Gallup Studie 2024 – Deutschland macht Dienst nach Vorschrift
Die Gallup Studie untersucht jährlich das Engagement und das Verhältnis von Mitarbeitenden zu ihren Arbeitgebern und Führungskräften. Dabei wirft der Gallup Engagement Index 2024 kein gutes Licht auf deutsche Unternehmen.
- Rekordtief: Lediglich 9 % der Arbeitnehmer haben eine hohe Bindung zu ihrem Arbeitgeber.
- 78% der Arbeitnehmer machen nur noch Dienst nach Vorschrift.
- Nur jeder zweite Mitarbeiter fühlt sich für die Qualität der Leistung verantwortlich.
- Nur 34 % haben Zuversicht in die finanzielle Zukunft ihres Unternehmens. Der tiefste Wert seit der Banken- und Finanzkrise 2008.
- Nur 11 % empfinden ihr Unternehmen als wirklich agil.
- Das tägliche Miteinander ist „rauer“ geworden. Die Gallup Studie zeigt, dass der respektvolle Umgang miteinander am Arbeitsplatz in den letzten Jahren abgenommen hat.
- Die innere Kündigung beträgt 13 %, d.h jeder 8te Mitarbeiter hat bereits innerlich gekündigt.
- Schätzungsweise entstehen in deutschen Unternehmen alleine durch innere Kündigungen Produktivitätsverluste zwischen 113,1 und 134,7 Mrd. Euro.
In diesem Artikel erfährst Du mehr zu den aktuellen Ergebnissen der Gallup Studie 2024. Zudem gehe ich darauf ein, mit welchen Maßnahmen Du den Engagement Index in deinem Unternehmen in Schwung bringen kannst.

Engagement Index - Trends in Deutschland 2024
Hier ein paar ausgewählte Highlights aus der aktuellen Gallup Studie. Den Report kannst Du dir in Gänze auf den Seiten von Gallup herunterladen.
- Rekordtief: Lediglich 9 % der Arbeitnehmer haben eine hohe Bindung zu ihrem Arbeitgeber. (2023: 14%).
- Die innere Kündigung sinkt von 19 % (2023) auf 13 %, d.h jeder 8. Mitarbeiter hat bereits innerlich gekündigt. Dabei suchen 63% der inneren Kündiger aktiv oder schauen sich um.
- Goldene Zeiten für Headhunter: Jeder dritte Mitarbeiter wurde von einem Headhunter kontaktiert, ein neues Rekordhoch.
- Das tägliche Miteinander ist „rauer“ geworden. Die Gallup Studie zeigt, dass der respektvolle Umgang miteinander am Arbeitsplatz in den letzten Jahren abgenommen hat.
- Nur 11 % empfinden ihr Unternehmen als wirklich agil. Lediglich 26 % sagen, ihr Unternehmen habe die passenden Prozesse, ebenfalls nur 26 % sehen ein wirklich agiles Denken.
- Gerade mal 34 % haben Zuversicht in die finanzielle Zukunft ihres Unternehmens. Der tiefste Wert seit der Banken- und Finanzkrise 2008.
- Lediglich 25 % der Arbeitnehmer sind überzeugt, dass die Führung ihres Unternehmens die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich managen wird (2019: 41 %).
- 78 % der Mitarbeiter machen nur noch Dienst nach Vorschrift (2023: 67%). Dabei fühlen sich über 64% nicht mehr für die Qualität der erbrachten Leistungen verantwortlich. D.h. nur jeder zweite Mitarbeiter fühlt sich noch für die Qualität der Leistungen verantwortlich.
- Nur 16 % sind mit ihrer direkten Führungskraft ausnahmslos zufrieden, in 2022 waren es noch 41%. Dabei haben nur noch 21% Vertrauen in ihre direkte Führungskraft.
