Kognitive Verzerrungen – Diese Schnippchen schlägst Du dir selber
Eine kognitive Verzerrung (cognitive bias) ist ein systematischer Denk- und Wahrnehmungsfehler. Diese fehlerbehaftete Neigung führt dazu, dass Du täglich ganz unbewusst eine Vielzahl irrationaler und nachteiliger Entscheidungen triffst.
In diesem Artikel erkläre ich Dir, was kognitive Verzerrungen sind und wieso das Wissen um ihre Existenz gerade in komplexen Umfeldern unverzichtbar ist. Dabei lernst Du kognitive Verzerrungen und vor allem Handlungsstrategien kennen, um deinen Alltag im Kontext von Digitalisierung, New Work und Innovation erfolgreich zu gestalten.
Woher kommen kognitive Verzerrungen?
Kognitive Verzerrungen sind ein Begriff aus der Kognitionspsychologie (Kognition, lat. erkennen, erfahren), die sich ganz allgemein mit der Informationsverarbeitung von Menschen auseinandersetzt. Die ersten cognitive biases wurden bereits in den 1950er Jahren beschrieben. Populär wurden kognitive Verzerrungen spätestens mit dem Bestseller “Schnelles Denken, langsames Denken” (2011). Darin fasst der Psychologe Daniel Kahneman seine jahrzehntelange Forschungsarbeit mit Amos Tversky zusammen. Für seine Arbeiten und die Verknüpfung von Psychologie und Wirtschaft wurde Kahneman bereits 2002 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Sein Freund und Mitbegründer der damit ausgezeichneten “neuen Erwartungstheorie” Amos Tversky war bereits 1996 verstorben.
Informationsverarbeitung im Gehirn
Um kognitive Verzerrungen und ihr Auftreten zu verstehen, solltest Du kurz die Informationsverarbeitung im Gehirn nachvollziehen. Dazu nutzt Kahneman in seinem Buch ein sehr einfaches Modell. Demnach werden Informationen im Gehirn durch zwei Systeme verarbeitet. Über System 1 finden spontane, emotionale und intuitive Bewertungen und Denkprozesse statt. System 2 dagegen prozessiert Informationen wohlüberlegt, logisch und rational. Dabei ist System 1 um ein vielfaches schneller, kann parallel arbeiten und damit bis zu 30% aller Informationen verarbeiten, die sekündlich auf dich einprasseln. Das heißt, dein intuitives System 1 ist der Gepard der Informationsverarbeitung, unser rationaler Verstand im Vergleich dazu maximal im Schneckentempo unterwegs.
System 1 | System 2 | |
---|---|---|
Bewertung | Intuitiv | Rational |
Reaktionsgeschwindigkeit | 200 ms | 700 ms |
Operating Modus | Parallel | Linear |
ArbeitsspeicherBits / Sekunde | 3,3 Mio. | 11 |
VerarbeitungskapazitätIn % von 11 Mio. Bits / Sek. | 30% | 0,0001% |
Jeder “leidet” an kognitiven Verzerrungen
Evolutionsbiologisch war System 1 überlebenswichtig. Denn diejenigen, die beim Rascheln im Busch lange überlegten, um eine kluge, wohlüberlegte, rationale Entscheidung zu treffen, hatten keine Zeit sich fortzupflanzen. Dann nämlich, wenn es statt der Maus tatsächlich der Säbelzahntiger war. Damit sind wir alle zwangsläufig Nachkommen der Angsthasen mit ausgeprägtem System 1. Das heißt, auch wenn wir heute nicht mehr in der Savanne leben, besitzen wir alle die untrügliche Fähigkeit, basierend auf sehr wenigen, unvollständigen Informationen, eine sehr schnelle Entscheidung zu treffen. Und aufgrund der hohen Geschwindigkeit sind diese Entscheidungen schon gefallen, bevor sie uns überhaupt bewusst werden. Schließlich versucht der rationale Verstand dann nur noch den emotionalen Affekt zu rechtfertigen. Damit kann sich auch der rationalste Analyst nicht von kognitiven Verzerrungen frei sprechen.
