Online Workshops – So strukturierst und gestaltest Du virtuelle Workshops
Online Workshops sind seit Corona nicht mehr die Ausnahme, sondern Normalzustand. Jedoch benötigen virtuelle Workshops im Vergleich zu realen Arbeitstreffen eine andere Vorbereitung und Durchführung.
In diesem Beitrag erfährst Du, warum Online Workshops anders sind und was Du bei der Vorbereitung und Durchführung eines virtuellen Workshops berücksichtigen darfst.
Warum Online Workshops anders sind
Wer glaubt, dass Online Workshops genauso abgehalten wie Offline, der erinnert mich ein wenig an Zeitungsverleger vor 20 Jahren. Die haben seinerzeit auch geglaubt, dass es ausreicht ihre gedruckten Seiten als Bild oder PDF auf einer Webseite abzulegen. Wenn wir seitdem eines gelernt haben, dann dass Informationen digital anders aufgenommen und verarbeitet werden. Und das gilt natürlich auch für deinen Online Workshop.
Ergebnisse brauchen mehr Zeit
In einem Online Workshop dauert alles gefühlt dreimal länger. Du brauchst mehr Zeit, um zum gleichen Ergebnis zu kommen. Ich kann das noch nicht exakt beziffern oder eine abschließende Erklärung anbieten, warum das so ist. Aber diesen subjektiven Eindruck teilen viele Kollegen auch unabhängig voneinander.
Bisher ist noch nichts darüber bekannt, dass Corona die Leute “dümmer” macht. Auch wenn man das bei mancher Demo oder Kommentar in sozialen Medien vermuten könnte. Das heißt, es muss einen anderen Grund geben, dass ein Online Workshop nicht so leicht von der Hand geht, wie ein reales Arbeitstreffen.
Meine Hypothese: Andere Informationsverarbeitung
Ich glaube, dieses Erleben von Langsamkeit hat vor allem damit zu tun, wie Teilnehmer in deinem virtuellen Workshop Informationen verarbeiten.
Auf das menschliche Gehirn strömen pro Sekunde schätzungsweise 11 Mio. Bits ein. Davon kann unser Bewusstsein nur ca. ein Millionstel also ca. 11 Bits / Sekunde oder 0,0001% verarbeiten. Dagegen verarbeiten wir unterbewusst ca. 30% der Informationen. Das heißt, während wir Offline mit all unseren Sinnen und mit der Macht des Unterbewusstseins arbeiten, haben wir in einem Online Workshop nur einen kleinen Ausschnitt in Form des Bildschirms und können nur mit Augen und Ohren arbeiten. Das heißt, Menschen sind in einem Online Workshop per se deutlich eingeschränkter und langsamer in ihrer Informationsverarbeitung.
Weitere Hindernisse im Online Workshop
Neben der eingeschränkten Informationsverarbeitung beobachte ich darüber hinaus folgende Hindernisse in einem Online Workshop.
- Digitale Tools und Technik lenken ab oder sorgen immer wieder für Unterbrechungen (Rückfragen, fehlende Kenntnis der Tools, Aussetzer im Internet, Störgeräusche).
- Es fällt (noch) schwerer den Fokus zu halten, weil alle Teilnehmer mehr Ablenkungen haben. Sei es der Rechner, auf dem E-Mails ankommen, Chats Nachrichten blinken oder andere Einflüsse im Home Office.
- Das “Erleben” fehlt. Während Du in einem Offline Workshop Übungen einbauen kannst, bei denen das “Anfassen” und das Erleben im Vordergrund steht und damit auch andere Sinne bedient werden, entgeht Dir diese Chance in einem Online Workshop.
- Der “Austausch” fehlt. In einem Offline Setting passiert es automatisch, dass Teilnehmer sich auch in den Pausen zu Inhalten und Erfahrungen austauschen, dieser natürliche “Transfer” fehlt in einem Online Workshop.
- Höhere Frequenz. Ich beobachte, dass Teilnehmer eine insgesamt höhere Frequenz und Taktung in ihrem Tagesablauf haben, entsprechend brauchen sie auch mehr Zeit in einem Online Workshop “anzukommen”.
Diese Beobachtungen sind der Grund, warum ich glaube, dass ein Online Workshop eine völlig andere Gestaltung braucht als ein reales Arbeitstreffen.
Meine Tipps für deinen Online Workshop
Die Notwendigkeit Online Workshops anders zu gestalten, hat Auswirkungen sowohl auf die Vorbereitung als auch die Durchführung.