- Bloß 50% wollen auch in einem Jahr noch bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber arbeiten (2018: 78 %), nur 34 % planen, mehr als 3 Jahre bei ihrem aktuellen Arbeitgeber zu bleiben.
- 38 % zweifeln, dass ihr Unternehmen den Bedarf an geeigneten Fachkräften decken kann (2013: 18 %).
- Mindestens 113,1 Mrd. € gingen der deutschen Wirtschaft aufgrund von innerer Kündigung und daraus resultierenden Produktivitätsverlusten verloren.
Die Konsequenzen sind enorm. Unternehmen, die es nicht schaffen, emotionale Bindung aktiv zu fördern, werden Schwierigkeiten haben, Talente zu halten und Mitarbeitende zu motivieren – vor allem in einer Zeit, in der qualifizierte Fachkräfte, aber auch Arbeitskräfte an sich, rar sind und der wirtschaftliche Druck steigt.
Bindung und Engagement haben nachweisbaren wirtschaftlichen Nutzen
Die Gallup Studie zeigt jedoch auch auf, dass Bindung und Engagement nicht nur etwas für New Work Romantiker sind, sondern dass dadurch konkrete wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen entstehen.
- Geringere Fehlzeiten - Emotional hoch gebundene Mitarbeitende fehlen im Schnitt 2,9 Tage weniger pro Jahr als Mitarbeitende ohne emotionale Bindung (5,0 Tage vs. 7,9 Tage), was Unternehmen erhebliche Kosten spart.
- Kaum Wechselbereitschaft - Nur 30 % der emotional hoch gebundenen Arbeitnehmenden sind offen für Neues, 70% haben kein Interesse an Angeboten anderer Arbeitgeber.
- Hohe Weiterempfehlung - 60 % der emotional hoch gebundenen Beschäftigten würden die Produkte oder Dienstleistungen ihres Arbeitgebers aktiv weiterempfehlen (versus 37 % der Beschäftigten mit geringer emotionaler Bindung).
- Recruiting Vorteile - 60 % der emotional hochgebundenen Beschäftigten empfehlen ihren Arbeitgeber Freunden und Angehörigen. In Anbetracht hoher Recruitingkosten ein großer wirtschaftlicher Vorteil. Immerhin belaufen sich die Kosten für die Rekrutierung auf durchschnittlich 3.500 Euro pro Mitarbeiter (Quelle).
Emotionale Bindung als Booster für die Performance
Wie sehr sich eine hohe emotionale Bindung auswirkt, zeigt eine von Gallup durchgeführte Meta-Analyse. Die Metaanalyse vergleicht das oberste Quartil, d.h. die 25% der Unternehmen mit der höchsten emotionalen Bindung mit dem untersten Quartil, d.h. mit den 25% der Unternehmen mit der geringsten emotionalen Bindung. Zwischen diesen Gruppen sind signifikante Unterschiede zu beobachten:
- 78 % weniger Fehlzeiten
- 63 % weniger Arbeitsunfälle
- 32 % weniger Qualitätsmängel
- 10 % bessere Kundenbewertungen
- Bis zu 18 % höhere Produktivität
Also ein signifikanter Nachweis, dass Mitarbeiterbindung sich auch in der Unternehmenskasse bemerkbar macht.
Sind die Gallup Zahlen auf dein Unternehmen übertragbar?
Wenn Du Zweifel an der Übertragbarkeit der Gallup Zahlen auf dein Unternehmen hast, dann kannst Du problemlos deine eigenen Engagement Umfragen durchführen. Gallup bietet dir dazu verschiedene Möglichkeiten und Angebote. Oder Du nimmst die Fragen der Gallup Studie und führst eine interne Engagement Umfrage durch.
Es könnte jedoch genauso gut sein, dass Du vielleicht nur ein Opfer des Uniqueness Bias bist. Denn so nennen Verhaltenspsychologen den irrationalen Trugschluss, dass Erkenntnisse aus anderen nicht auf das eigene Unternehmen übertragbar sind. Eben weil das eigene Unternehmen so “einzigartig” sei. Diese Fehlannahme kostet Unternehmen vor allem bei der Umsetzung großer Projekte enorme Summen.