Komplexität und kognitive Verzerrungen
Komplexität kennzeichnet sich durch eine hohe Vernetzungsdichte, viele Variablen, Interaktionspunkte und Informationen. Damit kannst Du ein komplexes System per Definition nicht abschließend analysieren. Das heißt, dein rationales System 2 hat keine Chance eine hohe Komplexität zu durchdringen. Dein intuitives System 1 dagegen kann auch komplexe Situationen erfassen und intuitiv bewerten. Damit ist deine Intuition der beste Navigator in komplexen Umfeldern. Das heißt, so nachteilig kognitive Verzerrungen als Folge deines übermächtigen Systems 1 mitunter sind, so wichtig ist deine Intuition im Umgang mit Komplexität. So wird das Wissen zu kognitiven Verzerrungen zum Schlüssel, um erfolgreich mit deiner Intuition zu arbeiten.
Kognitive Verzerrungen im Berufsalltag
Aus der Liste mit weit über einhundert wissenschaftlich belegter kognitiver Verzerrungen habe ich die ausgewählt, die unseren Berufsalltag am stärksten prägen. Da cognitive biases sich gegenseitig verstärken oder aufeinander aufbauen, habe ich sie direkt in den jeweiligen Kontext gesetzt, um darauf aufbauend eine Handlungsstrategie zu geben.
Die irrationale Tendenz an Dingen festzuhalten, in die wir Zeit und Geld investiert haben
Gleich mehrere kognitive Verzerrungen beschäftigen sich mit der irrationalen Tendenz an Dingen festzuhalten in die wir Zeit, Geld und Energie investiert haben. Dabei beschreibt der IKEA Effekt die kognitive Verzerrung, dass wir selbst erstellten Dingen übermäßig Wert zuschreiben. Das heißt, das von Dir aufgebaute Billy Regal ist mehr wert als das baugleiche Modell einer anderen Person. Die Sunk Cost Fallacy beschreibt den cognitive bias, “das gute dem schlechten Geld hinterher zu werfen”. Also irrational viel Geld in Vorhaben zu investieren, auf die bereits viel Budget allokiert wurde. Schließlich beschreibt die Loss Aversion die kognitive Verzerrung, dass Du Verlusten deutlich mehr Bedeutung beimisst als Gewinnen. Das heißt, der Verlust von 100 Euro ist doppelt so schmerzhaft wie die Freude über den Gewinn des gleichen Betrages. Nun weißt Du warum es so schwer fällt Vorhaben einzustellen, in die Du bereits Herzblut und Geld investiert hast.
Ein einfacher Ausweg: Ressourcen limitieren
Um dich vor diesen sich gegenseitig verstärkenden kognitiven Verzerrungen zu schützen, gibt es ein sehr einfaches Mittel. Du begrenzt einfach die zur Verfügung stehenden zeitlichen und finanziellen Mittel. Das heißt, eine enge Timebox und so gut wie kein Budget. Denn “Not” macht bekanntlich erfinderisch. Diese künstlichen Beschränkungen findest Du in gängigen Formaten wie Design Sprints, Hackathons oder auch Design Thinking Workshops. Dabei gilt eine einfache Faustregel: Je explorativer und unsicherer dein Vorhaben, desto weniger Zeit. Denn so kommen Leute gar nicht in Versuchung Dinge zu erstellen, von denen Sie nachher nicht loslassen wollen. Stattdessen sind sie bereit sich auf das Feedback der Anwender einzulassen und Prototypen auch einmal wegzuwerfen. Zudem hilft dir das Arbeiten in kurzen Intervallen dabei, dass die getätigten Investments noch verschmerzbar sind und die Bereitschaft zur Anpassung ist vergleichsweise hoch.
Der süße Nektar des Status Quo - Das haben wir schon immer so gemacht
Die Status Quo Verzerrung beschreibt die übermäßige emotionale Bevorzugung des Status Quo im Vergleich zu jedweder Veränderung. Das heißt, wir wollen einfach, dass alles so bleibt wie es ist. Diese Tendenz ist eine Kombination der Loss Aversion und des Besitztumseffekts, der besagt, dass wir einem Gut mehr Bedeutung beimessen, wenn wir es besitzen. Ein ähnliches Phänomen beschreibt der Default-Effekt. Bei dieser kognitiven Verzerrung bevorzugen wir den “Default” also den Status Quo einer aktiv handelnden Strategie. Daraus resultiert schließlich die kognitive Verzerrung des Unterlassungseffekts. Dabei schätzt Du das Risiko der Handlung im Vergleich zum Risiko der Unterlassung deutlich höher ein, was wiederum zur Unterlassung und Verharrung im Status quo führt.
