Dilts Pyramide – Das Modell der logischen Ebenen als Werkzeug für deine digitale Transformation
Die Dilts Pyramide oder auch “Modell der logischen Ebenen” ist ein Erklärungsmodell für Veränderungsprozesse. Dilts logische Ebenen basieren auf der Idee, dass sich die Veränderungsdynamik bei Menschen, Teams und ganzen Organisationen durch sechs aufeinander aufbauende Ebenen kennzeichnet.
In diesem Beitrag erkläre ich Dir die Herkunft, den Aufbau und die Anwendung der logischen Ebenen für die Gestaltung deiner agilen und digitalen Transformation.
Herkunft der Dilts Pyramide
Das Modell der logischen Ebenen wurde von Robert Dilts entwickelt, einem der Mitbegründer des NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren). Deswegen sind die logischen Ebenen auch unter dem Namen NLP Pyramide bekannt.
Dilts entwickelte sein Modell der logischen Ebenen in den 1980er Jahren in Anlehnung an die Lerntheorie von Gregory Bateson. Im Verständnis von Bateson sind Lernerfahrungen immer vom Kontext abhängig und können als hierarchischer Lernprozess über vier Stufen dargestellt werden.
Dilts logische Ebenen haben nach seiner ersten Veröffentlichung mehrere Anpassungen erfahren. Damit ist das Dilts Modell heute ein wichtiger Erklärungsansatz für die positive Gestaltung von Veränderungen in sozialen Systemen und Organisationen.
Der Aufbau der Dilts Pyramide
Die Dilts Pyramide ist in sechs Ebenen unterteilt, die von oben nach unten wirken. Das heißt, wenn Du eine Veränderung auf einer Ebene erreichen willst, sollte die Intervention mindestens auf der gleichen Ebene, besser jedoch auf einer der darüber liegenden Ebenen stattfinden.
Mit der Dilts Pyramide kannst Du erklären, warum agile Trainings wirkungslos sind, Mitarbeiter die digitale Transformation ignorieren oder der Ruf nach mehr Fehlerkultur verpufft. Bevor wir die Dilts Pyramide in den Kontext deiner digitalen und agilen Transformation stellen, erkläre ich zunächst den Aufbau des Modells der logischen Ebenen von unten nach oben.
6. Umwelt
Die unterste Ebene der Dilts Pyramide beschreibt die Umwelt bzw. den jeweiligen Kontext. Damit bezieht sich die Dilts Pyramide auf Batesons Lerntheorie. Das heißt, jede Interaktion ist kontextabhängig und in einen Raum-Zeit-Kontext eingebettet. Die Umwelt kannst Du durch die Fragen “Wer”, “Wann”, “Wo” und “Mit wem” erschließen und gut von außen beobachten.
5. Verhalten
Mit der nächsten logischen Ebene beschreibst Du das Verhalten. Dabei ist Verhalten immer auch in den Kontext bzw. in die jeweilige Umwelt einzuordnen. Wie auch die Umwelt kannst Du Verhalten als Außenstehender beobachten und beschreiben. Demnach sind die dazu passenden Fragen “Wie verhalten sich Menschen / Teams”, "Was siehst Du?”, "Was hörst Du” und “Was genau wird getan?”.
4. Fähigkeiten
Auf der nächsten Dilts Ebene sind Fähigkeiten angesiedelt. Im Gegensatz zu Umwelt und Verhalten sind Fähigkeiten nicht direkt sichtbar. Das heißt, Du kannst lediglich Rückschlüsse vom Verhalten auf dafür benötigte Fähigkeiten und Kompetenzen anstellen. Also sind passende Fragen für Fähigkeiten “Was kannst Du?” oder auch “Welche Fähigkeiten brauchst Du, um das Verhalten zu zeigen?” oder “Welche Prozesse und Strategien laufen ab, damit das beobachtbare Verhalten gezeigt werden kann?”.
3. Werte und Glaubenssätze
Spätestens ab der Ebene Werte und Glaubenssätze sind die logischen Ebenen nicht mehr rein durch Beobachtung zu erklären. Dabei repräsentieren Werte und Glaubenssätze die Dinge, die dir wichtig sind und für die Du einstehst. Das heißt, Du würdest zum Beispiel kein Verhalten zeigen, das deinen Werten widerspricht. Demnach sind die passende ;Fragen, um Dir die logische Ebene Werte und Glaubenssätze zu erschließen “Was ist Dir wichtig?”, "Woran glaubst Du?" und “Worauf achtest Du besonders?”.
