Agile Methoden Übersicht – Die wichtigsten agilen Arbeitsmethoden
Agile Methoden sind Arbeitstechniken, die den Kunden in den Fokus stellen und schnelle Reaktionen auf Veränderungen ermöglichen. Dazu setzen agile Arbeitsmethoden auf crossfunktionale Teams, Selbstorganisation und die kontinuierliche Bereitstellung von fertigen Arbeitseinheiten.
So profitieren Organisationen durch agile Methoden von einer höheren Flexibilität und engeren Kundenbindung und sind durch den iterativen Prozess des Ausprobierens & Lernens in der Lage, auch komplexe Probleme zu lösen.
In diesem Beitrag stelle ich dir die wesentlichen Merkmale und die wichtigsten agilen Modelle vor. Wenn Du verstehen möchtest, wie ganze Organisationen sich agil organisieren, dann findest Du hier eine Einführung zu agilen Frameworks.
Definition Agile Methoden
Agile Methoden haben ihren Ursprung in der Softwareentwicklung in den 1990er Jahren. Anlass für diese neuen Formen der Zusammenarbeit war die Limitierung traditioneller Vorgehensmodelle in der Softwareentwicklung. Daraufhin suchten Entwickler nach flexibleren Ansätzen, um komplexe Anforderungen umzusetzen und rasch auf Veränderungen reagieren zu können. Heute finden agile Methoden auch über die Softwareentwicklung hinaus in vielen Bereichen Anwendung.
Merkmale agiler Arbeitsmethoden
Agile Methoden teilen eine Reihe von grundlegenden Merkmalen. Diese wesentlichen Merkmale unterscheiden agile Methoden von traditionellen Arbeitsmethoden:
- Kundenfokus und aktive Einbeziehung des Kunden,
- Empowerment und Selbstorganisation der Teams,
- Geschwindigkeit, schnelles Lernen,
- Konkrete fertige Arbeitsergebnisse,
- Einfachheit und Fokus,
- Transparenz, sichtbarer Fortschritt und offene Kommunikation,
- Kontinuierliches Lernen (Kaizen), d.h. eine permanente Überprüfung des erzielten Fortschrittes und Anpassung an Veränderungen.
Dabei sind agile Methoden stark von Lean Prinzipien beeinflusst. Die Werte und Prinzipien agiler Modelle sind im agilen Manifest dokumentiert.
Wann ist der Einsatz agiler Methoden sinnvoll?
Die Anwendung agiler Arbeitsmethoden ist unter folgenden Voraussetzungen sinnvoll.
- Komplexität: Aufgaben können nicht abschließend beschrieben werden, sind durch viele Variablen und Abhängigkeiten gekennzeichnet.
- Hohe Unsicherheit: d.h. Du kennst den genauen Lösungspfad nicht.
- Dynamik: Anforderungen an die Umsetzung verändern sich laufend.
Diese Voraussetzungen führen zu einem hohen Risiko in der Umsetzung. Agile Methoden helfen dir, diese Risiken zu managen. Das heißt, schlicht gesagt sind agile Arbeitsmethoden nichts weiter als ein Instrument zur Risikokontrolle und Risikominimierung. Als Erklärungsmodelle für den sinnvollen Einsatz agiler Methoden werden sehr oft auch die Stacey Matrix und das Cynefin-Modell herangezogen.
Was Du von agilen Methoden erwarten darfst
Wenn Du weder die Anforderungen noch die Lösung abschließend beschreiben kannst, dann ist Ausprobieren und Lernen das einzige valide Vorgehen. Das setzt voraus, dass Du mit Annahmen arbeitest, Lösungen mit und am Kunden ausprobierst und dein Vorgehen immer wieder anpasst. Denn nur so kannst Du komplexe Aufgaben begreifen, damit verbundene Anforderungen, Lösungswege und geeignete Strategien identifizieren. Dabei geben agile Methoden diesem iterativen Vorgehen eine Struktur. Dazu legst Du Autonomie und Entscheidungen in die Hände umsetzender Teams, etablierst Kommunikationsrituale und -regeln für maximale Synchronisation und Transparenz. Gleichzeitig achtest Du darauf, dass Arbeit end-to-end entlang von Wertströmen organisiert ist, statt in funktionalen Silos wie am Fließband vor 100 Jahren. Damit versetzt Du Teams und Organisationen in die Lage in dynamischen und komplexen Umfeldern erfolgreich zu sein.