Aktives Handeln gilt als risikoreicher
Dass Menschen zur Unterlassung tendieren und Handlungen als riskanter einstufen, lässt sich einfach erklären. Schließlich wiegt die Verantwortung für ein selbst herbeigeführtes negatives Ergebnis deutlich schwerer als die Verantwortung für das gleiche negative Ergebnis, das durch Nicht-Handeln zustande kam. Das heißt, die “Füße still zu halten” ist weniger riskant, selbst wenn das Unterlassen im Vergleich zum Handeln deutlich mehr Probleme verursacht. Zudem wird in vielen Kulturen auch das gescheiterte aktive Handeln sanktioniert, die Unterlassung dagegen so gut wie nie.
Veränderungen sinnvoll gestalten und den Status Quo überwinden
Positiv ausgedrückt signalisieren Menschen mit Festhalten am Status Quo, dass es etwas zu bewahren gibt. Du darfst dich also fragen, was genau Kollegen als bewahrenswert betrachten, statt das Verharren im Status Quo vorschnell als kognitive Verzerrung abzustempeln. Zweitens kann es tatsächlich sein, dass Informationen fehlen, um die Unsicherheit des Neuen und das damit verbundene Risiko zu reduzieren. Eine dritte wichtige Strategie zur Überwindung der Status Quo Verzerrung sind Angebote zur Mitgestaltung. Dabei lobst Du natürlich das aktive Handeln über den grünen Klee. Schließlich gelingt die Überwindung des Status Quo mit ansprechenden Zielen und Gesprächen über den Sinn einer Veränderung. Im Idealfall sind ein Ziel oder gemeinsame Absichten so attraktiv, dass Leute bereit sind den Status Quo hinter sich zu lassen. Zumindest gelingt es Dir damit vielleicht deine “first follower” zu gewinnen. Weiter unten zeige ich Dir zudem, wie du cognitive biases auch zur erfolgreichen Gestaltung von Veränderung nutzen kannst.
Die Schwierigkeit Entscheidungen zu treffen
Täglich treffen wir ca. 20.000 Entscheidungen. Die meisten davon sind kleine Entscheidungen, betreffen alltägliche Routinen und werden von System 1 getroffen. Bewusste Entscheidungen sind dagegen höchst paradoxe Wesen. Prinzipiell wollen wir immer eine Wahl haben, das stärkt unser Autonomieempfinden. Allerdings sind wir mit zu vielen Auswahlmöglichkeiten schnell überfordert (Overchoice). Wenn Du dich allerdings nicht zwischen zwei Optionen entscheiden kannst, dann hilft oft eine dritte unbedeutende Auswahlmöglichkeit. Der “Köder” führt dann dazu, dass Du dich für eine der beiden anderen Varianten entscheidest (Decoy-Effect). Schließlich macht uns das Treffen von bewussten Entscheidungen auch müde (Decision fatigue). Immerhin frisst unser Gehirn und System zu viele Energiereserven. Diese Entscheidungsmüdigkeit führt schließlich zu schlechten und suboptimalen Entscheidungen .
Der Irrglaube, dass alle anderen die Welt so sehen wie Du
Es gibt wenig kognitive Verzerrungen mit denen Du so spielerisch arbeiten kannst wie die Tendenz zu glauben, dass andere die Welt so sehen wie Du. Dabei ist die erste kognitive Verzerrung der Curse of Knowledge, also der Fluch des Wissenden. Dabei nimmst Du als “Wissender” fälschlicherweise an, dass alle anderen dein Wissen teilen. Tatsächlich hast Du jedoch einen Informationsvorsprung. Umgekehrt beschreibt der cognitive bias der Illusion of Transparency die fehlerhafte Annahme, dass dein Inneres sowie damit verbundene Haltung und Sichtweisen für andere transparent wären. Und schließlich beschreibt der Spotlight Effect den Irrglauben, dass Du eine gewichtige Rolle in den Gedanken anderer spielst. Die Wahrheit ist, dass andere sich nicht so intensiv mit Dir beschäftigen wie Du mit dir selbst. Diese kognitiven Verzerrungen behindern Auftragsklärungen, Ziel- und Strategieentwicklungen. Im Sinne der Stacey Matrix ist die fehlende Übereinkunft der beteiligten Personen übrigens wiederum ein Treiber für Komplexität.
