Google hat bereits 1999 angefangen, mit OKR zu arbeiten und gilt als unangefochtener OKR Pionier. Schließlich gibt es kein Unternehmen, das über mehr kollektive Erfahrung in der Arbeit mit OKR verfügt. Dankenswerterweise teilt der Suchmaschinenriese diese Erfahrungen und gibt damit Einblicke, wie Google OKR einsetzt. In diesem Beitrag findest Du die wichtigsten Quellen, in denen Google etwas über seine Arbeit mit OKR preisgibt, inkl. einer stichhaltigen Zusammenfassung.
Wie OKR zu Google kam
OKR haben ihren Ursprung in den 1970er Jahren bei Intel. Dort ließ sich der spätere Intel CEO Andy Grove von Peter Drucker’s “Management by Objectives” inspirieren und brachte den seinerzeit strauchelnden Chiphersteller mit OKR wieder zurück auf die Erfolgsspur.

Über John Doerr, seinerzeit Mitarbeiter von Andy Groove, fand die OKR Methode ihren Weg zum Venture Capitalist Kleiner Perkins. Durch deren Beteiligung an Google wurde die Brücke zum heutigen OKR Vorzeigeunternehmen bereits 1999 geschlagen.
Quelle 1: How Google sets Goals
Mit diesem Vortrag brachte Google 2013 den Stein ins Rollen und OKR in den Business Mainstream. In einem Talk im Rahmen des Google Startup Lab Workshops gibt Google Ventures Partner Rick Klau eine Übersicht über das OKR Rahmenwerk und präsentiert dabei, wie Google OKR funktionieren. Dabei referenziert Rick Klau immer wieder auf die originale Präsentation von John Doerr, mit der der Investor und OKR Ziehvater die OKR Methode 1999 zu Google brachte. Kleiner Fun-Fact am Rande: John Doerr’s Präsentation selbst war als OKR formuliert (07:36).
Quelle 2: re:Work Guide – Set goals with OKRs
re:Work is an effort by Google and others to help share and push forward the practice and research of data-driven HR.
Eine zweite gute Quelle zu Google OKR findest Du bei re:Work, einem von Google unterstützten Projekt für datengetriebene HR Arbeit. Im re:Work Guide findest Du konkrete und einfach nachvollziehbare Tipps, wie Google OKR interpretiert und implementiert.
- Google’s Sweetspot für einen guten OKR ist ein Zielerreichungsgrad von 60-70%. Wenn Teams dauerhaft deutlich darüber liegen, ist das ein Anzeichen einer zu geringen Ambition. Wenn die Organisation dauerhaft darunter liegt, kommt sie nicht gut genug voran.
- Dieses Ambitionsdenken manifestiert sich bei Google in sog. “Stretch Goals”. “Stretch Goals” sind Ziele, für die Du dich ein wenig strecken musst und die außerhalb des Möglichen erschienen.Dabei betont Google ausdrücklich, dass der Schlüssel für die Etablierung von Stretch Goals eine begleitende Erfolgsdefinition eines Stretch Goals ist. Also in gleichem Atemzug zu erklären, dass bereits 60-70% Zielerreichung schon eine volle Zielerreichung sind.
- OKRs sind ein Kommunikationsinstrument, das dir die Möglichkeit gibt, Strategie und Erfolgsmessung kurz und prägnant zu formulieren.
- Google empfiehlt 3 Key Results pro OKR. Dabei können auch messbare Milestones Key Results sein. Das Kriterium für einen messbaren Milestone ist, dass sein Erreichen das anvisierte Objective wirklich nach vorne bringt.
- Google gibt 5 Tipps, was Du bei der Formulierung deiner OKRs achten solltest.
- OKR sollte keinesfalls mit einer Performance Evaluierung verwechselt werden.
- Um die Zielerreichung zum Abschluss eines OKR Zyklus zu bewerten, nutzt Google ein Grading, sozusagen die Dokumentation der finalen Zielerreichung. Besonders lesens- und beachtenswert ist, dass Google nach Abschluss jedes Team-Zyklus seine Unternehmens-OKRs öffentlich gradet und damit immer wieder eine Verzahnung zwischen Team und Unternehmens-OKRs herstellt.
Quelle 3: Google’s OKR Playbook
Eine dritte Quelle zu Google OKR ist “Google’s OKR Playbook”. Einschränkend ist dabei allerdings bemerkt, dass das Playbook nicht von Google selbst stammt. Sondern von John Doerr bzw. seinem Team von whatmatters.com, die aus den internen Quellen diesen Leitfaden erstellt haben. Der beleuchtet Google OKR nochmal aus einer anderen Perspektive, ist kurz, knackig und aus den folgenden Gründen durchaus lesenswert.
