Digitale Neuordnung Agilität Agile Prinzipien – Leitlinien für die Arbeit unter agilen Vorzeichen

Agile Prinzipien – Leitlinien für die Arbeit unter agilen Vorzeichen

25. August 2020

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Agile Prinzipien – Leitlinien für die Arbeit unter agilen Vorzeichen

25. August 2020

von

Andreas Diehl

Agile Prinzipien beschreiben allgemeingültige Spielregeln für die Arbeit unter agilen Vorzeichen und sind Voraussetzung dafür, dass Agilität in einem Unternehmen wirksam werden kann.

Die wichtigsten agilen Prinzipien:

  • Gemeinsame Ziele und Leitbilder
  • Kundenzentrierung
  • Autonome und selbstorganisierte Teams
  • Überprüfung und Anpassung
  • Takt und Kontinuität
  • Fokussierung
  • Persönliche Kommunikation
  • Einfachheit
  • Konkrete Arbeitsergebnisse

Im agilen Manifest findest Du eine Mischung aus agilen Werten und Prinzipien. In diesem Beitrag stelle dir die wichtigsten agilen Prinzipien vor und zeige dir, wie Du in deinem Unternehmen mit agilen Prinzipien arbeiten kannst. Mehr zu agilen Werten findest Du in diesem Beitrag.

Was genau sind agile Prinzipien?

Prinzipien lat. principium – Anfang, Ursprung, Grundlage

Ein Prinzip beschreibt allgemeingültige Grundsätze, die sich für den Aufbau eines ganzen Wissensgebietes eignen. So wie Lean Prinzipien die Basis des Lean Management sind, beschreiben agile Prinzipien allgemeingültige Spielregeln für die Arbeit unter agilen Vorzeichen. 

Leider wird die Frage, was agile Prinzipien sind, vorschnell mit einem Verweis auf das agile Manifest beantwortet. Dort haben die Begründer der modernen agilen Bewegung in 2001 grundlegende Leitvorstellungen für die Zusammenarbeit in agilen Teams formuliert. Jedoch wirst Du bei einer genauen Auseinandersetzung feststellen, dass dort Werte und Prinzipien vermischt werden und es keine abschließende und konkrete Erklärung bietet, was agile Prinzipien wirklich sind.

Agile Pyramide – Agile Prinzipien, Werte und Methoden

Mit der agilen Pyramide erklärst Du das Zusammenspiel von agilen Prinzipien, Werten und agilen Methoden.

Die agile Pyramide verdeutlicht das Zusammenspiel zwischen agilen Werten, Prinzipien, Praktiken und agilen Methoden
Die agile Pyramide verdeutlicht das Zusammenspiel zwischen agilen Werten, Prinzipien, Praktiken und agilen Methoden – ©Andreas Diehl

Dabei sind agile Werte Leitvorstellungen für den persönlichen Umgang von Mitarbeitern. Dagegen definieren agile Prinzipien allgemeingültige und nicht verhandelbare Handlungsleitlinien für die Arbeit in agilen Teams und Organisationen. Diese Spielregeln werden dann wiederum in Praktiken und Methoden weiter formalisiert und operationalisiert.

Nachfolgend findest Du ein Beispiel um das Zusammenwirken von agilen Prinzipien mit Werten, Praktiken und Methoden besser zu verstehen.

  • Agiler Wert: Der Wunsch sich ständig zu verbessern. 
  • Agiles Prinzip: Ständige Überprüfung und Anpassung.
  • Praktik: Reviews und Retrospektiven. 
  • Methoden: Scrum oder OKR, beide Methoden bedienen sich (in anderem Takt) den Praktiken Review und Retrospektiven mit klar definierten (zeitlichen) Regeln.
Agile Prinzipien werden in agilen Praktiken und Methoden ritualisiert und formalisiert.
Agile Prinzipien werden in agilen Praktiken und Methoden ritualisiert und formalisiert – ©Andreas Diehl

In einem anderen Beitrag erkläre ich eingehend, was der Unterschied zwischen agilen Werten und agilen Prinzipien ist. 

Agile Prinzipien – Unter welchen Regeln wollen wir zusammenarbeiten?

