Agile Strategie – Neue Spielregeln für deine Strategieentwicklung
Agile Strategie bedeutet, den Prozess der Strategieformulierung, -überprüfung und -anpassung nach agilen Prinzipien zu gestalten. Also eine agile Strategieentwicklung zu etablieren. Dagegen heißt agile Strategie nicht, dass Du permanent die Richtung änderst oder wahllos agierst, also schlussendlich keine Strategie zu haben.
In diesem Artikel findest Du eine kurze Erklärung zu agiler Strategie, wie Du einen agilen Strategieprozess moderierst und wie wir agile Strategieberatung gestalten.
Was ist eine agile Strategie?
Agile Strategie heißt, die Ideen und Prinzipien agiler Arbeitsweisen auf Strategie und den Prozess der Strategieentwicklung anzuwenden. Damit zeichnet sich eine agile Strategie durch folgende Merkmale aus:
- Arbeit in kurzen zeitlichen Zyklen (3 Monate)
- Ständige Überprüfung und Anpassung
- Hohe Fokussierung und gute Priorisierung
- Gute Balance aus Commitment auf wichtige strategische Handlungsfelder und einer Flexibilität in Experimente
- Gemeinsames Lernen, Offenheit und Transparenz
- Mut, Delegation und Verantwortung
Damit lösen eine agile Strategie und ein agiler Strategieprozess folgende Probleme einer Organisation:
- Umgang mit Komplexität und Unsicherheit
- Gesunde Balance aus Optimierung / Effizienz und Innovation
- Management von Transformationen
- Schnelle Reaktion auf kurzfristige Veränderungen
- Gezieltes Ergreifen sich bietender Chancen
- Kohärenz zwischen formulierter und gelebter Strategie
Neue Spielregeln - Warum agile Strategie notwendig ist
Unternehmen sind mit steigender Unsicherheit, höherer Komplexität, Dynamik und Volatilität konfrontiert. Dabei wird nicht nur der Möglichkeitsraum größer, sondern vor allem auch das Verlustrisiko durch disruptive Szenarien. Deswegen funktionieren traditionelle Strategieprozesse nicht mehr, wenn sie denn überhaupt jemals funktioniert haben. So glauben laut dieser Studie nur 44 % der Manager, dass ihr Unternehmen die Strategie gut umsetzen kann. Deswegen müssen Unternehmen auf agile Strategien und eine kontinuierliche, agile Strategieentwicklung setzen.
Alte Spielregeln - Strategie als Planungsaufgabe
In den letzten Jahrzehnten sind viele Unternehmen mit einer Fortführung ihres bestehenden Geschäftsmodells gut gefahren. Diese “more from the same “Strategie ging und geht auch unter folgenden Voraussetzungen gut auf.
- Stabile Märkte mit klar definierten Grenzen und bekannten Mitspielern,
- Marginale Technologiesprünge, Unternehmen übertrumpfen sich gegenseitig mit inkrementellen Innovationen.
- Weite Märkte - Globale Absatzchancen, um sich mit dem gleichen Angebot in anderen Märkten auszubreiten.
Unter solchen Voraussetzungen verkümmert Strategie zur Planung in Excel und Unternehmen fokussieren sich auf Wiederholung, Optimierung und Effizienz. Man könnte sogar überspitzt sagen, dass Unternehmen in solchen Situationen nie gefordert waren, eine echte Strategie zu formulieren.
Neue Spielregeln - Strategie als gelebter Veränderungsprozess
Spielregeln und Märkte ändern sich durch digitale Technologien schnell und unvorhersehbar.
- Neue Spielfelder - Marktgrenzen verschwimmen, das Spielfeld ist nicht mehr so klar und gut erkennbar.
- Globaler Wettbewerb - Anbieter sind für Kunden global zugänglich. Der nächste Wettbewerber ist sprichwörtlich nur einen Klick entfernt.
