weil es keine Interaktionen und Verbindungen zwischen den Einzelteilen gibt. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein Sack Legosteine.
Beispiele für Systeme
Viele Systeme tragen das “System” bereits im Namen, z.B. das Sonnensystem, Nahverkehrssystem, Heizungssystem, natürliches Ökosystem oder z.B. auch ein Wirtschaftssystem. Prinzipiell kannst Du folgende Systemarten unterscheiden.
- Technische Systeme: Autos, Flugzeuge, Kaffeemaschinen
- Soziale Systeme: Städte, Familien, Vereine
- Wirtschaftssysteme: Märkte, Branchen, Geschäftsmodelle, Unternehmen
- Natürliche Ökosysteme: Sonnensystem, Regenwald, Wüsten, Ozeane
Dabei ist schlussendlich alles ein System, was der oben definierten Definition eines Systemes folgt.
Beispiel System Nahverkehr
Lass uns die Definition eines Systems am Beispiel des Systems Nahverkehr näher betrachten.
- Zweck
Der eigentliche Sinn und Zweck ist es, Menschen sicher und zuverlässig zu transportieren. Weitere gewollte “emergent properties” können z.B. die Zufriedenheit der Fahrgäste, Anwohner und der Mitarbeiter sein.
- Elemente
Damit der Nahverkehr funktioniert, braucht es eine Reihe von Elementen und Zutaten.
- Züge, Busse
- Bus / Zugführer
- Infrastruktur: Straßen / Gleisen
- Fahrgäste
- Apps, Webseiten
- Haltestellen
- Leitstellen
- Verwaltung
- Betriebswerke
- Interaktionen
Damit Züge und Busse fahren und das System nun auch seinen Zweck erfüllen kann, müssen die Elemente miteinander interagieren und in einer sinnvollen und zweckdienlichen Verbindung stehen.
- Fahrgäste nutzen die App
- Fahrgäste fahren in Bahnen / Bussen
- Busse / Bahnen fahren und nutzen die Infrastruktur
- Fahrer führen die Fahrzeuge
- Die Leitstelle koordiniert Fahrzeuge
- Im Betriebswerk werden Wartungen und Reparaturen durchgeführt
- Ungewollte Ergebnisse
Über den eigentlichen Zweck hinaus kann das System aber auch eine Reihe von ungewollten Ergebnissen produzieren, also weitere “emergent properties”.
- Verspätungen
- Lärmbelästigung
- Ausfälle von Zügen / Bahnen
- Überfüllte Bahnen
- Unfälle
Um diese Probleme zu analysieren und Lösungen zu entwickeln, wendest Du System Thinking und Design Thinking an.
Einfache, komplizierte und komplexe Systeme
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmale von Systemen ist eine Klassifizierung in einfache, komplizierte und komplexe Systeme:
- Einfache Systeme - Die Funktionsweise einfacher Systeme lassen sich bereits durch Beobachtung erklären. Ein Beispiel eines einfachen Systems ist z.B. eine Schaukel auf dem Spielplatz.
- Komplizierte Systeme - Komplizierte Systeme folgen klaren Ursachen-Wirkungsbeziehungen, können jedoch nicht mehr durch reine Betrachtung von außen erklärt oder analysiert werden. Beispiele für komplizierte Systeme sind technische Geräte aller Art, z.B. Autos, Flugzeuge oder Waschmaschinen.
- Komplexe Systeme - Komplexe Systeme verhalten sich nicht deterministisch oder vorhersagbar. Die genaue Funktionsweise komplexer Systeme entzieht sich einer eindeutigen Analyse. Du kannst nur Hypothesen bilden und Modelle für die Funktionsweise komplexer Systeme formulieren. Beispiele für komplexe Systeme sind Ökosysteme, Gesellschaften, Familien oder Unternehmen.
Über komplexe Systeme hinaus gibt es dann nur noch chaotische und gestörte Systeme.
Die Besonderheiten komplexer Systeme
Im Unterschied zu einfachen oder komplizierten Systeme zeichnen sich komplexe Systeme durch mehrere Faktoren aus:
- viele Variablen und Einflussgrößen,
- wechselseitige Ursache-Wirkungs Zusammenhänge, mit sich stabilisierenden oder eskalierenden Feedbackschleifen,
- Verzögerungen, d.h. Reaktionen treten erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf,
- Nichtlinearitäten, d.h. nicht jeder Input führt zu einem Output in gleichem Umfang.
Das macht das Arbeiten mit und an komplexen System herausfordernd und braucht eine gute Portion systemischen Denken und Handelns.
Systeme im Unternehmensalltag
Systeme verfolgen dich auch in deinem unternehmerischen Alltag auf Schritt und Tritt, ohne dass uns das vielleicht immer bewusst ist. Deswegen ist auch die Fähigkeit, Systeme zu erkennen und erklären zu können eine wichtige methodische Kompetenz.