2. Identität
Die nächste Dilts Ebene ist die Identität einer Person, eines Teams oder einer Organisation. In diesem Selbstbild kommt zum Ausdruck wer Du bist bzw. auch wie andere Dich sehen bzw. sehen sollen. Dabei kann das Selbstbild jedoch erheblich vom Fremdbild abweichen. Daher sind die passenden Fragen für die Erschließung der Identität “Wer bist Du?” und “Wie nehmen andere dich / dein Team / deine Organisation wahr?”.
1. Ziele und Sinn
Die Spitze der Dilts Pyramide ist die ultimative Frage nach dem Sinn und Ziel. Dabei adressierst Du auf dieser Dilts Ebene die Fragen, wofür es wichtig ist und welche Ziele Du mit einer Maßnahme, einem Team oder einer ganzen Organisation verfolgst. Das heißt, die Anhänger der Systemtheorie finden auf dieser Dilts Ebene den Zweck eines Teams oder einer Organisation wieder.
Zusammenfassung der sechs logischen Ebenen
Die folgende Tabelle gibt Dir einen Überblick über die sechs logischen Ebenen. Dabei liste ich Redewendungen auf, an denen Du erkennen kannst, auf welcher Dilts Ebene andere Personen mit Dir sprechen.
Ebene | Fragen | Sprache |
---|---|---|
Ziel und Sinn | • Wofür ist es wichtig? • Was ist das Ziel, was ist der Sinn? • “Weg von” -> “Hin zu” | Ich will ... Mein Ziel ist ... Ich hoffe ... Ich beabsichtige ... |
Identität / Selbstbild | • Wer bin ich? • Wie sehen andere mich? | Ich bin ... |
Werte und Glaubenssätze | • Was ist Dir wichtig? • Worauf achtest Du? | Ich glaube ... Mir ist wichtig, dass ... Ich kann das nicht ... |
Fähigkeiten | • Was kannst Du? • Welche Fähigkeiten brauchst Du, um das beobachtbare Verhalten zu zeigen? • Welche Prozesse und Strategien laufen ab? | Ich kann / habe [Kompetenz| .... |
Verhalten | • Was siehst und hörst Du? • Was genau wird getan? | Ich mache / tue ... |
Umwelt | • Wer, Wann, Wo , Mit wem? | Ich sehe ... |
Beispiele Dilts Pyramide
Wie bereits erwähnt, gibt es keine klaren Grenzen zwischen den Dilts Ebenen. Besonders im oberen Bereich der Dilts Pyramide wird es schnell sehr “schwammig”. Deswegen möchte ich Dir an zwei Beispielen den Aufbau der logischen Ebenen erklären.
Beispiel 1: Dieser Artikel
Ebene | Leitfrage | Beispiel |
---|---|---|
Ziel und Sinn | Wofür ist dieser Artikel wichtig? | Mit diesem Artikel möchte ich Dich für die Dilts Pyramide begeistern und dich ermutigen sie im Rahmen deiner digitalen Transformation zu berücksichtigen. |
Identität / Selbstbild | Wer bin ich? | Ich bin Blogger und Berater, der digitale Transformation mehrfach erlebt hat, sie besonders gut versteht und erklären kann (letzteres könnten auch Glaubenssätze sein, aber da ich nicht schüchtern bin und aufgrund vieler guter Rückmeldungen ist das Teil meiner Identität :)) |
Werte und Glaubenssätze | Woran glaube ich? | Ich glaube, dass .... → die Dilts Pyramide Dir und deinem Unternehmen hilft Veränderungen besser zu gestalten → Digitale Transformation nicht ausreichend als eine systemische Herausforderung verstanden wird und die Dilts Pyramide Dir hilft, dieses Vakuum zu füllen → Du Dich für meine wöchentliche Portion digitaler Unordnung anmelden solltest :) |
Fähigkeiten | Welche Fähigkeiten brauche ich? | Für einen guten Artikel sollte ich der deutschen Sprache mächtig sein, die Dilts Pyramide verstehen und in der Praxis angewendet haben, Texte schreiben, strukturieren und mich fokussieren können (siehe Umwelt). Zusätzlich sollte ich für einen gut über Suchmaschinen auffindbaren Text auch was von SEO verstehen. |
Verhalten | Wie verhalte ich mich? | Ich schreibe diesen Artikel in einem gDoc vor und gebe es im Anschluss an das Lektorat weiter. Ich habe mir eine Timebox gestellt, um den Artikel heute noch fertigzustellen. |
Umwelt | Was ist mein Kontext, wie sieht meine Umwelt aus? | Meine Umwelt: Meine Kinder wuseln um mich herum und fragen was ich mache. Deine Umwelt: Du hast vermutlich gesucht und bist auf diesem Weg zur #DNO und diesem Artikel gekommen. |
Beispiel 2: Mitarbeiter verhalten sich nicht konsistent
Du sitzt in einer Teambesprechung, besprichst und verkündest Entscheidungen. Alle Teammitglieder nicken und stimmen zu. Jedoch zweifeln nach der Sitzung Teammitglieder im 1:1 oder in Kleingruppen diese Entscheidungen an oder sie verhalten sich nicht entsprechend. Das heißt, Du erlebst inkonsistentes Verhalten und bist irritiert.
