Timeboxing – Not macht erfinderisch. Zeitdruck auch.
Timeboxing ist eine zentrale Praxis der modernen Arbeitswelt. In diesem Artikel zeige ich Dir, was Timeboxes so wertvoll macht und wie Du Timeboxing in deinen beruflichen Alltag integrierst.
Was ist eine Timebox?
Eine Timebox ist ein fest definiertes Zeitintervall, währenddessen Du dich der Erledigung ausgewählter Aufgaben widmest. Das heißt, mit Timeboxing machst Du die zur Verfügung stehende Zeit ganz bewusst zu einem limitierenden Engpass. Mit dieser Timebox bzw. künstlichen Verknappung geht einher, dass Du das Arbeitsergebnis nicht abschließend definierst. Stattdessen bedeutet Timeboxing ergebnisoffen zu sein, sich dafür aber mit hohem Fokus den ausgewählten Aufgaben und Fragen zu widmen. Ist die Timebox zu Ende, wird die Arbeit gestoppt. Basierend auf aktuellem Arbeitsstand werden dann die nächsten Schritte geplant.
Wie lange geht eine Timebox?
Die Länge einer Timebox hängt von deinem Kontext ab, in dem Du eine Timebox setzt. So kannst Du in einem Meeting Timeboxes von 10-30 Minuten setzen, um ein bestimmtes Thema oder Fragen zu besprechen. In der täglichen Arbeit kannst Du Timeboxes von wenigen Stunden für ausgewählte Aufgaben setzen. Im Rahmen von Projekten laufen Timeboxes möglicherweise über mehrere Tage. Die Länge deiner Timeboxes solltest Du immer von den zu bearbeitenden Fragen, den allgemeinen Rahmenbedingungen, aber allem von der Frage abhängig machen, was Du mit Setzen der Timebox bezweckst. Auf den Nutzen und die Vorteile des Timeboxing gehe ich weiter unten ein.
Timeboxes vs Deadlines
Timeboxes und Deadlines haben lediglich gemeinsam, dass sie ein Zeitintervall beschreiben. Denn Deadlines haben einen finalen und vollständigen Anspruch. Das heißt, mit einer Deadline definierst Du bereits im Vorfeld den gewünschten Arbeitsstand, der mit Erreichen der Deadline realisiert werden soll. Dagegen sind Timeboxes ergebnisoffen. Mit dem Setzen der Timebox geht nur einher, sich für die bestimmte Dauer mit hohem Fokus einer konkreten Aufgabe und Fragestellung zu widmen.
Exkurs: Pomodoro-Technik
Timeboxing wird oft in einem Atemzug mit der Pomodoro-Technik genannt. In dieser von Francesco Cirillo in den 1980er-Jahren entwickelten Zeitmanagement Methode folgst Du einem dauerhaften Wechsel zwischen Arbeits- und Pausenintervallen. Dabei dauert jede Arbeitsphase genau 25 Minuten, gefolgt von einer 5-minütigen Pause. Mit Ablauf der Arbeitsphase hakst Du die erledigten Aufgaben ab, schnaufst für 5 Minuten durch und gehst anschließend in ein neues Intervall. Nach dem vierten Arbeitsintervall folgt eine ausgedehnte 30-minütige Pause, dann beginnt die nächste Session.
Mehrwerte von Timeboxing
Das Timeboxing und der damit verbundene Wechsel zwischen Anspannung / Konzentration und Entspannung / Reflexion hat gleich mehrere Vorteile. Diese Effekte machen Timeboxing nicht nur zu einem gut klingenden Gimmick, sondern zu einem wertvollen Begleiter einer produktiven modernen Arbeitswelt.
Timeboxing kontert Parkinson's Law
Parkinson’s Law besagt, dass sich Arbeit genau in dem Maß ausdehnt, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht. Das heißt, je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto mehr zu erledigende Aufgaben tauchen auf einmal auf und desto länger dauert auch ihre Bearbeitung. Damit sind Timeboxes ein idealer Konter gegen diese von Parkinson beobachtete Tendenz und vor allem in Teams und Organisationen wertvoll, die (zu) kompliziert denken oder bürokratisch geprägt sind.
Fokus statt Multitasking
Timeboxes erfordern eine hohe Aufmerksamkeit auf die ausgewählten Frage- und Aufgabenstellungen. Statt dich also ablenken zu lassen und dem Mythos des Multitasking zu unterliegen, erreichst Du mit der Timebox einen extrem hohen Fokus auf relevante Aufgaben. Das macht Timeboxing vor allem für Aufgabenstellungen interessant, die etwas schwieriger zu begreifen sind und die mitunter auch besser in einer kleinen Gruppe als von einer einzelnen Person bearbeitet werden.