💡 Uniqueness-Bias: Unternehmen und Menschen neigen dazu, ihre Qualitäten, Merkmale und Attribute als einzigartig anzusehen, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht sind.
Wie Du Engagement förderst und den Gallup Index nach oben treibst
Was können Unternehmen tun, um den eigenen Engagement Index weiter nach oben zu treiben? Auch dazu hat die Gallup Studie einige Antworten, die ich gerne mit ein paar eigenen Ansichten ergänze. Im Kern wenig Neues, was ja auch beruhigende Nachrichten sind. Zumindest dann, wenn Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter sich an einfache Basics halten.
Haltung und Gemeinsamkeit
Unternehmen sind eine freiwillige Verabredung zur gemeinsamen Wertschöpfung. Dieser gemeinsame Blick geht vor allem dann verloren, wenn Unternehmen mehr an Optimierungen und in “Abteilungen” denken, als ein Unternehmen als System zu betrachten und sich auf den Weg zu machen, gemeinsam das nächste globale Optimum zu finden. Das gilt für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen.
Basics eines guten Miteinander
Auch die Gallup Studie stellt noch einmal die Wichtigkeit elementarer menschlicher Grundbedürfnisse dar. Auch wenn die Gallup Studie das explizit als Aufgabe der Führung deklariert, glaube ich, dass diese Punkte ein Stück weit von jedem Mitarbeiter getragen werden können. Schließlich sind auch Führungskräfte Menschen.
- Vertrauen: Ehrlichkeit, Klarheit, Verlässlichkeit,
- Mitgefühl / Empathie: Menschlichkeit zeigen, zuhören, echt sein
- Stabilität: Orientierung geben, erreichbar sein, Sicherheit schaffen
- Hoffnung / Zuversicht: Zukunft aufzeigen, positiv führen, Mut machen
Stärken stärken
Im täglichen Miteinander wirken laut Gallup Studie ein Gespräch über Stärken und positives Feedback Wunder. Denn Mitarbeitende mit starker Stärkenorientierung sind achtmal häufiger emotional gebunden. Immerhin hat fast jeder dritte Mitarbeiter in der Gallup Studie 2024 angegeben, in den zurückliegenden drei Monaten ein Feedback zu ihren Stärken erhalten zu haben.
Führung neu denken
Die klassische Karriere im Unternehmen vereint zwei wichtige Führungsaufgaben in Personalunion: die fachliche und die menschenbezogene Führung. Warum eigentlich? Weil es immer so war und gemacht wurde. Dabei haben moderne Organisationsmodelle wie z.B. die Helix Organisation oder das Spotify Modell deutlich bessere Ideen, wie Führung zweigleisig gedacht werden kann: eine fachliche Führung (z.B. über Product Owner) und eine menschenorientierte Führung, die sich um die persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter kümmert.
Sinn & Relevanz aufzeigen
Führung darf nicht nur verhindern, dass Mitarbeitende gehen. Stattdessen sollten Unternehmen und Führungskräfte Mitarbeitenden aufzeigen, wie ihr Beitrag den Gesamterfolg des Unternehmens steigert. Eine Strategie, die Du z.B. wunderbar mit der OKR Methode realisieren kannst.
Agiles Arbeiten ernster nehmen
Die Gallup Studie zeigt einerseits, dass Mitarbeitende steten Wandel erleben. Andererseits, dass die Agilität des eigenen Unternehmens sehr gering eingeschätzt wird. Meine Hypothese: Unternehmen sollten anfangen, agiles Arbeiten ernster zu nehmen, statt es nur in vorhandene Strukturen zu quetschen. Denn agile Organisationsmodelle fördern Autonomie, Transparenz und Kommunikation. Alles Faktoren, die auch die intrinsische Motivation und damit auch die Mitarbeiterbindung fördern.