Hier ein paar Gedanken, wie Du dieses Verhalten mit dem Modell der logischen Ebenen erklären kannst bzw. welche Interventionen Du setzen kannst.
Zunächst kannst Du das Verhalten offen ansprechen und Mitarbeiter dazu ermutigen ihre Bedenken offen vorzutragen. Damit setzt Du auf der gleichen Ebene an, auf der Du das Problem beobachten kannst. Da Du ja nun Dilts Profi bist, weißt Du, dass das Ende der Fahnenstange möglicherweise noch lange nicht erreicht ist und das eigentliche Problem auf einer höheren Dilts Ebene liegen kann und Du auch andere Interventionen brauchst. Jedoch ist es völlig legitim in diesem Fall auch auf der Ebene des Verhaltens mit einer ersten Intervention anzusetzen.
Die nächste Intervention setzt Du auf der Ebene der Fähigkeiten an. Das heißt, Du könntest zum Beispiel mit deinem Team ein Kommunikationstraining machen, Moderationstechniken wie die Konsent-Moderation oder agile Retrospektiven einführen, um damit neue Fähigkeiten zu entwickeln. Denn möglicherweise haben deine Kollegen einfach nicht gelernt ihre Bedenken in großen Gruppen zu äußern oder auch Konflikte auszutragen.
Bis zur Ebene der Fähigkeiten sind Interventionen gut sicht- und handelbar. Und der Einkauf liebt Interventionen auf diesen Dilts Ebenen. Denn Maßnahmen sind gut bewertbar, Du kannst sie einfach einkaufen und die Anbieter versprechen schnelle Erfolge, um das gewünschte Verhalten zu erzielen. Was aber tun, wenn sich auch nach einem teuren Training und viel Seminar Romantik noch keine Veränderung einstellt?
Interventionen auf den Dilts Ebenen Werte und Identität
Wenn Du also mit Interventionen auf der Ebene Verhalten und Fähigkeiten noch nicht das gewünschte Ziel erreichst, dann kletterst Du in der Dilts Pyramide weiter nach oben. Dabei ist die schlechte Nachricht, dass Interventionen nun zeitlich und energetisch aufwendiger sind. Wenn Du Interventionen allerdings auf der richtigen Ebene adressierst, dann ist das Problem dauerhaft und nachhaltig gelöst.
Welche Werte und Glaubenssätze könnten also verhindern, dass Mitarbeiter Bedenken oder Einwände offen vortragen? Möglicherweise nehmen deine Mitarbeiter an bzw. haben in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass es der Karriere und ihrem Wohlbefinden nicht förderlich ist, Konflikte offen in der Gruppe in Gegenwart der Führungskraft auszutragen. Das liegt möglicherweise an Dir als Führungskraft, deinem Vorgänger oder der beruflichen Sozialisierung im Allgemeinen. In einem Gespräch mit deinen Mitarbeitern findest Du heraus, ob das Problem auf dieser logischen Ebene liegen kann. Um diesen behindernden Glaubenssatz aufzulösen, brauchen deine Mitarbeiter neue Erfahrungen. D.h. Du machst es am besten vor, wie Du offen und respektvoll mit Einwänden umgehst.
Möglicherweise steht auch die Identität, das Selbst-, Fremdbild des Teams oder der handelnden Personen dem gewünschten Verhalten im Weg. “Wir sind kein Team das seine Konflikte offen austrägt” oder vielleicht sogar “Ich bin ein gehorsamer Mitarbeiter”. Du kannst hier nur durch Gespräche und Übungen (z.B. in dem Du die Dilts Pyramide mit deinen Mitarbeitern durchgehst) ein Gespür dafür entwickeln, ob das gewünschte Verhalten durch die Identität verhindert wird. Möglicherweise hörst Du es es aber bereits an der Sprache und kannst durch persönliche Gespräche ein Gespür entwickeln, ob die Dilts Ebene Identität betroffen ist.
