OKR System – Eine Systemperspektive auf OKR
Die OKR Methode wird gerne auch als OKR System bzw. OKR als ein Management-System beschrieben. Für mich ist das deutlich mehr als nur eine andere Bezeichnung. Denn die konsequente Betrachtung als ein “System” offenbart sehr wertvolle Einsichten für die Arbeit mit OKR.
Deswegen findest Du in diesem Artikel eine Erklärung von OKR aus der Perspektive des systemischen Denkens. Diese Erklärung des OKR Systems eignet sich sowohl für Einsteiger, um sich mit den Grundlagen von OKR vertraut zu machen, als auch für Experten, die mit dieser Systemperspektive einen neuen Ansatz für die Erklärung der OKR Methode bekommen.
TLTR - OKR System in a nutshell
- Wirksame OKR-Arbeit ist die Folge des erfolgreichen Zusammenspiels von Elementen und Interaktionen in deinem OKR System.
- Fix the system not the people - Wenn OKR nicht funktioniert, dann betrachte das ganze System, statt lokale Lösungen zu suchen.
- A system can not manage itself - Du brauchst OKR Coaches, die dir helfen, das System ständig weiter zu optimieren.
- Weniger ist mehr - Die Kosten deines OKR Systems steigen (exponentiell) mit der Anzahl deiner OKR.
- OKR Systeme sind komplex, Du verbesserst das System durch ständige Überprüfung und Anpassung.
Was ist das OKR System?
Ganz allgemein ist ein System ein aus Einzelteilen bestehendes Ganzes, das durch das Zusammenwirken seiner Bestandteile ein gewünschtes Ergebnis produziert. Gemäß dieser Definition eines Systems kannst Du ein OKR System in folgende Bestandteile zerlegen.
- Zweck - Jedes System hat einen Zweck. Systemdenker nennen das auch eine “emergent property” also eine resultierende Eigenschaft. Für das OKR System kann ein gewünschter Zweck eine höhere Agilität, gemeinsamer Fokus oder das Erreichen wichtiger Ziele sein. Allerdings kann ein System und auch das OKR System unerwünschte Ergebnisse produzieren. Dazu weiter unten mehr.
- Elemente - Jedes System besteht aus Elementen oder Komponenten, die durch ihr Zusammenwirken die resultierenden Eigenschaften produzieren. In deinem OKR System sind z.B. die OKR selbst und die handelnden Personen wichtige Elemente.
- Interaktionen - In einem System interagieren Elemente miteinander und schaffen so gewünschte oder auch unerwünschte Ergebnisse. In deinem OKR System ist z.B. die Diskussion über die Formulierung eines OKR die einfachste Form der Interaktion. Eine sehr strukturierte Form der Interaktion sind OKR Events. Auch die Kaskadierung und das Alignment der OKR sind aus Perspektive des OKR Systems Interaktionen.
Damit ist dein OKR System vereinfacht gesagt ein Resultat des Zusammenspiels der jeweiligen Elemente wie z.B. Mitarbeiter und OKR. Auf diesem Weg werden dann gewünschte oder auch unerwünschte Ergebnisse erzielt. In den folgenden Abschnitten gehe ich näher auf die unterschiedlichen Bestandteile des OKR Systems ein.

Zweck des OKR Systems - Wofür brauchst Du OKR?
Zu den gewollten Eigenschaften des OKR Systems und den guten Gründen, OKR einzuführen, zählen z.B.:
- Erreichung strategischer Ziele
- Umsetzung wichtiger strategischer Initiativen
- Innovation, Transparenz und gemeinsames Lernen
- Förderung von organisatorischer Agilität
- Crossfunktionales Arbeiten über Bereichsgrenzen hinweg
- Engagement, stärkere Einbindung der Mitarbeiter
In einer Systemlogik sind diese gewünschten Ergebnisse die Folge des erfolgreichen Zusammenspiels von Elementen und Interaktionen in deinem OKR System. Das heißt, wenn Du diese Ziele mit OKR erreichen willst, dann managst und orchestrierst Du also Elemente und Interaktionen in deinem OKR System.
Ungewollte Eigenschaften des OKR Systems
Zur Wahrheit zählt jedoch auch, dass viele OKR Systeme auch ungewollte Eigenschaften produzieren. Dazu zählen z.B.:
- Aufwand - Ein schlecht designtes OKR System verursacht unnötigen Planungs- und Verwaltungsaufwand.
- Konflikte - Das OKR System steht in Konflikt mit anderen Management- und Zielsystemen (z.B. KPI, MBO), es entstehen Zielkonflikte.
- Belastung - Das Nichterreichen von unrealistischen und schlecht priorisierten Zielen ist demotivierend.
- Unwirtschaftlichkeit - Die Einführung von OKR verursacht Kosten z.B. für externe OKR Berater, die Ausbildung von OKR Coaches und Opportunitätskosten seitens der involvierten Mitarbeiter. In einem gut aufgesetzten OKR System ist das eine gute Investition, in einem schlecht geführten OKR System einfach nur Sunk Costs ohne wirtschaftlichen Nutzen.