Ein gemeinsames Verständnis entwickeln
Das Eingeständnis dieser kognitiven Verzerrungen und die Anerkenntnis, dass Du eine exklusive Sicht auf deine Welt hast, ist bereits die halbe Miete, um an einem gemeinsamen Verständnis zu arbeiten. Zusätzlich brauchst Du ein aufrichtiges Interesse an den Sichtweisen anderer und ausreichend Zeit. Schließlich ist Sprache auch nur eine Abstraktion, die über System 2 prozessiert wird. Deswegen kann es sein, dass Du Geduld brauchst bis wirklich klar ist und allseits verstanden, was tatsächlich gemeint ist. Um den Prozess zu beschleunigen und deinem schnell arbeitenden System 1 eine Bühne zu geben, kannst Du mit Bildern arbeiten oder viel aufmalen, statt immer nur zu schreiben oder zu reden. Für sprachliches und das intellektuelle Verständnis kannst Du Modelle nutzen, um darauf aufbauend ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.
Modelle, die dich dabei unterstützen
Hier findest Du ein paar Modelle, die dich dabei unterstützen erfolgreich den Irrglauben zu überwinden, dass alle die Welt so sehen wie Du.
OKR | Eine gemeinsame Sprache für die Arbeit mit Zielen entwickeln, dabei reicht es OKR nur als Syntax zu nutzen. |
Business Model Canvas | Ein sprachlicher Rahmen im Kontext Strategie- und Unternehmensentwicklung. |
Haus der Veränderung | Veränderungsdynamik begreif- und verstehbar machen. |
Modell der logischen Ebenen | Veränderungsdynamik verstehen und Transformationsprozesse erfolgreich gestalten |
Golden Circle | Den Purpose und das gemeinsame Anliegen deines Unternehmens identifizieren. |
Stacey / Cynefin | Die Stacey Matrix und das Cynefin Modell, um ein gemeinsames Verständnis für Komplexität zu gewinnen. |
Design Thinking | Um Kunden und Anwenderprobleme in den Vordergrund zu stellen und nicht wahllose Ideen. |
Kognitive Verzerrungen im Umgang mit neuen Informationen und Risiken
Im Zuge der digitalen Transformation sind viele Unternehmen Risiken ausgesetzt, die sie systematisch unterschätzen. Schuld daran ist u.a. die kognitive Verzerrung der Truthahn-Illusion, also die fehlerhafte Annahme, dass Trends der Vergangenheit sich fortschreiben. So wird der Truthahn täglich gefüttert bis “plötzlich” Thanksgiving vor der Tür steht. Das heißt, die Extrapolation erfolgte ohne eine Würdigung des gesamten Kontextes. Zudem führt der Confirmation Bias dazu, dass wir uns auf die Informationen konzentrieren, die unsere aktuelle Strategie unterstützen, statt nach entgegengesetzten Trends zu suchen. Und eher belustigend und gleichzeitig beängstigend ist der Rhyme-as-Reason Effect, nach dem Du Sachverhalte als glaubwürdiger bewertest nur weil sie sich reimen. Gleichzeitig sorgt der Overconfidence Effect zur Überschätzung der eigenen Kompetenz und die Kontrollillusion lässt dich glauben, dass Du auch Vorgänge außerhalb deines Einflussbereiches beeinflussen kannst. Daraus entsteht im Zuge der digitalen Transformation ein gefährlicher Risiko Cocktail, der dich blind für die wirklichen Gefahren macht.
Die Such nach “Spinnern” und Rebellen - Gute Gründe für dein Digital-Team
Solange Du im eigenen Saft kochst, wird es schwer sich über diese kognitiven Verzerrungen hinwegzusetzen. Du brauchst ein paar Musterbrecher, Rebellen, Kreative oder auch Spinner, die dir mal eine völlig andere Sicht auf deine Organisation, dein Geschäftsmodell oder deine Strategie geben. Dazu kannst Du z.B. einen Hackathon veranstalten, damit Mitarbeiter und Externe sich mit disruptiven Szenarien beschäftigen können. Zumindest kann ein solches Format ein “Augenöffner” sein und Licht auf ein paar blinde Flecken werfen. Zudem kannst Du durch den Aufbau eines gut positionierten Digital-Teams dem kreativen Wahnsinn und Rebellentum auch etwas Methode verleihen. Also eine Gruppe von Menschen, die deine Organisation und deine Geschäftsmodelle im Spannungsfeld neuer Technologien permanent mit dem Rest deiner Organisation weiterentwickelt.