Die Sinnfrage als ultimative Intervention
Schließlich erklärst Du deinen Kollegen wofür es für euch als Team wichtig ist, sich vorbehaltlos auszutauschen, Bedenken oder Einwände gegen eine Entscheidung offen vorzutragen und sich im Anschluss konsistent zu verhalten. Darüber zu sprechen und als gutes Beispiel voranzugehen (bzw. diese Identität vorzuleben) ist in jedem Fall ein guter und sicher auch wirkungsvoller Startpunkt. Zudem wirst Du in einem guten Gespräch über das “Wofür” bereits viele Hinweise erhalten, welche Dilts Ebene das gewünschte Verhalten blockiert. Dabei solltest Du allerdings nicht annehmen, dass eine einmalige Erklärung des “Wofür” das Verhalten schlagartig ändert. Denn wie bereits erwähnt, brauchen Veränderungen mehr Zeit, je weiter oben sie in der Dilts Pyramide ansetzen. Es kann durchaus sein, dass dem Wofür erst einmal zuwider laufende Identitäten und behindernde Glaubenssätze im Weg stehen.
Wirkung und Aussagen der Dilts Pyramide
Bevor wir das Modell der logischen Ebenen auf deine digitale und agile Transformation anwenden, hier ein paar allgemeine Regeln und Wirkungsmechanismen der Dilts Pyramide:
- Die obere Hälfte der Dilts Pyramide lässt sich mit “Kultur” überschreiben und zusammenfassen
- Jeder nimmt Veränderungen individuell wahr, was für den einen nur eine Umweltänderung ist (z.B. neuer Firmenname nach Fusion) kann bei dem anderen eine Sinn- oder Identitätskrise auslösen. Das heißt, Du kannst Maßnahmen nie pauschal einordnen, sondern darfst sie immer bezogen auf die betreffenden Personen und im Kontext bewerten.
- Mit ein wenig Übung “hörst” Du auf welcher Ebene Menschen kommunizieren und wo ggf. eine Intervention nötig wäre.
- Interventionen für eine gewünschte Veränderung auf einer Ebene sollten mindestens auf der gleichen, besser auf einer der darüber liegenden Ebenen stattfinden.
- Je weiter oben Veränderungen stattfinden, desto schwieriger und langwieriger sind Veränderungsprozesse. D.h. während Du die Umwelt leicht ändern kannst, wird es zunehmend schwieriger je weiter Du nach oben in der Dilts Pyramide gehst.
- Die untere Hälfte der Dilts Pyramide ist gut beobachtbar / beschreibbar, die obere Hälfte dagegen eher diffus und schwammig. Gleiches gilt für die Grenzen zwischen den Ebenen. Während Umwelt, Verhalten und Fähigkeiten noch gut voneinander zu trennen sind, sind die Grenzen zwischen Werten, Identität und Sinn oft fließend.
- Auf der Ebene “Ziel und Sinn” solltest Du immer ansetzen und Interventionen auf allen Ebenen planen.
Die logischen Ebenen deiner digitalen Transformation
Warum Agilität scheitert - Doing agile statt being agile
Bei der Einführung von Agilität versäumen Unternehmen sich konsequent die Frage zu stellen, wofür Agilität als alternatives Organisationsprinzip (Ziel und Sinn) eingeführt werden soll. Damit Ziel und Sinn klar sind, sollten folgende Fragen beantwortet werden:
- Was ist mit der Einführung agiler Arbeitsweisen anders als vorher?
- Wofür ist es wichtig, dass wir uns neu organisieren?
- Was ist der konkrete Anlass uns dieser Aufgabe zu stellen?
Auch wenn es allgemeine Argumente für die Einführung agiler Arbeitsweisen gibt, wofür Agilität für ein Unternehmen wichtig ist, dürfen diese Punkte bitte unbedingt mit dem konkreten Kontext ergänzt werden, in dem sich dein Unternehmen befindet.