- Neue Geschäftsmodelle - Technologien fördern radikale und disruptive Innovationen, es entstehen neue Geschäftsmodelle mit überlegenen Wertschöpfungsstrukturen.
- Neue Spieler - Erfolgreiche Digitalkonzerne und gut finanzierte Startups dringen in etablierte Märkte ein.
Das folgende Beispiel zeigt, wie sich das Spielfeld, Mit- und Gegenspieler für einen Anbieter von Hörgeräten über Nacht verändern.
Case Study: Apple Hearing Aid
Mit der Einführung der AirPods Pro 2 hat Apple seine "Hearing Aid” vorgestellt, eine wissenschaftlich anerkannte, rezeptfreie Hörhilfe Funktion. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen eigentlich zwei getrennten Märkten: Dem Markt für Kopfhörer und dem für Hörgeräte. Die spannende Frage ist, wie weit Apple das Hörerlebnis mit dem Einsatz von KI weiter optimieren kann und ob die Anbieter von Hörgeräten diese Disruption überstehen.
Strategische Antwort als Hörgerätehersteller
Als Anbieter von Hörgeräten siehst Du dich einer potentiell disruptiven Innovation gegenüber und formulierst entsprechende Abwehrmaßnahmen. Oder Du freust dich darüber, weil coole Technologie-Gadgets einem langweiligen medizinischen Gerät neuen Glanz verleihen. Wenn das deine Haltung ist, stellt sich allerdings die spannende strategische Frage, ob Kunden nicht etwas weniger Performance gegen cooles Design eintauschen und ob dich deine vermeintlichen Stärken noch weiter tragen. Alles Fragen, zu denen Du im Rahmen von agilen Strategieprozessen Hypothesen formulieren und Antworten auch in Form von Experimenten liefern darfst.
Wie Du deine agile Strategieentwicklung gestaltest
Agile Strategieentwicklung heißt, einen co-kreativen strategischen Dialog auf den Weg zu bringen, um deine agile Strategie zu formulieren, kontinuierlich zu überprüfen und anzupassen. Die folgenden Anregungen helfen dir auf dem Weg zu einer agilen Strategieentwicklung.
Probleme und Engpässe identifizieren
Agile Strategie beginnt mit einem guten Verständnis, was die Leistungsfähigkeit im Hier und Heute bremst und blockiert. Dazu nutzt Du Werkzeuge wie Design Thinking und System Thinking, schließlich entsteht Höchstleistung durch das Lösen von Problemen. Und zwar eines nach dem anderen.
Trends in Hypothesen und Szenarien übersetzen
Da das Spielfeld größer und unbestimmter wird, erfordert eine agile Strategie, dass Du in Szenarien denkst, Hypothesen formulierst und diese verschriftlichst. Das klingt leichter als es ist, aber eine lohnenswerte Übung. Wie hat Bertrand Russell einmal treffend gesagt: “Everything is vague to a degree you do not realize till you have tried to make it precise.” Also diskutiert Szenarien, formuliert Hypothesen und leitet mögliche strategische Antworten ab. Alles, was ihr dazu braucht, sind die Grundlagen systemisches Denkens, Post-its und viel Fläche zum Kleben und Malen.
Mit Unsicherheit arbeiten
Agile Strategie bedeutet, einen produktiven Umgang mit Unsicherheit zu finden. Auch wenn der Begriff Unsicherheit gern und oft verwendet wird, ist er doch erklärungsbedürftig. Deswegen braucht es zunächst ein gemeinsames Verständnis, was Unsicherheit überhaupt heißt, um damit im Rahmen eines agilen Strategieprozesses überhaupt produktiv arbeiten zu können. McKinsey unterscheidet z.B. vier Arten von Unsicherheit:
- Die Zukunft ist weitgehend klar, Du erwartest eine geringe Toleranz und Abweichung.
- Es gibt verschiedene Szenarien, die jedoch weitgehend klar umrissen sind.