Timeboxing produziert “done work” und fördert die Motivation
Der Volksmund weiß, dass “probieren über studieren” geht. Und je nach Aufgabenstellung zwingt dich auch eine Timebox konkrete Arbeitsergebnisse auf Papier zu bringen, statt Dinge zu zerreden. Denn für heiße Luft bleibt einfach keine Zeit, stattdessen “machst Du” und planst mit Abschluss der Timebox die nächsten Schritte. Dabei ist der Umstand, dass Du mit Abschluss der Timebox ein konkretes Ergebnis produziert hast, noch ein zusätzlicher Motivationsschub. Das ist gerade bei sehr umfangreichen Aufgabenstellungen sehr wertvoll, wenn durch das Setzen einer konsequenten Timebox die ersten Erfolge und Schritte sichtbar werden. Welche Wirkung konkreter Fortschritt in der Arbeit hat, die einem etwas bedeutet, zeigen zwei Autoren eindrucksvoll im hbr Artikel “The power of small wins”.
Mit Timeboxes Komplexität meistern und dein Risiko minimieren
Timeboxes senken dein Risiko, Zeit und Geld zu versenken. Denn bei komplexen Aufgaben kannst Du möglicherweise nur die gewünschte Anforderung formulieren, hast jedoch keine Ahnung, wie die Lösung aussehen kann. Im Rahmen einer gesetzten Timebox probierst Du verschiedene Lösungspfade und lernst dabei, wie eine Anforderung realisiert werden kann. In der Softwareentwicklung nennt man diese identifizierten Lösungspfade übrigens “Spikes”. Mit Setzen und Abschluss der Timebox kannst Du schließlich eine verbindliche(re) Aussage über den erwarteten Aufwand treffen und beurteilen, welche Kosten dem erwarteten Nutzen gegenüberstehen.
Pausen fördern Lernen
Die Wirksamkeit von Timeboxing ergibt sich nicht nur aus der terminierten Zeitspanne. Sondern auch die im Anschluss eingelegten Pausen haben es in sich. Denn genau in diesen Pausen bilden sich neue neuronale Verknüpfungen. Das heißt, Pausen sind elementar für gutes Lernen, ohne Pausen sinkt sogar die Leistungsfähigkeit. Mit Timeboxing schaffst Du also nicht nur mehr Wert in den Arbeitsphasen, sondern legst mit Pausen auch den Grundstein, dass das Erfahrene sich nachhaltig und neuronal setzen kann.
Mit Timeboxes das Pareto Optimum treffen
Das Pareto Optimum besagt, dass typischerweise 80 % einer Anforderung mit 20 % des Aufwands erledigt werden, die fehlenden 20 % des Umfangs dann 80 % des Aufwands verschlingen. Timeboxes sind ein Instrument, um Dich schrittweise dem Pareto Optimum zu nähern, statt über das Ziel hinaus zu schießen und in den letzten 20 % zu versinken. Dass Du bereits nach wenigen Schritten einen hohen Erkenntnisgewinn hast, hat Don Norman schon vor über 20 Jahren im Rahmen seiner Usability Studien herausgefunden. Bereits nach fünf befragten Usern hatte er einen Großteil der Probleme identifiziert. Weitere Gesprächspartner lieferten nur noch geringen zusätzlichen Erkenntnisgewinn.
Timeboxes schützen Dich vor irrationalen Tendenzen
Der IKEA Effekt besagt, dass Du deiner Arbeit übermäßigen Wert beimisst. Dass also das von dir persönlich aufgebaute Billy Regal wertvoller ist als ein baugleiches, von mir aufgebautes Regal. Gleichzeitig sorgt die Sunk Cost Fallacy dafür, dass es dir schwer fällt, Arbeiten einzustellen, wenn Du bereits viel Zeit und Geld Du investiert hast. Das heißt, je mehr Zeit Du persönlich in die Umsetzung einer Aufgabe investierst, desto größer sind deine Beharrungskräfte und desto größer die Bereitschaft, die gute Zeit der schlechten hinterherzuwerfen. Auch wenn die Resultate objektiv betrachtet nicht erfolgversprechend sind.
Timeboxes schützen dich vor diesen irrationalen Tendenzen. Denn mit der Timebox senkst Du systematisch den investierten Aufwand und dein emotionales Commitment. Damit fällt es dir leichter, zu einer objektiven Einschätzung zu gelangen. So senkt Timeboxing also das Risiko, unter dem IKEA Effekt oder der Sunk Cost Fallacy zu leiden.
Timeboxes in der praktischen Anwendung
Agile Methoden und moderne Arbeitswerkzeuge sind gespickt mit Timeboxes. Hier findest Du eine kleine Auswahl und wie diese Formate mit Timeboxes arbeiten.
Co-Creation Workshop, Design Sprints und Hackathons
Formate wie Design Sprints, Hackathons oder auch Co-Creation Workshops funktionieren ohne Timeboxes gar nicht. Dabei hast Du je nach Workshop-Format eine gesamte Timebox von einem bis zu fünf Tagen. Diese Gesamtzeit ist dann in kleinere Arbeitsphasen und Timeboxes unterteilt. Zum Ende der Workshops hast Du immer vorzeigbare Arbeitsergebnisse oder eben “done work” in den Händen.