Agil Theater - Warum Trainings verpuffen
Statt jedoch Ziel und Sinn in den Vordergrund zu stellen, fangen Unternehmen an, die unteren Ebenen der Dilts Pyramide zu beackern. Das heißt, es werden agile Methoden geschult (Fähigkeiten), Projektteams treten plötzlich als “Scrum Teams” auf oder es werden Dailys abgehalten (Verhalten). Möglicherweise hängen an der Wand auch mehr Poster, Post-Its und Kanban Boards und das Büro fällt dem “new work” Hype zum Opfer (Umwelt).
Mit der Dilts Pyramide hast Du nun ein Erklärungsmodell, warum dieses Vorgehen mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern muss. Oder zumindest der hohe Aufwand agiler Trainings in einem schlechten Verhältnis zum Ertrag steht. Denn ohne einen höheren Sinn wird dein Unternehmen keine neue Kultur oder ein agiles Mindset entwickeln. Einige wenige Mutige, die das Vakuum eines höheren Sinns vielleicht mit eigenen Erkenntnissen ausfüllen und sich motiviert völlig neue Kompetenzen aneignen, werden schnell mit der gelebten Kultur im Unternehmen kollidieren. Das führt nach anfänglicher Euphorie schnell zu Verwirrung, Frust und viel Unsicherheit. Und je mehr Du davon säst, desto schwieriger wird das Gelingen deiner agilen Transformation.
Fehlerkultur - Warum “Fuckup-Nights” wirkungslos sind
Fehlerkultur und “fail fast” werden als neuer Business Imperativ ausgegeben. Damit ist gemeint, dass wir mutiger handeln und offen für Fehler sein sollen. Schließlich sind Fehler nur Teil der Lernkurve. Also werden “Fuckup-Nights” veranstaltet in denen Führungskräfte mutig von ihren größten Fehlern berichten. Wie bewertest Du dieses Vorgehen mit dem Wissen über die Dilts Pyramide? Auf welcher Dilts Ebene finden Fuckup-Nights statt und was wären ggf. wirksamere Interventionen, um eine Kultur des Lernens zu etablieren?
"Fuckup-Nights" sind nur Umwelt
Für einen Besucher sind “Fuckup-Nights” erstmal nur eine Veränderung der Umwelt. Ich treffe nette Menschen, kriege was zu Essen und zu Trinken und Kollegen machen auf der Bühne einen Seelen-Striptease. Ein wenig Popcorn dazu und es ist wie im Kino. Selbst für die Protagonisten auf der Bühne ist es zunächst nur eine Änderung des Verhaltens. Sicher kostet es sie Überwindung und möglicherweise werden sie auch behindernde Glaubenssätze einfach ignorieren. Aber was ist der höhere Sinn und das Ziel dieser Veranstaltung? Offensichtlich sollen Mitarbeiter, keine Angst vor Fehlern haben und auch bereit sein aussichtslose Projekte schneller zu beenden.
Hindernisse auf den oberen Ebenen der Dilts Pyramide
Wenn ich in einen Flieger steige, bin ich ein großer Freund davon, dass die Ziele, Identität von Technikern und Piloten auf “Null-Fehlertoleranz” gepolt sind. Ich mag dann auch keine ermutigenden Glaubenssätze wie “wird schon nichts passieren”, wenn Techniker eine lockere Schraube entdecken. Das heißt, es gibt Umgebungen da ist Sicherheit ein überlebenswichtiger Bestandteil des Sinns. Oder ein altes patriarchalisches Führungssystem hat von den Mitarbeitern jahrzehntelang verlangt “fehlerfrei” zu arbeiten und es ist zu einem wichtigen Teil der Identität geworden. Vielleicht haben Mitarbeiter auch die Erfahrungen gemacht und es ist Teil ihrer Werte möglichst unauffällig zu agieren. Vielleicht haben sie es auch nur nicht gelernt, Fehler einzugestehen oder gescheiterte Projekte mit erhobenem Haupt zu beenden (Fähigkeiten).
Auch Fehlerkultur braucht ein höheres Ziel
Wenn Du also Fehlerkultur willst, dann darfst Du erst mal eine Antwort liefern wofür es wichtig ist Fehler zuzulassen. Das heißt, für welche Aktivitäten und in welchem Kontext wäre eine neue Fehlerkultur angebracht? Im Anschluss gilt es vor allem in deiner Organisation und deinem Team über diesen Sinn zu reden und zu reflektieren, was dieses neue Ziel mit der Identität deiner Organisation oder deines Teams macht. Schließlich darfst Du sensibilisiert dafür sein, dass Werte und Glaubenssätze dem Wunsch nach mehr Fehlerkultur entgegenstehen können. Erst wenn Du ein klares Bild der oberen Dilts Ebenen gewonnen und vor allem ein klares “Wofür” kommuniziert hast, dann spricht auch nichts gegen die Durchführung einer “Fuckup-Night”.