No one has more collective experience in implementing OKRs than Google.
“Our actions determine Google’s future.”
John Doerr zeigt einleitend nochmal sehr stark warum und wofür Google OKR nutzt. Nämlich zur strategischen Ausrichtung, Fokussierung und konsequenten Synchronisation und Allokation von Ressourcen. Und wie die konsequente Ausrichtung einzelner Organisationsbereiche und Teams mit OKR der Grundstein sein kann, eine ganze Industrie neu zu erfinden (Chrome, Android).
Writing Effective OKRs
John Doerr erklärt, was das Schreiben guter OKRs aus seiner Sicht ausmacht.
- Objectives are the “What’s” – Objectives beschreiben das gewünschte Ziel klar und “crisp”.
- Key Results are the “Hows.” – Key Results sind keine Aktivitäten, sondern konkret messbare Milestones, die das Objective nach vorne bringen. Sozusagen der Hebel zur Erreichung des Objectives.
Cross-team OKRs
Ein sehr spannender Aspekt für den Aufbau einer guten OKR Architektur. Bei einem Cross-Team OKR arbeiten mehrere Teams gemeinsam an einem OKR. Jedes Team leitet daraus wieder eigene Team OKRs ab, die die Erreichung des Cross-Team OKR ermöglichen.
Committed vs. Aspirational OKRs
Ein Aspekt zu Google OKR, der so in keiner anderen Quellen wirklich herauskommt. Bei Committed OKR erwartest Du eine Zielerreichung von 1,0. Aspirational OKRs haben dagegen eine erwarteten Zielerreichungsgrad von 0,7. Eine gute Differenzierung, die bei der Einführung von OKR sicher gute Dienste erweisen und die Bereitschaft zu wirklich ambitionierten OKR erhöhen kann.
Classic OKR-Writing Mistakes and Traps
Zudem skizziert John Doerr zu Google OKR folgende typische Fehler bei der Formulerierung von OKR.
- TRAP #1: Failing to differentiate between committed and aspira-tional OKRs.
- TRAP #2: Business-as-usual OKRs, d.h. OKR zu schreiben, die einfach nur das widerspiegeln, was das Team ohnehin machen und erreichen würde.
- TRAP #3: Timid aspirational OKRs. Das heißt, OKR, die nicht wirklich einen Impact auf die Erwartung deiner Kunden haben. Wenn Du also deine Kunden fragst, was sie wirklich wollen, (über)erfüllt dein Objective diese Erwartungen?
- TRAP #4: Sandbagging betreibst Du, wenn die Erreichung deiner aspirational und deiner committed OKR nicht mindestens all deine Ressourcen beansprucht. Dann hortest Du Ressourcen, die vielleicht dann besser auf andere Teams verteilt werden.
- TRAP #5: Low Value Objectives: OKR zu denen Du auf die Frage “Who cares?” keine gute Antwort kriegst.
- TRAP #6: Insufficient KRs for committed Os. Der einfache Test: wenn Du alle KR voll erreichst, dann aber dein Objective nicht erreicht ist, dann hast Du unzureichende Key Results formuliert.
Reading, Interpreting, and Acting on OKRs
Ein paar sehr gute Hinweise, wie Du mit OKR im laufenden Prozess bzw. der Nachbetrachtung umgehst. Schließlich sind OKR ja nicht einfach ein bürokratischer Vorgang, sondern ein agiler Prozess getragen von der Idee des kontinuierlichen Lernens:
- Postmortem on committed OKRs: D.h. Wenn ein committed OKR schief geht, muss eine Nachbetrachtung stattfinden. Nicht um Schuldige zu finden, sondern um zu lernen, was zukünftig verbessert werden kann.
- Move Aspirational OKRs to other teams: Wenn Du siehst, dass ein Team mit der Erfüllung seiner aspirational OKR überfordert ist, dann übergebe den OKR an andere Teams vorausgesetzt, dass sie die Kompetenzen haben und sich auf diesen aspirational OKR committen wollen.
Zum Abschluss findest Du in Google’s OKR Playbook noch einige sehr praktische und konkrete Tests, mit welchen Du die Tragfähigkeit deiner OKR einfach prüfen kannst.
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Was ich aus Google OKR mitnehme
Hier meine persönlichen Key Take Aways und wie sich Google OKR in meiner OKR Beratung widerspiegelt.
Flache OKR Architektur
Mehr als eine Unternehmens- und eine Team-Ebene braucht eine gute OKR Architektur nicht. In Organisationen mit mehreren Führungs- und Hierarchieebenen braucht es dann eine gute Integration der Führungskräfte in das OKR Rahmenwerk. Z.B. kann in Anlehnung an Google OKR ein Ansatz sein, dass Bereichs- und Teamleiter Prioritäten definieren, worauf basierend Teams dann ihre OKR formulieren. In diesem Beitrag erfährst Du mehr über die Entwicklung und den Aufbau deiner OKR Architektur.