Agile Prinzipien beschreiben also einen universellen Handlungsrahmen für agile Teams und Organisationen. Wenn Du diese agilen Prinzipien verletzt, darfst Du dich fragen, ob Du wirklich agil arbeitest. Denn dann besteht die Gefahr, dass Du zwar Praktiken und Methoden anwendest, damit zwar deine Umwelt und Verhalten veränderst, aber keine wirklich agile Transformation stattfindet.

Um das zu vermeiden, solltest Du in deinem Team und deiner Organisation die folgenden konstituierenden agilen Prinzipien diskutieren und verstehen bevor Du agile Methoden einführst.

  1. Gemeinsame Ziele und Leitbilder
  2. Kundenzentrierung – Für wen eigentlich?
  3. Teams – Autonome und selbstorganisierte Teams
  4. Überprüfung und Anpassung
  5. Takt und Kontinuität
  6. Fokussierung – Limitierung der laufenden Arbeiten
  7. Persönliche Kommunikation
  8. Einfachheit –  Die Kunst zu wissen was überflüssig ist

Gemeinsame Ziele und Leitbilder

Das erste agile Prinzip sind gemeinsame Ziele und Leitbilder. Ein gemeinsames Verständnis innerhalb eines Teams oder einer ganzen Organisation ist der Nährboden auf dem agiles Arbeiten überhaupt gedeihen kann. Ich behaupte sogar, dass ohne dieses grundlegende agile Prinzip Agilität gar nicht möglich ist. Um Leitbilder in Unternehmen zu beschreiben, werden unterschiedliche Formate wie z.B. Purpose, Vision und Mission verwendet. Die Formulierungen dazu sind jedoch oft sehr schwammig oder an der Grenze zur Bedeutungslosigkeit. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es wichtiger ist irgendetwas zu formulieren, als sich um die Beantwortung der eigentlich damit verbundenen Fragen zu kümmern. 

Denn in meinem Verständnis geht es bei gemeinsamen Leitbildern vor allem um zwei wesentliche Fragen. Nämlich “warum” und “wofür” eigentlich. Im “Warum” spiegelt sich das  Selbstverständnis, die Daseinsberechtigung und der tiefere Sinn eines Teams oder einer Organisation. Dabei ist das “Warum” primär vergangenheits- und gegenwartsbezogen und wird als Purpose oder auch Mission ausformuliert. 

Ziele für Teams und Organisationen

Dagegen ist das “wofür” zukunftsorientiert und richtet eine Organisation auf in der Zukunft liegende Ziele aus. Auf Ebene einer Organisation beschreiben Visionen oder BHAG`s (“Big Hairy Audacious Goals”) langfristige Ziele für die nächsten Jahre oder gar Jahrzehnte. Für ein Team, das dauerhaft an einer Leistung oder einem Produkt arbeitet, würdest Du dagegen eine Produktvision definieren. Auf einer kurzfristigen operativen Ebene findest Du dann Projektziele, Ziele innerhalb eines OKR Zyklus oder monatliche Sprint Ziele. Dabei ist es wichtig, dass die kurzfristigen die langfristigen Ziele unterstützen und dass alle Ziele im Einklang mit dem Selbstverständnis, dem “Warum” der Organisation stehen. Durch dieses Zusammenspiel entstehen gemeinsame Leitbilder als wichtiges agiles Prinzip. Besteht an dieser Stelle ein Vakuum fangen Organisationen an mit viel Steuerung, Handlungsleitlinien und Vorgaben in eine gemeinsame Richtung zu führen. Statt dessen sollten sie lieber an gemeinsamen Leitbildern arbeiten. 

Kundenzentrierung – Für wen eigentlich?

Das zweite agile Prinzip ist eine konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Kunden. Das heißt nicht blind das zu machen wonach der Kunde verlangt. Zum einen gleichst Du den Wunsch des Kunden mit den höheren Zielen deines Teams und deiner Organisation ab. Zum anderen bedeutet Kundenzentrierung als agiles Prinzip, sich systematisch mit den Bedürfnissen des Kunden auseinanderzusetzen und den Kunden aktiv in die Leistungserstellung einzubeziehen. Das heißt, Du gehst davon aus, dass der Kunde gar nicht weiß was er genau braucht, solange bis er einen Prototyp von Dir in den Händen hält und Dir dazu ein Feedback geben kann. 