Scrum Timeboxes
Auch das Scrum Framework ist voll von Timeboxes. Schon ein einzelner Sprint ist im Kerne eine gesetzte Timebox mit dem Commitment des Teams, bestimmte Aufgaben und Ziele zu erreichen. Während des Sprints folgt jedes Scrum Meeting einer engen Timebox. Wenn Du mit der zur Verfügung stehenden Zeit und der jeweiligen Timebox nicht auskommst, dann ist das einfach ein Feedback, dass es an anderer Stelle nicht stimmt. Grundsätzlich halten sich Scrum-Teams jedoch an die gegebenen Timeboxes und vereinbaren bei Bedarf weitere Gesprächstermine.
Meeting | Timebox * | Wenn Die Timebox nicht ausreicht .... |
---|---|---|
Planning | 8 Stunden | Mehr Zeit in Refinements investieren |
Daily | 15 Minuten | Bilaterale Gespräche vereinbaren |
Review | 4 Stunden | Prägnantere Demo, möglicherweise zu kleinteilige Vorstellung der Arbeitsergebnisse |
Retro | 3 Stunden | Stringentere Moderation durch den Scrum Master, bilaterale Gespräche, gemeinsame Workshops als Action vereinbaren |
Meetings effektiver gestalten
Klaus KlagesMeetings sind sagenhaft: Jeder sagt was, keiner haftet.
Meetings sind ein idealer Ort, um Timeboxes sehr konsequent anzuwenden. Denn ohne Timeboxes wird viel geredet, wobei Redezeit und Qualität der Arbeitsergebnisse selten korrelieren. Deswegen bist Du gut beraten, Arbeitstreffen konsequent mit Timeboxes zu versehen. Dabei ist wichtig, dass Du den gesetzten Timeboxes treu bleibst und basierend auf den erzielten Arbeitsergebnissen in deiner Agenda weiter machst. Denn je nach Unternehmenskultur kann das Timeboxing zu Widerstand und Irritationen führen, da entweder die Tendenz zu einem “perfekten Informationsstand” oder die Angst vor der eigenen Courage zu groß sind. Ich lade dann gerne ein “so zu tun, als wäre das ein guter Arbeitsstand” oder sich auch mal in Anlehnung an Gunther Schmidt mit der “zweitbesten Lösung” zufrieden zu geben. Oder ich verweise ganz pragmatisch auf die oben skizzierten Vorteile der Timebox und liefere dazu ein paar Produktinformationen. Ein Meetingformat, das sich übrigens einer sehr konsequenten Timebox bedient, ist z.B. das “Lean Coffee”.
Persönliches Zeitmanagement
Schließlich ist das Timeboxing auch ein ideales Werkzeug für das persönliche Zeitmanagement. Denn viele Menschen beginnen mit der Arbeit und arbeiten so lange, bis die Aufgabe abgeschlossen ist. Timeboxing folgt einem gänzlich anderen Ansatz: Es ordnet Aufgaben festen Zeitblöcken zu, innerhalb derer genau definierte Ziele erreicht werden sollen. Wenn die Timebox nicht gereicht hat, um die Aufgabe zu erledigen, wird eine weitere Timebox für den restlichen Aufwand geplant. Das schärft den Fokus und verhindert, dass man sich verzettelt. Wenn Du Timeboxing für dein persönliches Zeitmanagement nutzt, dann probier doch auch mal die Pomodoro-Technik.
Timeboxing Tools
Mit dem Timer im Smartphone hast Du bereits alles, was Du für ein gutes Timeboxing brauchst. Zumindest solange Du nicht einen nervigen Ringtone als Alarm nutzt. Wenn dir das nicht reicht, findest Du hier außerdem ein paar ausgewählte Timeboxing Tools, die Du auch in Workshops einsetzen kannst.
Time Timer | Analoge Tischuhr |
TimeTex | Timebox Uhr mit Magnet |
Boxingtimer | Online Timer |
Agile Poker Clock | Online Timer |
Pomodoro Timer | Online Timer |
Fazit - Timeboxes sind Gold wert
Ich boxe gerne mit und gegen die Zeit. Für mich ist Timeboxing ein extrem einfaches, aber enorm wirkungsvolles Werkzeug. Besonders gerne setze ich Timeboxes ein, um Aufwand unter Kontrolle zu halten. Das heißt, auch in meiner Arbeit als Berater setze ich mir sehr bewusst Timeboxes, beschäftige mich kurz jedoch intensiv mit der Problem- und Aufgabenstellung eines Kunden und mache dann eine Pause. Wenn ich mir nach einer wohlverdienten Pause, die sich manchmal auch über 3 Tage erstreckt, die Arbeit wieder vornehme, bin ich immer wieder aufs Neue erstaunt, welchen Effekt die Kombination von hohem Fokus und langen Pausen haben bzw. welche Erkenntnisse in der Zwischenzeit gereift sind. Deswegen sind Timeboxes für mich einer der ultimativen Work-Hacks.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
Vom Kenner zum Könner
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