Persönliche OKR
Ich finde es beeindruckend, wie Google OKR auch auf eine persönlichen Ebene fortführt. Ich bin nach wie vor kein Fan davon und rate davon auch aus zwei Gründen ab. Erstens Qualität und Komplexität. Eine gute OKR Arbeit ist schwierig genug, persönliche OKRs blähen das Rahmenwerk auf, es wird aber nicht besser. Zweitens die Gefahr der Verwechselung mit MBO bzw. dass OKR dann ein persönliches Performance-Instrument werden. Lange Rede: Wenn Unternehmen kulturell und gedanklich so weit sind, habe ich gegen persönliche OKRs nichts einzuwenden. Jedoch ist das eher der fünfte, als der erste Schritt in der Arbeit mit OKR.
OKR Grading
In meinen Augen eine sehr konsequente Fortführung in der Arbeit mit Confidence Leveln. Anders als Google würde ich die in Aussicht stehende Zielerreichung oder Confidence Level deutlich regelmäßiger aktualisieren, um damit den Fokus und die Transparenz zu steigern.
Stretch Goals
OKR als “stretch goals” zu formulieren ist sicher einer der am meisten missverständlichen Aspekte der Google OKR. Denn Google macht nicht einfach Stretch Goals. Sondern bettet ambitionierte Ziele in einen Kontext ein und stellt ausdrücklich die Wichtigkeit einer flankierenden Kommunikation klar. Aus dieser sollte unmissverständlich hervorgehen, unter welchen Voraussetzungen denn ein Stretch Goal erfolgreich ist. So definiert Google seinen Sweetspot bei 60-70 %. Einfach unreflektiert Stretch Goals von einem Team oder einer Organisation zu verlangen ist kontraproduktiv. Dabei solltest Du unbedingt auch die kulturelle Seite im Auge behalten und schauen, wie hoch die Fehlertoleranz und wie ausgeprägt die Fehlerkultur in deiner Organisation ist.
Messbare Milestones als Key Results
Für mich sind Milestones als Key Results nur die zweitbeste Lösung. Denn mir persönlich ist die Grenze zwischen Milestones und Aktivitäten etwas zu fließend.
Key results express measurable milestones which, if achieved, will directly advance the objective.
So ermutige ich Teams in meinen OKR Workshops im ersten Schritt immer, konkret messbare Key Results zu definieren. Dann nur in Ausnahmen auf messbare Milestones als Ergänzung zu “echten” Key Results zurückgreifen. In einem gut aufgesetzten OKR Prozess wirst Du lernen, ob die Formulierung von messbaren Milestones als Key Results deine Organisation nachhaltig weiterbringt.
Verzahnung Unternehmens- und Team OKR
Der letzte wichtige Punkt der Google OKR ist eine konsequente Verzahnung der Unternehmens- und der Team OKR zum Endes eines OKR Zyklus. Denn damit zeigst Du Teams und Mitarbeitern immer wieder, wie ihr Beitrag das Unternehmen nach vorne gebracht hat. So etabliert Du ein starkes Zielsystem und machst aus deinem OKR Prozess ein wirkliches agiles Steuerungs- und Führungsinstrument.
Fazit – Finde deinen eigenen Weg
Google OKRs geben dir einen tollen Einblick, wie genau Google mit OKR arbeitet. Aber am Ende ist Google auch Google. Und die Vergleichbarkeit von Google und deiner Organisation hat ganz sicherlich seine Grenzen. Deswegen darfst Du dir bei Google gerne Erfahrungswerte abschauen, ohne blindlings in die Falle zu tappen “es genauso wie Google zu machen”. Denn OKR ist keine Blaupause, die Du unreflektiert nach Schema F über eine Organisation legst. So darfst Du dich an einen gut gemeinten Rat halten, den dir Google mit auf den Weg gibt:
Viel Erfolg dabei.

Zusätzliche Ressourcen
Buch
Google’s OKR Playbook
Der OKR Leitfaden von John Doerr und seinem Team von whatmatters.com. Darin findest Du Antworten darauf, welche Ziele Google mit OKR verfolgt und wie Google mit OKR arbeitet.

Guide
re:Work Guide: Set goals with OKRs
Der OKR Guide von Google’s re:Work Initiative fasst die OKR Methode, wie sie bei Google angewendet wird kurz und knapp zusammen und gibt konkrete Tipps zur Anwendung.

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