Agile Methoden vs Agile Frameworks
Agile Methoden sind sehr konkret und spezifisch. Dagegen liefern agile Rahmenwerke allgemeinere Strukturen, die Raum für Anpassungen lassen. Um das in eine Metapher zu übersetzen: wenn agile Methoden Kochrezepte sind, dann sind agile Rahmenwerke ein gesamter Ernährungsplan. Zudem adressieren agile Methoden fast immer die Zusammenarbeit in Teams, agile Rahmenwerke dagegen die Zusammenarbeit in Organisationen. Allerdings ist eine Unterscheidung eher “theoretischer” Natur und soll dir nur helfen, die unterschiedlichen agilen Methoden und Rahmenwerke zu verstehen. In der Praxis sind die Grenzen zwischen agilen Methoden und agilen Rahmenwerken fließend, gerade wenn Du dir skalierte Scrum Formate anschaust.
Agile Methoden | Agile Frameworks | |
---|---|---|
Merkmale | Konkret, spezifisch | Strukturen und Richtlinien |
Kontext | Teams | Organisationen |
Metapher | Kochrezept | Ernährungsplan |
Übersicht der fünf wichtigsten agilen Methoden
In der folgenden Übersicht agiler Arbeitsmethoden findest Du die wichtigsten agilen Modelle, im weiteren Verlauf findest du eine Zusammenfassung und weitere Links zu den hier vorgestellten agilen Arbeitsmethoden.
Agile Methode | Sinn / Zweck |
---|---|
Design Thinking | Design Thinking ist ein iterativer sechsstufiger Prozess zur Lösung von Problemen, das Erstellen und Testen von Prototypen. |
Lean Startup | Lean Startup ist ein iterativer Zyklus zur Entwicklung minimal funktionsfähiger Produkte (MVP) unter ständiger Einbeziehung des Kunden. |
Scrum | Scrum organisiert Teams durch die Vergabe von klaren Verantwortungen, der Definition von feststehenden Aktivitäten und Meetings. |
Kanban | Kanban betont kontinuierlichen Arbeitsfluss, um Engpässe zu identifizieren und die Prozesseffizienz zu erhöhen. |
Extreme Programming (XP) | XP ist eine agile Methode aus der Softwareentwicklung, bei der zwei Entwickler gemeinsam programmieren. |
Design Thinking - Erst das Problem, dann die Lösung
Design Thinking ist eine agile Methode zur Lösung komplexer Probleme. Dabei stellt Design Thinking als agile Methode konsequent die Bedürfnisse und Perspektiven des Nutzers in den Mittelpunkt, um innovative und passende Lösungen zu finden. Dazu gehen crossfunktionale Teams typischerweise durch die folgenden sechs Stufen des Design Thinking Prozesses:
- Verstehen: Was beobachten wir, wer hat welche Herausforderung?
- Beobachten: Lerne den Nutzer durch Beobachtung und erste Interviews kennen.
- Standpunkt: Formuliere auf Basis deiner Beobachtungen einen Standpunkt: Was ist das zu lösende Problem und wer ist überhaupt der Kunde?
- Ideen: Sammle Ideen wie Du das Problem lösen könntest
- Prototyping: Baue einen Prototypen, einfach und schnell mit den dir zur Verfügung stehenden Mitteln.
- Testen: Teste deinen Prototypen mit Kunden und erhalte Feedback.
Diesen Prozess durchlaufen Teams so lange, bis sie eine Lösung identifiziert haben, die zu den Anforderungen des Kunden passt. Wie andere agile Methoden betont auch Design Thinking schnelle Iteration, crossfunktionale Zusammenarbeit und Anpassungsfähigkeit. Dabei kannst Du Design Thinking frei praktizieren oder auch in strukturierten Formaten:
- Design Thinking Workshops, um Design Thinking kennenzulernen und erstmals auszuprobieren.