Für einen Systemdenker sind diese ungewollten Ergebnisse der Startpunkt, um über geeignete Interventionen das OKR System in die gewünschte Richtung zu führen. Dazu weiter unten mehr.
Elemente deines OKR Systems
Jedes System und auch dein OKR System kannst Du in einzelne Elemente zerlegen. Dabei darfst Du das Vorhandensein einzelner Elemente jedoch nicht mit dem eigentlichen System verwechseln. Schließlich besteht ein Wald auch aus einzelnen Bäumen und ist gleichzeitig mehr als nur die Summe seiner Teile. In deinem OKR System sind die wichtigsten Elemente:
- OKR - Die ausformulierten Objectives und Key Results
- Mitarbeiter- Teams und mitwirkende Personen in unterschiedlichen Rollen, wie z.B. einem OKR Coach.
- Artefakte - wie z.B. OKR Software oder auch Confidence Level
Das wichtigste Element in deinem OKR System sind zweifelsohne die OKR an sich. Dabei wird leider oft so getan, als wären die umsonst. Dabei verursacht jeder OKR in deinem OKR System Grenzkosten. Ein kleiner Ausflug in die Netzwerkanalyse zeigt dir jedoch genau das Gegenteil, dazu weiter unten mehr.
Netzwerkeffekte - Die Anzahl deiner OKR als Aufwandstreiber
Aus Systemsicht ist dein OKR System ein Netzwerk von Zielen, in dem einzelne OKR miteinander in einer Verbindung stehen. Du kannst eine einfache Formel aus der (sozialen) Netzwerkanalyse heranziehen, um die Anzahl der Verbindungen als Näherungsgröße für die Kosten und den Aufwand deines OKR Systems zu berechnen.
y = x*(x-1)/2
Dabei gilt:
- x = Anzahl der OKR
- y = Anzahl der Verbindungen in deinem OKR System
Das heißt, pflegst Du 10 OKR, resultieren 45 Verbindungen, bei 50 OKR sind es bereits 1.225 Verbindungen. Jeder zusätzliche OKR kostet. Natürlich steht nicht jeder OKR mit jedem in Verbindung. Aber Menschen interagieren mit OKR. Und je mehr OKR Du in deinem OKR System hast, desto größer wird der Aufwand. Mit der Formel geht es mir nicht um eine exakte, wissenschaftliche Betrachtung. Sondern darum, dafür zu sensibilisieren, dass die Kosten deines OKR Systems mit der Anzahl der OKR steigen. Wie Du mit diesen Einsichten umgehst, dazu weiter unten mehr.
Interaktionen im OKR System
Der dritte Bestandteil deines OKR Systems sind Interaktionen, erst durch diese entstehen die resultierenden Eigenschaften. Ohne Interaktionen ist es kein System, sondern nur eine leblose Ansammlung von Elementen. Etwas platt gesagt: Menschen und handelnde Personen müssen gemeinsam mit und über die OKR sprechen und dabei sicherstellen, dass die OKR sich gegenseitig stützen und bedingen. Etwas formaler ausgedrückt, findest Du in deinem OKR System die folgenden Interaktionen:
- OKR Alignment - d.h. OKR sind miteinander synchronisiert und bedingen / stärken sich gegenseitig
- OKR Kaskadierung - Große (unternehmerische) Ziele und Prioritäten werden in kurzfristige Ziele für Teams zerlegt.
- OKR Events - OKR Events geben den gewünschten Interaktionen zwischen handelnden Personen einen strukturierten Rahmen. Es wird gemeinsam geplant, um OKR zu formulieren, Zwischenergebnisse werden in Check-ins reflektiert und zum Abschluss eines OKR Zyklus bewertet.
Das heißt, die Interaktionen sind das Schwungrad, damit die unterschiedlichen Elemente überhaupt stimmen und störungsfrei gemeinsam interagieren können, um dann hoffentlich das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Einsichten und Verbesserungen aus Systemperspektive - “Fix the system not the people”
Wenn Du OKR nun also wirklich konsequent als OKR System betrachtest, dann liegen wirksame Lösungen für Probleme in der Arbeit mit Key Results und für ein performantes OKR System immer auf einer systemischen Ebene. Wenn Du also beobachtest, dass dein OKR System nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt, dann betrachte immer das gesamte OKR System statt nur lokale Lösungen zu suchen. Hier sind die gängigen “Systemfehler” und meine Strategien für performante OKR Systeme.