Setup - Max. 3 Stunden und 10 Teilnehmer
Ich halte es nicht für praktikabel einen geplanten Tagesworkshop an einem einzigen Tag online abzuhalten. Sofern es sich anders einrichten lässt, würde ich einen Online Workshop immer in mehrere Sessions von max. drei Stunden einteilen. Ich empfinde es aus allen oben genannten Gründen sehr schwierig den Fokus und die Aufmerksamkeit der Teilnehmer (und auch meinen eigene) länger hochzuhalten. Diese Einschränkung wiederum hat Auswirkungen auf das Gesamt-Design deines Workshops. Statt einen Tag von morgens bis abends zu planen, brauchst Du nun zwei oder sogar drei Slots, um zu einem ähnlichen Ergebnis zu kommen. Neben einer zeitlichen Restriktion würde ich einen Online Workshop auch maximal mit 8-10 Teilnehmern durchführen.
Mehr Vorbereitung investieren
Da die Dauer kürzer ist, empfehle ich mehr Arbeit in Vorbereitung des virtuellen Workshops auszulagern. Zum Beispiel würde ich Dinge, die sonst in Gruppen während des Workshops erledigt werden, vorbereitend erarbeiten lassen. Für mich macht es keinen Sinn einen Online Workshop zu terminieren, um die Teilnehmer dann wieder in Breakouts zu schicken. Das können sie direkt im Vorfeld selbstorganisiert erarbeiten. So sparen wir die Zeit der Teilnehmer und meine direkt dazu während des Online Workshops. Das heißt, einzelne Teilnehmer oder Gruppen bereiten Inhalte vor und präsentieren ihre Ergebnisse dann zu Beginn der nächsten Session. Gegebenenfalls stellen die Teilnehmer das auch bereits im Vorfeld als pre-read oder Videopräsentation zur Verfügung, damit die nächste Online Workshop Session direkt mit der Diskussion beginnt. Breakout Sessions im Online Workshop würde ich nur in absoluten Ausnahmen machen.
Moderation des Online Workshops
Wenn Du der Idee folgen kannst, dass Online Workshops sich auf mehrere Sessions verteilen, dann hat das auch Auswirkungen auf die Durchführung und Moderation deines Online Workshops. Während kleine Gruppen im realen Arbeitsleben auch gut ohne einen Moderator klar kommen, funktioniert das in einem Online Workshop nicht mehr. Zumindest nicht, wenn Du ein produktives Arbeitstreffen haben willst. Dabei achtet der Moderator deines virtuellen Arbeitsmeetings permanent darauf, dass alle immer verbunden sind. Technisch und inhaltlich.
Hier ein paar Erfahrungswerte, auf was ich bei der Strukturierung und der Moderation eines virtuellen Workshops noch stärker achte. Diese Tipps lassen sich auch 1:1 auf ein Online Meeting übertragen.
Intro: In deinen Online Workshop starten
Starte mit einem “Check-in” und gib den Teilnehmern Zeit “anzukommen”, Wie oben skizziert haben die Teilnehmer ggf. einen intensiveren Arbeitsrhythmus. Gute Fragen für einen Check-in bei der ersten Durchführung sind sind z.B. “Wann war dieser Online Workshop ein Erfolg für Dich persönlich?”. Also nicht nach Erwartungen fragen, sondern einfach mal so tun, als wäre es schon richtig gut gewesen. Für Folge-Sessions eignet sich z.B. eine Frage wie “Wo ist gerade deine Aufmerksamkeit?”, um die Leute auch abzuholen. Von Spielchen, Eisbrechern etc. halte ich in einem Online Workshop nicht viel.
Stell die Agenda vor und biete dabei vor allem den Kontext zu vorherigen Sessions: Wo kommen wir her, was machen wir heute, welches Ziel verfolgen wir insgesamt. Ich halte es für wichtig regelmäßig den höheren Sinn und das Ziel des Workshops zu skizzieren.
Während des Online Workshops
Während des Workshops solltest Du als Moderator in sehr regelmäßigen Abständen den aktuellen Stand zusammenfassen und nächste Schritte anmoderieren. Als Faustregel empfehle ich einen Abstand von 20 Minuten. Öfter wenn Du merkst, dass die Teilnehmer etwas verloren sind oder es nur zäh voran geht. Du kannst Dir mehr Zeit lassen, wenn die Teilnehmer in einem guten Arbeitsrhythmus sind. Dabei kannst Du immer auch fragen, ob noch alle dabei sind. Da körpersprachliche Signale fehlen, ist die Rückkopplung von hoher Bedeutung.
Zudem empfehle ich, dass Du Teilnehmer deutlich öfter persönlich ansprichst. Während sich Offline jeder bemerkbar machen kann, kann es in einem Online Workshop auch schon mal technische Probleme geben. So holst Du auch immer wieder jeden Teilnehmer ab und steigerst damit auch seinen Fokus und Aufmerksamkeit.