- Du erwartest viele Ausprägungen der Zukunft, die im Kern jedoch einer Normalverteilung folgen.
- Echte Unsicherheit, mehrere fast schon chaotisch verteilte mögliche Zustände.
Strategie “besprechbar” machen
Strategie ist in sich schon ein erklärungsbedürftiger Begriff und fast schon ein Fabelwesen, an dem sich Theoretiker und Praktiker seit Jahrzehnten die Zähne ausbeissen. Deswegen bedeutet agile Strategieentwicklung auch, dass Du Strategie besprechbar machst, indem Du z.B. Ordnungsmodelle wie das Playing to Win Framework oder Business Model Canvas etabliert. Als Moderator und Facilitator achtest Du jedoch wie ein Luchs darauf, dass diese Ordnungsmodelle nicht mit der eigentlichen Strategie verwechselt werden. “The map is not the territory.” Sie helfen dir, die Strategie besprechbar zu machen und Dialog zu fördern. Die eigentliche Strategie entsteht aber durch inhaltlichen Dialog, kritischen und kreativen Austausch und Entscheidungen.
The map is not the territory.Alfred Korzybski
Offenheit und Transparenz leben
In einem traditionellen Verständnis entsteht Strategie hinter verschlossenen Türen im Elfenbeinturm. Es entstehen Artefakte, die Führungskräfte und Mitarbeiter dann für sich und ihre Arbeit übersetzen müssen. Dabei ist die vermeintliche Strategie oft nebulös bzw. lässt viel Interpretations- und Handlungsspielraum. Das ist ein Grund, warum Strategieprozesse so schmerzvoll erlebt werden. Ein agiler Strategieprozess setzt dagegen auf einen co-kreativen Dialog, eine offene und kritische Diskussion über Bereichsgrenzen hinweg. Das beginnt damit, dass bereits erste Drafts und Überlegungen gemeinsam reflektiert und geschärft werden, um die Strategie basierend auf diesen Rückmeldungen immer weiter zu verbessern.
Globales statt lokales Optimum suchen
In traditionellen Strategieprozessen wird die Strategie oft aus bestehenden organisatorischen Strukturen und ihren Stakeholdern getrieben. Dadurch entstehen in einem systemischen Verständnis nur zweitbeste, lokale Lösungen, die den eigenen Bereich optimieren statt das gesamte Unternehmen. Also ein lokales statt globales Optimum. Ein agiler Strategieprozess wird getragen von der Suche nach dem nächsten globalen Optimum für die gesamte Organisation. Das erfordert auch den Mut, echte “Ent-Scheidungen” zu treffen und zu bescheiden, was künftig nicht mehr gemacht wird. Das erfordert Mut, konstruktiven Dialog und Konfliktbereitschaft im Ringen um die beste Strategie. Dabei musst Du keine Angst vor echten Entscheidungen haben. Denn Untersuchungen haben gezeigt, dass das WIE, also wie Entscheidungen getroffen und kommuniziert werden, wichtiger ist als das WAS.
Innovation und Experimente statt nur Optimierung
Neue Spielregeln schreien nach Innovationen. Deswegen ist ein wesentliches Merkmal agiler Strategie auch Vorhaben mit hoher Unsicherheit auf den Weg zu bringen und echte Innovation anzustreben, statt mit kleinteiligen Optimierungen den Kopf über Wasser zu halten. Das verlangt eine höhere Risikotoleranz, Experimente und den Mut, auch mal daneben zu liegen und Vorhaben auch wieder einzustellen. Dabei helfen moderne Innovationsmethoden wie Jobs to be Done, Design Sprints, MVPs und Lean Startup.
Ehrliche Priorisierung statt Gießkanne
Wie jede gute Strategie zeichnet sich auch eine agile Strategie durch konkrete, aufeinander abgestimmte Maßnahmen aus. Dabei haben strategische Initiativen jeweils einen klaren Bezug zu aktuellen Problemen, Ambitionen und möglichen Szenarien.