Weniger Abteilungen, mehr Outcomes
Dass “OKR nicht Outcome genug formuliert sind” steht ganz oben auf der Liste mit Problemen vieler OKR Coaches. Das liegt jedoch selten daran, dass Teams nicht verstehen, was Outcomes sind. Sondern meistens ist dieser enge Fokus auf Outputs, die Folge einer sub-optimalen OKR Kaskadierung. Das passiert immer dann, wenn Du dein OKR System mit deiner Aufbauorganisation verwechselst. Und “Abteilungen” sind nunmal “abgteilt” und oft dazu verdammt eben nur Outputs zu generieren. Wenn Du also mehr Outcome orientierte OKR willst, dann solltest Du aus Perspektive deines OKR Systems eine alternative Kaskadierung wählen und z.B. crossfunktionale Teams an strategischen Initiativen arbeiten lassen.
OKR sind “on top” und werden nicht verfolgt
Viele OKR Systeme und OKR Coaches kämpfen mit fehlendem Fokus der Teams auf die Umsetzung der OKR. Wenn OKR als Zusatzarbeit empfunden wird, dann ist der Grund oft der, dass das OKR System nicht mit anderen Ziel- und Management-Systemen synchronisiert ist. Sondern einfach zusätzlich in Organisationen eingeführt wird. Das OKR System ist dann ein neues Element in deinem Gesamtsystem “Organisation”, steht aber nicht in Wechselwirkung und Verbindung zu anderen Elementen des Gesamtsystems. Als guter Systemdenker sorgst Du nun also dafür, dass das OKR System mit anderen Ziel- und Management-Systemen synchron ist.
Limitiere die Anzahl deiner OKR
Aus der oben skizzierten Netzwerkanalyse folgt eine klare Empfehlung für dein OKR System: Limitiere die Anzahl deiner OKR. Denn der Aufwand, dein OKR System zu unterhalten, steigt mit jedem zusätzlichen OKR. Das ist einer der Gründe, warum ich bei der Kaskadierung von OKR gerne von der Aufbauorganisation Abstand nehme und in meiner OKR Beratung dazu rate, klein anzufangen, statt direkt die ganze Organisation mit OKR zu beglücken.
OKR Events und die Vitalität deines OKR Systems
Gelebte Interaktion sind eine zwingende Voraussetzung für jedes System und die Grundlage eines wirksamen OKR Systems. Im Umkehrschluss ist dein OKR System tot, wenn keine Interaktionen gelebt werden und OKR nur ein trauriges Dasein in Software-Systemen oder Excel-Tapeten fristen. Das setzt einen völlig neuen Rahmen für die Gestaltung deiner OKR Events: Denn hier geht es um Diskurs, Austausch, Diskussion, das “reiben” und das gemeinsame Erarbeiten guter OKR und wie diese sich gegenseitig stützen. Deine OKR Events sind also DER Gradmesser für die Vitalität deines OKR Systems.
“A system can not manage itself.” - Gute OKR Coaches
Von W. Edwards Deming stammt die Einsicht, dass Systeme sich nicht selbst managen. Auch wenn diese Einsichten für manches biologische System wie z.B. Bienenvölker sicher diskussionswürdig sind, für dein OKR System unterschreibe ich diese These. Das heißt, ein OKR System muss geführt und aktiv gemanagt werden, damit Unternehmen dauerhaft von der Arbeit mit OKR profitieren. Entsprechend brauchst Du gute OKR Coaches, die deine OKR Implementierung als System begreifen und an einer ständigen Verbesserung arbeiten.
OKR Systeme überprüfen und anpassen
OKR Systeme sind komplexe Systeme, in denen Ursache und Wirkung zeitlich voneinander entkoppelt sind. Deswegen solltest Du den Fortschritt und die Erfolge deiner OKR Implementierung immer auch kritisch beobachten und dein OKR System durch ständige Überprüfung und Anpassung dauerhaft besser machen. Bis sich gewünschte Erfolge einstellen, können mehrere Iterationen vergehen.
Fazit - OKR als lebendiges System verstehen
OKR Systeme gut zu managen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Viel zu oft wird OKR nur als ein methodisches Werkzeug gesehen, das etwas lieblos in einen ohnehin schon zu vollen Werkzeugkoffer von Organisationen gestopft wird. Ohne eine klare Erwartungshaltung, was mit dem OKR System genau besser werden soll. In Folge werden OKR irgendwie aufgesetzt und mitgeschleppt. Wie ein hässlicher Schmuckteller, den Du geschenkt bekommen hast und dich nicht traust, ihn wegschmeissen. Dabei ist es gar nicht so schwer ein gutes OKR System zu etablieren:
- Gute Gründe für die Arbeit mit OKR identifizieren
- Strategie, klare Prioritäten und relevante Ziele
- Eine gut durchdachte OKR Kaskade ableiten
- Ausbildung und Coaching der Teams
- Lebendige und gut moderierte OKR Events
- Ständige Überprüfung und Anpassung
Dafür braucht es ein systemisches Denken, Zeit und die Bereitschaft OKR auch wirklich als System zu begreifen. Dann lebt das OKR System von den beteiligten Menschen und Interaktionen. Wenn ihr das beherzigt, dann werdet auch ihr mit eurem OKR System viel Freude haben.
Viel Erfolg dabei.


Andreas Diehl
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