Geschäftsmodelle sind Leistungssysteme
Ein Geschäftsmodell ist nichts weiter als das Leistungssystem eines Unternehmens. Der Zweck eines Geschäftsmodells ist es, Wert für den Kunden zu schaffen (Value Creation) und sicherzustellen, dass Unternehmen davon profitieren (Value Capturing). Das Geschäftsmodell besteht aus zahlreichen Elementen, z.B. unterteilt das Business Model Canvas ein Geschäftsmodell in neun Elemente. Diese Elemente stehen in einer direkten Interaktion und Wechselwirkung. Wenn ich z.B. mein Leistungsversprechen verändere, dann hat das Auswirkungen auf Kundensegmente, Umsatzerlöse, Kostenstrukturen etc. Das macht das Business Model Canvas auch zu einem guten Werkzeug im Rahmen von Strategieworkshops.
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Unternehmen als Systeme
Unternehmen sind ebenfalls Systeme. Der Zweck des Systems “Unternehmen” ergibt sich z.B. aus einem gemeinsamen Anliegen, einer Vision, Strategie oder unternehmerischen Zielen. Dazu setzt jede Organisation auf eine Reihe von Elementen, z.B. Mitarbeiter, Rollen, Bereiche, Management-Systeme, technische Lösungen, Prozesse, sicht- und unsichtbare Motivatoren bzw. Anreizsysteme. Die Interaktionen spiegeln sich wieder durch Entscheidungs- und Informationsprozesse, den täglichen Umgang, Strafe und Belohnung und alles, was wir unter “Kultur” subsumieren.
Sind Unternehmen soziale Systeme?
Ich bin bei dieser Frage etwas zwiegespalten und würde mit "jein" Antworten. Ja, weil Menschen Entscheidungen treffen. Nein, weil Digitalisierung mittlerweile so weit fortgeschritten ist, dass Unternehmen ohne digitale Systeme kaum noch wettbewerbsfähig sind. Deswegen könnte ich mich gut damit anfreunden, Unternehmen als hybride Systeme zu definieren, genauso wie es auch hybride Geschäftsmodelle gibt. Hauptsache wir sind uns einig darüber, dass Unternehmen in jedem Fall komplexe Systeme sind.
Märkte / Branchen
Märkte, Branchen oder auch Industrien können mit der obigen Definition wie folgt als ein System beschrieben werden.
- Zweck
Das Ziel und Zweck eines Marktes ist freier und fairer Wettbewerb für die Erfüllung von Kundenbedürfnissen.
- Elemente
- Kunden
- Dein Unternehmen
- Wettbewerber
- Lieferanten, Partner
- Aufsichtsbehörden
- Politik
- Interaktionen
- Bereitstellung von Leistungen
- Maßnahmen zur Kundengewinnung
- Preiskampf / Konkurrenz
- Strategie eines Unternehmens
- Zoll / Einfuhrbeschränkungen
- Etc.
- Ungewollte Ergebnisse
Weitere “emergent properties” von Märkten sind z.B. ruinöser Preiskampf, Insolvenzen, “sustaining innovations” oder auch ein “Market for Lemmons”.
Beispiel Systemversagen: Der “Market for Lemons”
Der "Market for Lemons" ist ein ökonomisches Konzept und gutes Beispiel für Systemversagen. In einem solchen Markt produziert das System nämlich den eigenen Zusammenbruch.
- Auf dem Markt werden sowohl hoch- als auch minderwertige Produkte, sogenannte “Lemons” angeboten.
- Der Markt ist durch asymmetrische Information geprägt, das heißt der Verkäufer kennt die Qualität seiner Produkte besser als der Käufer.
- Der Käufer kann die Qualität aber nicht beurteilen und zahlt deswegen nur Durchschnittspreise.
- Es werden vermehrt minderwertige Produkte angeboten, da hochwertige Produkte keinen angemessenen Preis erzielen.
- Qualitätsanbieter verlassen den Markt, bis nur noch Zitronenhändler übrig sind. Es entsteht ein “Market for Lemons”.
Der Prozess der negativen Auslese wird auch als “adverse Selektion” bezeichnet. Denn Kunden wählen und stärken genau jene Anbieter, die sie eigentlich gar nicht haben wollen, drängen die gewollten Anbieter aus dem Markt und tragen so im Extremfall zum Zusammenbruch des Marktes bei.
Fazit - Systeme sehen und erkennen als Voraussetzung für systemisches Denken
Ein System als solches zu erkennen ist die Grundvoraussetzung für systemisches Denken und Handeln. Sozusagen die erste Lektion im “System Thinking”. Mit der Definition eines Systems und Antwort auf die Frage, was ein System eigentlich ist, gelingt es dir nun hoffentlich noch besser Systeme als solche zu erkennen. Der nächste Schritt ist, dir mit “System Thinking” eine neue methodische Kompetenz anzueignen.
Viel Erfolg dabei.
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Andreas Diehl
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