In einer agilen Denkweise steht der erwartete Kundennutzen (“User oder Customer Value”) immer an erster Stelle. Die Frage wie dein Unternehmen profitiert (“Business Value”) ist nicht unwichtig, aber zweitrangig. Das heißt, erst wenn der Kundennutzen verstanden ist, widmest Du dich der Frage, wie dein Unternehmen profitiert. Wenn dir diese Sichtweise zu einseitig ist, dann hilft Dir vielleicht eine Betrachtung aus dem Design Thinking. Hier muss jedes Vorhaben drei Prüfungen bestehen. Erstens ist es vom Kunden gewollt, zweitens wirtschaftlich und drittens auch machbar bzw. Realistisch umsetzbar. Diese Denkweise hilft das agile Prinzip der Kundenzentrierung griffig zu operationalisieren.

Autonomie – Selbstorganisierte und bevollmächtigte Teams 

Das dritte agile Prinzip sind autonome und bevollmächtigte Teams. Das heißt, Teams sind ermächtigt sich selbst zu organisieren und eigene Entscheidungen zu treffen. Damit diese Freiheit nicht in Chaos ausartet oder Du das Risiko eingehst, dass alle in unterschiedliche Richtungen laufen, ist das erste agile Prinzip, also ein gemeinsames Verständnis der gemeinsamen Ziele, eine zwingende Voraussetzung. Das gilt innerhalb des Teams und übergreifend für alle Teams. Denn ein Team agiert ja nicht auf der grünen Wiese, sondern dient dem höheren Ziel der Organisation. Wenn jeder macht was er will, dann braucht es keine gemeinsame Organisation. 

Basierend auf der Bereitschaft den höheren Zielen der Organisation zu dienen und getragen von dem Commitment jedes einzelnen Teammitglieds, formuliert das Team eigene Ziele, die wiederum den höheren Zielen der Organisation dienen. Damit ein Team selbstwirksam und autonom handeln kann, braucht ein Team alle notwendigen Mittel und Kompetenzen, um die sich selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Wenn Abhängigkeiten bestehen, dann ist das Team in seiner Selbstwirksamkeit und Autonomie gefährdet. Dann werden sich Teams und einzelne Mitglieder auch nicht auf eine Zielerreichung verpflichten können. 

Das Team weiß am besten was es braucht

Selbstorganisierte Teams wissen am besten welche Werkzeuge und Methoden Ihnen helfen ihre Zusammenarbeit zu gestalten und zu verbessern. Diese Diskussion wird dann vor allem in regelmäßigen Retrospektiven kritisch geführt. Den einzigen nicht verhandelbaren Rahmen, den ein Team zu akzeptieren hat, sind die, in diesem Beitrag formulierten, agilen Prinzipien. Ob das Team dann mit einem digitalen oder offline Kanban Board arbeitet, OKR formuliert oder einem Scrum Prozess folgt, kannst Du dem Team überlassen. Ganz nach dem Motto “wenn es nicht einfach geht, dann stimmt was nicht” wird das Team lernen, was am besten funktioniert. Zumindest solange sie sich an diese wichtigen agilen Prinzipien halten.

Teamgröße – Die Pizza Regel

Agile Teams sind klein, um handlungsfähig und wendig zu bleiben. Wie viel Mitglieder ein agiles Team genau hat, hängt nach meinem Verständnis von der agilen Reife der handelnden und involvierten Personen ab. Als Faustregel würde ich sagen, je weniger geübt im agilen Arbeiten, desto kleiner das Team. Wenn Du z.B. eine geringe agile Reife hast und Teammitglieder das erste mal in einem agilen Setup arbeiten, würde ich das Projektteam mit max. 5 Personen besetzen. Je kleiner, desto geringer der Overhead bei der Organisation, Kommunikation und Terminfindung. Es ist besser 2-3 Leute zu haben, die mit hohem zeitlichen Fokus an einem Projekt arbeiten, als zehn Mitglieder, die alle ein bisschen was machen (siehe dazu auch das agile Prinzip “Fokus”). Bei amazon wird dieses kritische Erfolgsrezept mit der Zwei-Pizza-Regel umgesetzt. An einem Meeting dürfen nicht mehr Personen teilnehmen, als Du mit zwei Pizzen satt bekommst. 