- Design Sprint: Ein fünftägiges Format, um im Team an konkreten Produkt- und Leistungsmerkmalen zu arbeiten.
- Hackathons: Ein Format für beliebig viele Teams und Gruppen, um 72 Stunden ausgewählte Lösungen zu ausgewählten Frage- und Problemstellungen Lösungen zu prototypen.
Lean Startup - Produkte und Geschäftsmodelle iterativ entwickeln
Lean Startup ist eine agile Methode, um minimal funktionsfähige Produkte (MVP’s) unter ständiger Einbeziehung des Kunden zu bauen. Dabei geht ein Lean Startup Zyklus über drei Stufen:
- Build: Baue eine erste minimale Version deines Produktes.
- Measure: Lass den Kunden dein Produkt nutzen, erhebe quantitatives und qualitatives Feedback.
- Learn: Ziehe Rückschlüsse für dein Produkt und entwickele die nächste Version deines Produktes.
Durch dieses iterative Vorgehen und die Einbeziehung des Nutzers lernst Du frühzeitig, was unbedeutende und was wichtige Merkmale deines Produktes sind. Anders als Scrum hat Lean Startup als agile Methode keinen so festen Rahmen, ist allerdings auch nicht mehr so explorativ wie Design Thinking.
Scrum - Agile Methode für Teams
Scrum ist sicherlich die bekannteste agile Methode und mittlerweile auch weit über die Grenzen der Softwareentwicklung hinaus im Einsatz. Dabei arbeitet das Scrum-Team in kurzen Iterationen von 1 bis 4 Wochen (Sprints) an der Fertigstellung konkreter Arbeitsergebnisse. Die wesentlichen Merkmale und Säulen der agilen Methode Scrum:
- Rollen: Scrum definiert klare Verantwortungen über die Rollen des Product Owner (definiert Anforderungen und Prioritäten), das Entwicklungsteam (führt die Arbeit aus) und den Scrum Master (coacht das Team im Scrum-Prozess).
- Sprints: Zeitlich begrenzte Arbeitsphasen (meist 2-4 Wochen), in denen ausgewählte Aufgaben aus dem Backlog fertiggestellt werden.
- Backlog: Das Backlog ist eine Liste von umzusetzenden Anforderungen. Das Backlog wird durch den Product Owner priorisiert.
- Inkrement: Das Arbeitsergebnis zum Ende eines Sprints, das potentiell an den Kunden ausgeliefert werden kann.
- Meetings: Jeder Scrum Sprint startet mit einem gemeinsamen Planning, endet mit einer Demo der erzielten Arbeitsergebnisse und Retrospektive des Teams, um seine Zusammenarbeit zu verbessern. Während des Sprints synchronisiert sich das Team täglich in einem Daily Standup.
Wie andere agile Methoden basiert Scrum auf Transparenz, Anpassungsfähigkeit und enge Zusammenarbeit, um schnell auf Veränderungen zu reagieren und qualitativ hochwertige Ergebnisse liefern zu können. Während Scrum die Arbeit von einem Team organisiert, gibt es auch skalierte Scrum Versionen, mit denen eine Vielzahl von Teams zusammenarbeitet.
Kanban - Die Unsichtbare Hand der Arbeit
Kanban ist eine agile Methode mit Ursprung in der japanischen Lean Production. Im Gegensatz zu anderen agilen Methoden basiert Kanban nicht auf Iterationen, sondern legt den Fokus auf einen kontinuierlichen Arbeitsfluss. Dazu gehst Du mit der agilen Methode Kanban wie folgt vor.
- Visualisierung des Arbeitsflusses: Auf einem Kanban-Board werden alle Aufgaben (oft als Karten dargestellt) sichtbar gemacht. Dabei ist der Arbeitsfluss typischerweise unterteilt in Spalten wie "Zu erledigen", "In Arbeit" und "Fertig". Das erfordert u.a. ein klares Verständnis, wann eine Aufgabe als "fertig" betrachtet wird.