Geplante und aktuelle Maßnahmen finden sich in einem Portfolio Board und sind wie ein gutes Backlog transparent einsehbar. Dabei beherzigst Du im Rahmen deiner agilen Strategie wesentliche agile Praktiken wie Priorisierung und die Limitierung der laufenden Arbeiten. Der Schlüssel ist dabei eine gute Priorisierung. Die erfordert einerseits ein gutes Verständnis der geplanten Maßnahmen, ihr Impact auf die strategische Entwicklung und ein sauberes methodisches Vorgehen für die Priorisierung.
Agile Strategie steuern - z.B. mit OKR
Der letzte Schritt einer agilen Strategieentwicklung ist die Etablierung eines kontinuierlichen Lern- und Feedbackprozesses z.B. mit OKR als Betriebssystem. Dabei solltest Du jedoch nicht die Einführung von OKR mit einem agilen Strategieprozess gleichsetzen. Das OKR Rahmenwerk ist zweifelsfrei ein tolles Managementsystem für die Steuerung und Implementierung deiner Strategie. Jedoch ist OKR nicht deine Strategie. Das heißt, agile Strategieentwicklung beginnt lange vor der Einführung von OKR, mit der Einführung des Rahmenwerks schließt sich dann nur der Kreis.
Agile Strategieberatung - Hilfestellung auf dem Weg zur agilen Strategie
Agile Strategieberatung heißt, dass euch ein Partner dabei hilft, einen Rahmen für agile Strategie zu gestalten. Dabei ist eine agile Strategieberatung weniger eine inhaltliche Beratung im Sinne von “das solltest Du tun”, sondern vor allem eine prozessuale und methodische Begleitung, um agile Strategieentwicklung wirksam zu gestalten Wenn ich als agiler Strategieberater mandatiert werden, dann interpretiere ich meine Rolle über die oben skizzierten Merkmale einer agilen Strategieentwicklung wie folgt:
- Facilitation von Workshops, damit Transparenz und Dialog auch “leben”.
- Ordnungsmodelle etablieren, wie das Playing to Win Framework, damit Strategie auch besprechbar wird.
- Unbequeme Fragen stellen in Bezug auf disruptive Szenarien durch Technologien und digitale Geschäftsmodelle. Das ist ja mein “Home Turf”.
- Fokus und Priorisierung fördern - Das ist für mich einer der wesentlichen Knackpunkte der agilen Strategieberatung, nämlich echte Entscheidungen und damit einhergehende Priorisierungen einzufordern. Dazu nutze ich z.B. gerne Werkzeuge wie die WSJF Methode.
- Aufbau digitaler Kompetenzen, schließlich ist auch Digitalstrategie ein wichtiger Baustein einer agilen Strategieentwicklung.
- Einführung agiler Managementsysteme, wie z.B. OKR, vom Aufsetzen und der Kaskadierung des OKR Systems bis zur Schulung mit Mitarbeitern.
Wenn Du Hilfe bei der Entwicklung deiner agilen Strategie brauchst, dann melde dich gerne bei mir.
Fazit - Agile Strategie heißt nicht keine Strategie zu haben
Agile Strategie sollte nicht mit der Abwesenheit einer (guten) Strategie verwechselt werden. Schließlich wird der Begriff “Agilität” fälschlicherweise oft mit einer wahllosen Beliebigkeit und Flexibilität gleichgesetzt. Dabei ist Agilität im Allgemeinen und agile Strategieentwicklung im Speziellen jedoch eine Fähigkeit, die durch viel Struktur, vor allem aber durch ständige Überprüfung und Anpassung getragen wird. So sicherst Du mit einer agilen Strategie schließlich die Zukunftsfähigkeit deiner Organisation und Geschäftsmodells. Auch in turbulenten VUCA Zeiten.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
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