Überprüfung und Anpassung 

Das agile Prinzip der Überprüfung und Anpassung bedeutet, dass Du inhaltliche Ausrichtung und gewählte Vorgehensweisen in sehr regelmäßigen Abständen einer kritischen und konstruktiven Überprüfung erzielst. Dabei findet eine inhaltliche Überprüfung auch unter Einbeziehung des Kunden statt. Durch diese direkte Auseinandersetzung mit dem Kunden werden falsche Annahmen und die wirklichen Leistungstreiber aus Kundensicht identifiziert. Dagegen ist die Überprüfung und Anpassung der Zusammenarbeit ein rein interner Prozess. 

Dieses wichtige agile Prinzip der Überprüfung und Anpassung wird durch Reviews (Inhalt) und Retrospektiven (Prozess) operationalisiert und ist ein fester Bestandteil  z.B. im Scrum-Framework oder der OKR-Methode. Dabei sind die gesammelten Erkenntnisse die Basis für Verabredungen und Anpassungen für das kommende Intervall. Das agile Prinzip der Überprüfung und Anpassung wird durch agile Werte wie Freude am Lernen und dem Wunsch nach ständiger Verbesserung getragen. 

Takt und Kontinuität

Das nächste agile Prinzip ist Takt und Kontinuität. Das heißt, Du organisierst deinen Arbeitsablauf nach einem fest definierten Rhythmus. Im Lean Management findest Du diese Forderung unter dem Schlagwort “generate flow”. Bildhaft gesprochen, entsteht durch regelmäßigen Takt ein Rhythmus nach dem agile Teams sich bewegen. Wenn Du musikalisch bist und dieser Metapher folgst, dann kannst Du dir das agile Prinzip Takt auch gut mit einem Metronom vorstellen. Diese Form der Gleichmäßigkeit und Kontinuität vereinfacht Abläufe und senkt den internen Koordinationsaufwand. Zudem entsteht mit einem regelmäßigen Takt Vorhersagbarkeit und Sicherheit bei allen Beteiligten, das stärkt wiederum die Kooperation und Lernfähigkeit

Wie Takt und das agile Prinzip der Anpassung zusammen spielen

Bezogen auf das agile Prinzip der Überprüfung bedeutet Takt, dass Anpassungen nicht adhoc oder willkürlich stattfinden, sondern einem festen Rhythmus folgen. Im Scrum Framework beträgt die maximale Taktzeit bzw. ein Sprint maximal 4 Wochen, in einem OKR Prozess folgst Du einem 3-4 monatigen Takt. Aber auch die agile Praktik eines “Daily Huddles” folgt dem agilen Prinzip des Taktes, nämlich täglich. Und erst durch das agile Prinzip des Taktes werden regelmäßige Reviews und Retrospektiven dauerhaft wirksam. Dabei gilt als Faustregel, dass je kürzer dein Takt ist, desto schneller wird auch deine Lernkurve sein. Deswegen sind vor allem in einem frühen Projekt- oder Produktlebenszyklus und hoher Unsicherheit kurze Taktungen extrem wichtig. Dabei ist dein Ziel die Durchlaufzeit von der Idee zur Auslieferung zu minimieren. Je reifer dein Vorhaben ist, desto wichtiger ist Kontinuität und eine sehr regelmäßige Lieferung von Arbeitsergebnissen. 

Fokussierung – Limitierung der laufenden Arbeiten

Ich glaube, es gibt kaum ein anderes agiles Prinzip, mit dem sich Führungskräfte und Organisationen schwerer tun. Jedoch ist die Fokussierung und Limitierung der laufenden Arbeiten ein zentrales agiles Prinzip. Dabei bedeutet Fokussierung, dass Du Entscheidungen darüber triffst, welche Aufgaben nicht angegangen werden. Sprichwörtlich “scheidest” Du dich also von bestehenden Optionen. Wie der Kurator in einem Museum, der vor allem entscheiden muss, welche Exponate er nicht ausstellt. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe, die Verhaltensökonomen mit Verlustaversion erklären. Also ganz plump gesagt, der Angst etwas zu verpassen oder auszulassen. 