Neuroleadership / SCARF
Neuroleadership gibt Antworten darauf, wie Du als Führungskraft Erkenntnisse der Neurowissenschaft in die tägliche Führungsarbeit integrierst. Ein sehr einfaches und praktikables Modell ist das SCARF Modell, das die menschlichen Grundbedürfnisse für Kooperation, Leistungs- und Lernbereitschaft in fünf Faktoren zusammenfasst

Werden diese Grundbedürfnisse erfüllt, sind wir grundsätzlich ausgeglichener, kooperativer, produktiver und lernbereiter. Das Stresslevel nimmt ab und die Mitarbeitergesundheit und -motivation steigt. Werden diese Faktoren dagegen bedroht, gehen Menschen in den Widerstand.
Fazit - Rahmenbedingungen und Führung entscheiden über Bindung und (wirtschaftlichen) Erfolg
Die Gallup Studie lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück. Einerseits sind die Zahlen sehr ernüchternd und werfen kein gutes Licht auf das Verhältnis von deutschen Unternehmen zu ihren Arbeitnehmern. Andererseits zeigt die Gallup Studie eine klare Korrelation zwischen Mitarbeiterbindung und wirtschaftlichem Erfolg. Das heißt, mit der Verbindung von “weichen Faktoren” zu harten unternehmerischen KPI steigt die Wahrscheinlichkeit, dass “Engagement” nicht nur von "New Work Romantikern" ernst genommen wird, sondern als ein relevantes strategisch wichtiges Asset bewertet wird. Dabei sind auch die Maßnahmen für mehr Mitarbeiterbindung kein Voodoo. Du musst es nur wollen und anfangen.
Viel Erfolg dabei.

Anhang: Wie funktioniert der Gallup Engagement Index?
Der Gallup Engagement Index basiert auf einer repräsentativen Umfrage unter 1.700 zufällig ausgewählten Arbeitnehmern ab 18 Jahren in Deutschland. Dabei misst die Gallup Studie die Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiter anhand von zwölf Fragen in vier Kategorien.

Wachstum
- Während des letzten Jahres hatte ich bei der Arbeit die Gelegenheit, Neues zu lernen und mich weiterzuentwickeln.
- In den letzten sechs Monaten hat jemand in der Firma mit mir über meine Fortschritte gesprochen.
Teamarbeit
- Ich habe einen guten Freund/eine gute Freundin innerhalb der Firma.
- Meine Kollegen/Innen haben einen Arbeitsplatz, der ihnen erlaubt, Arbeit von hoher Qualität zu leisten.
- Die Ziele und die Unternehmensphilosophie meiner Firma geben mir das Gefühl, dass meine Arbeit wichtig ist.
- Bei der Arbeit scheinen meine Meinungen zu zählen.
Unterstützung
- Bei der Arbeit gibt es jemanden, der mich in meiner Entwicklung fördert.
- Mein Vorgesetzter/Meine Vorgesetzte scheint sich für mich als Person zu interessieren.
- In den vergangenen sieben Tagen habe ich für gute Arbeit Anerkennung oder Lob bekommen.
- In der Firma scheinen meine KollegInnen engagiert zu sein.
Grundbedürfnisse
- Ich habe die Materialien und die Arbeitsmittel, um meine Arbeit richtig zu machen.
- Ich weiß, was bei der Arbeit von mir erwartet wird.
Die Gallup Studie reicht bis ins Jahr 2001 zurück. Seitdem finden die Umfragen regelmäßig im Jahresrhythmus statt. So erhalten wir dank der Langzeitstudie nicht nur eine Momentaufnahme, sondern können die Entwicklung der Mitarbeiterbindung in Deutschland über zwei Jahrzehnte zurückverfolgen und aktuelle Ergebnisse entsprechend einordnen.

Andreas Diehl
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