Digitalisierung statt digitaler Transformation
Mit den Dilts Ebenen kannst Du auch den Unterschied zwischen digitaler Transformation und Digitalisierung erklären. Oder warum es deutlich leichter fällt Prozesse zu digitalisieren als sein Unternehmen digital zu transformieren.
Digitalisierung findet auf den unteren Ebenen statt
Unternehmen, die digitalisieren, arbeiten fast ausnahmslos auf den unteren Ebenen der Dilts Pyramide. Das damit verbundene und wenig inspirierende Ziel ist es, effizienter zu werden. Das heißt, es werden Prozesse digitalisiert und Mitarbeiter geschult (Fähigkeiten) auf diesen neuen Prozessen mit neuen Tools zu arbeiten. Gemäß den neuen Abläufen ändert sich vielleicht auch deren Verhalten. Mitarbeiter haben mobile Arbeitsplätze, größere Bildschirme und werden alle mit einem iPad ausgestattet (Umwelt). Aber ein “neues Denken” bzw. eine neue Kultur (die oberen Ebenen der Dilts Pyramide) liegen deswegen noch nicht in der Luft.
Dieses Vorgehen erinnert an Fabriken nach der Einführung der Elektrizität. Statt die neuen elektrischen Maschinen so anzuordnen, dass die Produktion und Zusammenarbeit optimal gelingt, wurden auch die neuen Maschine ; entlang der Wasserführung aufgestellt. Das heißt, auch die mit Strom betriebenen Maschinen wurden so angeordnet wie die durch Wasserdampf betriebenen Maschinen.
Warum Slack dein Unternehmen nicht revolutioniert
Dieser Effekt ist vor allem dann gut zu beobachten, wenn neue Kommunikationsplattformen wie z.B. Slack oder ein modernes Social Enterprise System eingeführt werden. Zunächst sind das in der Dilts Logik nur Änderungen der Umwelt. Diese werden ggf. mit einem Training begleitet, um ein gewünschtes neues Verhalten zu erreichen. Nach sechs Monaten schaust du in deine Slack Channels und stellst fest, dass die neue Plattform ein Software Friedhof ist. Denn statt eure Kommunikationskultur zu verändern, habt ihr nur Geld für Software und Trainings ausgegegeben und vergessen die oberen Dilts Ebenen zu beackern.
Digitale Transformation findet “oben” statt
Dagegen findet echte digitale Transformation erst statt, wenn Du auch auf den oberen logischen Ebenen deiner Organisation arbeitest. Das heißt, Du brauchst ein höheres Ziel, eine Vision und gute Antworten auf die Fragen, wieso es morgen noch besser werden kann als gestern. Wenn Du also merkst, dass Du mit vermeintlich einfachen Software- und Digital-Vorhaben auf Widerstände stößt, dann vielleicht weil Mitarbeitern Werte, Glaubenssätze, Identität oder vielleicht sogar der höhere Sinn nicht klar sind oder auch im Widerspruch zu der gelebten Kultur stehen. Um dem entgegenzuwirken brauchst Du von Beginn inspirierende Ziele für deine digitale Transformation. Und viel Zeit.
Fazit - Veränderungsdynamik wird mit Dilts transparent
Das Modell der logischen Ebenen bietet Dir einen Ordnungsrahmen, um die Dynamik von Veränderungsprozessen zu verstehen und zu gestalten. Vielleicht hast Du bereits jetzt schon erste Aha-Effekte, warum die ein oder andere Veränderung schwieriger als erwartet war oder Maßnahmen völlig verpufften. Mit der Dilts Pyramide weißt Du nun, dass Widerstand oder wirkungslose Maßnahmen Anzeichen dafür sind, dass Du auf der falschen Dilts Ebene unterwegs bist.
Veränderungen sind nicht einfach. Und das gilt im besonderen für deine digitale Transformation. Denn hier verändert sich mehr als Prozesse, Abläufe und Arbeitsplätze. Denn wenn Du dein Unternehmen auf die Bedürfnisse digitaler Märkte ausrichten willst, dann heißt das ganz oben in der Dilts Pyramide zu starten, um die Herausforderungen der Digitalisierung erfolgreich zu meistern.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
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