Hast Du dich entschieden, welche Aufgaben nicht angegangen werden, folgt die nächste schwierige Aufgabe. Nämlich eine konsequente Priorisierung der verbleibenden Aufgaben und Projekte. Deswegen mag ich Kanban Boards so sehr, weil hier immer nur eine Aufgabe am Kopf einer Liste stehen kann, keine Karte ist “gleich wichtig”. Eine gute Priorisierung setzt wiederum voraus, dass Du ein Verständnis darüber hast, welchen Wert eine Aufgabe für den Kunden und dein Unternehmen generiert. Und entsprechend priorisierst Du natürlich die Aufgaben am höchsten, die den größten Wertbeitrag liefern. Durch die Priorisierung stellst Du sicher, dass Teams und ganze Organisationen an den richtigen Aufgaben arbeiten. Dabei ist Priorisierung dann besonders wirkungsvoll, wenn Du deine Ziele und Absichten klar formuliert hast. Siehe dazu auch das erste agile Prinzip “Vision”. 

Persönliche Kommunikation als Basis für ein gemeinsames Verständnis 

Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen

Agiles Manifest

Schließlich ist die persönliche Interaktion und Kommunikation eines der zentralen agilen Prinzipien. Dabei ist der gemeinsame Austausch die Basis für ein gemeinsames Verständnis. Das betrifft sowohl den Austausch im Team, den Umgang mit Stakeholdern und die Auseinandersetzung mit dem Kunden. 

Wie beim agilen Prinzip des Takts senkt persönliche Kommunikation im Team den Aufwand. Denn statt lange E-Mails zu schreiben, sie in cc lesen zu müssen, Präsentationen zu verfassen oder stille Post zu spielen, können involvierte Personen im persönlichen Gespräch offene Fragen klären. Damit stellst Du sicher, dass die Botschaft auch beim Empfänger ankommt. Und viel wichtiger, es erhöht die Chance, dass im Anschluss alle das gleiche Verständnis haben. Denn Sprache ist abstrakt und wir nehmen vorschnell an, dass andere das gleiche mit Worten assoziieren wie wir. 

Das agile Prinzip der persönlichen Kommunikation ist die Basis für agile Praktiken wie gemeinsame Plannings, Reviews oder Retrospektiven. Und wie bei allen anderen Prinzipien braucht es ein wenig Übung, Takt und Durchhaltevermögen, bis Du erkennst, dass persönlicher Austausch dich beschleunigt und die Verbundenheit im Team beflügelt.

Einfachheit –  Die Kunst zu wissen was überflüssig ist

Das agile Prinzip “Einfachheit” bedeutet, dass Du Aufgaben so einfach wie möglich machst. Aber nicht einfacher. Das setzt ein sehr genaues Verständnis des zu lösenden Problems voraus, einer Kompetenz, die vor allem im Design Thinking geschult wird. Denn viel zu oft erlebe ich, dass Projekte (künstlich) aufgebläht sind oder Mitarbeiter Raumschiffe bauen, obwohl vielleicht erstmal ein Floß reicht. Das hängt stark damit zusammen, dass wir sozialisiert sind in Lösungen statt Problemen zu denken. Zudem tendieren Mitarbeiter in großen Organisationen dazu, dass sie es erst skalieren wollen, bevor sie es überhaupt verstanden haben. In der Startup Sprache nennen wir das “premature scaling”.

Ein zweiter wichtiger Grund es möglichst einfach zu machen, resultiert aus der Tatsache, dass agile Prinzipien vor allem bei komplexen Projekten und Aufgaben zum Einsatz kommen. Und einfache Lösungen erlauben es dir schneller zu testen und Feedback zu bekommen, also den Takt zu erhöhen. Das frühe Testen einfacher Lösungen und Prototypen grenzt wiederum den Lösungsraum ein und hilft dir dabei, Aufgaben zu priorisieren. Und so heißt es schon im agilen Manifest. “Einfachheit – die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren – ist essenziell.”