- Pull-Prinzip: Arbeit wird nicht delegiert, sondern nach dem “Pull-Prinzip” organisiert. Das heißt, wenn ein Team oder Mitarbeiter freie Kapazitäten hat, dann zieht er sich passende Aufgaben. So wird der Arbeitsfluss selbstorganisiert gesteuert.
- Limitierte Work-in-Progress (WIP): Um Überlastung zu vermeiden, wird die Anzahl der Aufgaben, die in einer bestimmten Phase bearbeitet werden können, begrenzt.
- Fluss steuern: Durch ständiges Beobachten und Anpassen des Arbeitsflusses wird versucht, Engpässe zu identifizieren und zu beseitigen. Dabei folgst Du der Annahme, dass dein System nur so leistungsfähig ist, wie das schwächste Glied in deiner Kette.
- Feedbackschleifen: Regelmäßige Meetings direkt vor dem Kanban-Board helfen dem Team, den Fortschritt zu überwachen und den Prozess anzupassen.
- Kontinuierliche Verbesserung: Das Team reflektiert regelmäßig den aktuellen Prozess und sucht nach Wegen zur Optimierung.
Wie andere agile Methoden betont Kanban Transparenz und Selbstorganisation, um den Arbeitsfluss zu verbessern und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Es fördert die ständige Lieferung von Wert und die Minimierung von Verschwendung.
Extreme Programming (XP)
Extreme Programming (XP) ist eine agile Methode in der Softwareentwicklung. Jedoch kannst Du die wesentlichen Merkmale der agilen Methode XP auch auf andere Kontexte transferieren.
- Paarprogrammierung: Zwei Entwickler arbeiten gemeinsam an einem Computer, wobei einer programmiert und der andere überprüft. Ein einfaches vier Augen Prinzip mit einem Piloten und einem Co-Piloten, das Zusammenarbeit und Qualität fördert.
- Kontinuierliche Integration: Regelmäßige Überprüfungen und -integrationen des Softwarecodes. Damit reduzierst Du Risiken und schaffst frühzeitig Wert.
- Test-Driven Development: Tests werden vor dem eigentlichen Software Code geschrieben, das erhöht das Verständnis für die zu lösenden Aufgaben.
Das Ziel der agilen Methode XP ist, effizient und nachhaltig qualitativ hochwertige Software zu entwickeln.
Weitere Agile Praktiken und Techniken
Über die hier vorgestellten agilen Methoden hinaus gibt es viele weitere agile Praktiken und Techniken. Um in der Metapher von oben zu bleiben: Wenn agile Methoden Kochrezepte sind, dann sind agile Praktiken einzelne Zutaten. So findest Du einzelne dieser agilen Praktiken auch in agilen Methoden wieder. Jedoch kannst Du einzelne agile Praktiken auch unabhängig von der agilen Methode einsetzen. In diesem Beitrag findest Du eine umfangreiche Übersicht agiler Praktiken und Techniken.
- Daily Stand Up: Ein tägliches Meeting, um das Team zu synchronisieren und sicherzustellen, dass alle auf dem richtigen Weg sind.
- User Stories: Eine agile Technik zur Erfassung von Produktanforderungen aus der Perspektive des Endbenutzers.
- Story Mapping: Eine Technik zur Visualisierung von User Stories und zur Priorisierung von Arbeit.
- Retrospektiven: Ein regelmäßiges Meeting, bei dem Teams über ihre Arbeit und ihre Prozesse reflektieren und Wege zur Verbesserung identifizieren.
Fazit - Agile Methoden brauchen “Mindset”
Agile Methoden sind unverzichtbar, wenn Teams und Organisationen mit hoher Dynamik und Komplexität konfrontiert sind. Jedoch erfordert der Einsatz agiler Methoden auch ein völlig neues Mindset. Transparenz, offene Kommunikation und eine ständige Überprüfung und Anpassung erfordern agile Werte wie Mut, Vertrauen und die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Wenn Du diese Haltung mit Prozesstreue und Disziplin kombinierst, dann steht deinem Erfolg mit agilen Methoden nichts im Weg. “Trust the process”.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
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