Mitschreiben und Inhalte teilen
In einem Offline Workshop sind Mitschriften einfach: viele Post Its, Moderationskarten, (Moderations)Wände, Boden Flipcharts und im Anschluss einfach ein Fotoprotokoll. Viele Teilnehmer können parallel viele Inhalte erarbeiten, jeder kann mit Stift und Papier umgehen. Ein sehr einfaches Leben für den Moderator und Workshop Facilitator.
Werkzeuge und Software
In einem Online Workshop funktioniert das leider nicht so wie in einem realen Arbeitstreffen. Du brauchst eine Alternative für Post Its und Flipcharts, damit Inhalte mitgeschrieben und gemeinsam erarbeitet werden können. Während Dir dafür eine Menge an neuen Tools zur Verfügung steht, würde ich als Facilitator immer bekannte Werkzeuge bevorzugen. Das heißt, im Zweifel einfach ein Online Word- oder Excel Dokument, an dem alle mitarbeiten können, als schicke dafür aber ggf auch neue und unbekannte Werkzeuge aus Sicht der Teilnehmer. Als Faustregel gilt für mich, dass das Tool dem Inhalt nicht im Weg stehen darf. Entsprechend mache ich es von den Teilnehmern und der Zielgruppe abhängig, auf welche Werkzeuge ich zurückgreife. Hier eine Liste mit Tools und Werkzeugen für deinen Online Workshop. Hinterlasse gerne einen Kommentar mit den Apps und Tools mit denen Du gute Erfahrungen sammeln konntest.
- Google Jamboard
- Mural App
- Miro App
- Conceptboard, die mir einzig bekannte deutsche Firma und damit Liebling vieler IT- und Compliance-Verantwortlichen.
- Office 365, Google Docs, Google Sheets
Mitschriften teilen
Zudem habe ich festgestellt, dass ein kollaboratives Arbeiten in einem Online Workshop mitunter schwieriger ist. Während es manchen Teilnehmerkreisen einfach fällt mit Werkzeugen wie Jamboard oder Mural gemeinsam Inhalte zu erarbeiten, brauchen andere Zielgruppen ein wenig mehr Zuspruch oder auch Begleitung. Das heißt, je nach Inhalt kann es auch ratsam sein und die Zusammenarbeit deutlich erleichtern, wenn einer oder ggf. Du als Moderator parallel eine Mitschrift pflegst. Ich mache das regelmäßig, um den Teilnehmern die Chance zu geben sich voll auf den Inhalt zu konzentrieren. Gleichzeitig stelle ich so sicher, dass ich voll im Inhalt bin, regelmäßig den Bogen spanne und Teilnehmer immer wieder abholen kann. Dieses Vorgehen erfordert regelmäßige Rückfragen seitens des Moderators, ob das hier dokumentierte auch dem Gemeinten und Gesagten entspricht. Auch wenn das ein wenig Tempo rausnimmt, habe ich mit diesem Vorgehen sehr gute Erfahrungen gemacht.
Ein runder Abschluss für deinen Online Workshop
Zum Abschluss deines Online Workshops bzw. Der einzelnen Sessions würde ich ebenfalls immer etwas Zeit einräumen. Erstens um den Kreis zu schließen, kurz zusammenzufassen aber vor allem einen Ausblick auf die nächste Session zu geben. Gleichzeitig um transparent zu machen, wer was in der Nach- bzw. Vorbereitung für das nächste mal tut und verbindlich zu dokumentieren, wer was macht. Damit steht dann auch schon die Agenda für die kommende Durchführung. Ich mache es z.B. so, dass ich für jede Gruppe die ich begleite ein gDoc pflege, in die Teilnehmer jederzeit eine Zusammenfassung, die Agenda für die kommende Sessions finden und in dem weiterführende Boards und Arbeitsmaterialien verlinkt sind. Für einen kurzen Check-out, um auch ein Stimmungsbild einzufangen eigenen sich fragen wie “Wie geht es Dir mit dem heute Erarbeiteten?”. Als Antworten ist alles erlaubt außer ein paar Standardantworten, die Du ausschließt (z.B. “gut”) und alles was der Vorredner gesagt hat.
Fazit - Gute Online Workshops brauchen Übung
Für Teilnehmer und Moderator sind Online Workshop in Summe deutlich intensiver. Sowohl in der Vorbereitung, als auch in der Moderation und Durchführung. Ich glaube, es wird noch ein paar Monate dauern, bis ich die Durchführung eines virtuellen Workshops optimiert und auf dem Stand eines realen Arbeitstreffens habe. Beruhigend bisher ist, dass fast alle meiner favorisierten Übungen auch in einem Online Workshop gut funktionieren. Jedenfalls freue ich mich auf Ergänzungen und Kommentare, wie Du deine Online Workshops gestaltest oder erlebst, was Dir auffällt oder welche Erfahrungen Du gemacht hast.
Viele Grüße.
Andreas Diehl
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