Konkrete Arbeitsergebnisse – “Getting sh … done”

Konkrete Arbeitsergebnisse sind das wichtigste Fortschrittsmaß

Agiles Manifest

Das letzte agile Prinzip ist die Forderung nach konkreten Arbeitsergebnissen. Also echte anfassbare Ergebnisse statt nur eine Auflistung von Aktivitäten. Mit dieser Forderung schließt sich der Kreis zu einigen der vorgenannten Prinzipien. Schließlich kannst Du nur Werte für den Kunden und deine Organisation schaffen, wenn Du verwert- und nutzbare Ergebnisse am Ende eines Zyklus in den Händen hältst.Im Scrum Framework ist dieses agile Prinzip mit der Definition of Done (DoD) formalisiert. Die Definition of Done ist eine Vereinbarung des Teams, wann Arbeit als abgeschlossen und erledigt betrachtet wird. Im Idealfall fokussieren sich Teams dabei auf echte Outcomes statt nur Outputs.  

Fazit – Agile Prinzipien sind nicht verhandelbar

Agile Prinzipien sind das Herzstück agiler Teams und Organisationen. Jedoch erlebe ich oft, dass Unternehmen agile Methoden einführen ohne ein grundlegendes Verständnis agiler Prinzipien zu haben. In Folge entsteht ein Vakuum und in Ermangelung einer Orientierung klammern sich Teams dogmatisch an Methoden und verfallen in einen Cargo Kult. Und im Anschluss wundern sich alle Beteiligten, warum das mit dem agilen Arbeiten nicht klappt.

Bevor Du also anfängst, agile Methoden in dein Unternehmen zu tragen, solltest Du agile Prinzipien verinnerlichen und Dich auch fragen, welche Werte für das Arbeiten unter agilen Vorzeichen wichtig sind. Wenn Du eine erstes Bild gewonnen hast, wie sich diese Leitvorstellungen mit deiner heutigen Unternehmenskultur vertragen, dann hast Du das Fundament gelegt, um auch agile Methoden wirksam einzuführen. Es wird damit sicher kein Selbstläufer, aber ganz sicher viel einfacher. 

Viel Erfolg dabei.

Signatur des Blog Autors Andreas Diehl.

Über den Autor

Andreas Diehl

Mein Name ist Andreas Diehl. Ich blogge und berate zu digitaler Transformation und agiler Organisationsentwicklung. Futter für meine Beiträge sind 23 Jahre Digital Business und Erfahrungen aus über 12 Jahren Beratung.

4 Antworten

  1. Avatar von Andreas Diehl
    Andreas Diehl

    Klares JA. Für die Begriffe “Werte” und “Prinzipien” habe ich auch mal ein Ethikhandbuch zur Hand genommen. Sind ja keinen Erfindungen der agilen Welt.:) Die Begriffe lassen sich imo gut abgrenzen. Wie Sie dann mit Leben gefüllt werden, da sind dann möglicherweise die Übergänge etwas weicher. Eben mehrdeutig. Willkommen in der VUCA Welt.:)

  2. Avatar von Liane

    Hallo Andreas,
    ja, danke. Das hilft mir schon weiter. Ich tue mich schwer, wenn die Abgrenzungen nicht eindeutig erläutert sind und es zeigt, dass “man” doch auch unterschiedlich rein interpretiert.
    LG Liane

  3. Avatar von Andreas Diehl
    Andreas Diehl

    Gute Frage(n).:)

    Für mich das agile Manifest eine Sammlung / Mischung von Werten und Prinzipien. Prinzipien sind für mich unumstößlich fundamentale Merkmale, über die ich nicht verhandele, wenn ich agil arbeite. Werte dagegen, was jeder persönlich in unterschiedlichen Ausprägungen mitbringen darf, damit diese Prinzipien auch gut funktionieren. Prinzipien formalisieren sich dann wieder über Praktiken, ein aufeinander abgespieltes Set an einzelnen Praktiken ergibt dann wieder eine Methode.

    Das ist zumindest die Erklärung, die ich für mich gefunden habe, um mit diesen unterschiedlichen Begrifflichkeiten umzugehen.

    Macht das so Sinn für Dich?

  4. Avatar von Liane Metzler
    Liane Metzler

    Danke für den Artikel. Für mich ist unklar, wie Mindset, die (5 agilen) Werte, die Prinzipien und das Manifest zusammen spielen. Es wird beim Manifest von “Werten” gesprochen, die ja eng gefasst keine Werte sind. “Fokus” als solches stellt auch im engeren Sinne keinen Wert da. Aber das mal Beiseite gelassen – wie ordnest Du das für Dich ein?
    LG Liane

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