Kognitive Verzerrungen bei der Planung und Umsetzung strategischer Vorhaben
Auch bei der Planung von strategischen Initiativen schlagen mehrere kognitive Verzerrungen zu. Zunächst einmal beschreibt die Planning Fallacy die Tendenz den Aufwand von großen Aufgaben systematisch zu unterschätzen. Die kognitiven Verzerrungen des Law of Triviality beschreibt die Tendenz, dass wir uns bei großen Vorhaben schnell in Details verlieren, statt das “big picture” im Auge zu behalten. Dagegen beschreibt die kognitive Verzerrung des Information Bias die Tendenz auch dann noch nach Informationen zu suchen, wenn die neue Information die Qualität der zu treffenden Entscheidung nicht verbessert. Schließlich sorgt der Ambiguity Effect dafür, dass wir Vorhaben mit sicheren Prognosen denen mit unsicherem Ausgang bevorzugen. Also lieber den Spatz in der Hand als den Vogelschwarm auf dem Dach. In Summe führen diesen kognitiven Verzerrungen zu einem Portfolio von uninspirierten Vorhaben, deren Aufwand Du systematisch unterschätzt. Gleichzeitig verlieren sich Teams in unwichtigen Details und treten bei der Suche nach mehr Information auf der Stelle.
Groß Denken, aber den ersten Schritt nicht vergessen
Um gar nicht erst in diese Fallen zu tappen, die die cognitive biases dir aufstellen, gibt es ein einfaches Rezept. Hör einfach auf, Vorhaben detailliert zu planen. Stattdessen klärst Du zunächst den inhaltlichen Rahmen und die damit verbundenen (ambitionierten) Ziele. Dabei überlegst Du unbedingt, welche Probleme aus Kundensicht Du lösen möchtest, um dich nicht nur mit dir selbst zu beschäftigen. Gründe kleine Teams, statte sie mit den benötigten Ressourcen aus und fangt an. Dabei gilt die einfache Regel, dass Teams in kurzen Iterationszyklen konkrete Arbeitsergebnisse präsentieren. Vorhaben die nicht weiterkommen, werden eingestellt oder neu aufgesetzt. Dabei werden natürlich die handelnden aktiven Kollegen immer für ihren Einsatz gelobt.
Kognitive Verzerrungen für wirksame Veränderungen
Tatsächlich gibt es auch eine Reihe von cognitive biases, die Du für die erfolgreiche Gestaltung von Veränderungen nutzen kannst. Erst einmal beschreibt die kognitive Verzerrung des Appeal to Novelty, dass wir neuen Konzepten tendenziell eine Überlegenheit zuschreiben, einfach weil sie neu sind. Dabei sorgt der Contrast Effect für eine bessere Wahrnehmung, wenn Du starke Kontraste herstellst. Die kognitive Verzerrung des Bizarreness Effect beschreibt die Tendenz, dass Du dich an unkonventionelle Dinge eher erinnerst als an gewöhnliche. Wenn es dann noch lustig und humvoroll wird, dann spielt Dir zusätzlich der Humor Effect in die Karten.
Mehr Mut, weniger Konvention und bitte mehr Lachen
Für die wirksame Gestaltung von Veränderungen kannst Du daraus ein paar einfache Regeln ableiten. Zunächst einmal brauchst Du wirklich etwas Neues. Ein wenig VUCA blabla reicht dabei nicht, sondern Du brauchst konkrete Trends und Neuerungen, auch um einen starken Kontrast zu dem was heute ist, herzustellen. Dabei reichen kleine Sprünge möglicherweise nicht. Denn Veränderungen folgen ohnehin immer dem gleichen Muster, deshalb würde ich immer lieber einmal eine große Veränderung durchlaufen als viele kleine “Veränderüngchen”. Zudem darf und soll es bitte unkonventionell sein, schließlich geht es ja gerade bei der Einführung neuer Arbeitsmethoden auch um einen grundlegenden Paradigmen- und Kulturwandel. Und wenn ihr wollt, dass es doch noch in die Hose geht, dann sorg dafür, dass die Leute auf keinen Fall Spaß haben und auch mal gelacht wird. Das ist in jedem Fall eine sehr wirksame kognitive Medizin.
Liste kognitiver Verzerrungen
Zum Abschluss noch eine Liste mit kognitiven Verzerrungen, die ich in diesem Artikel aufgegriffen habe, ergänzt um ein paar weitere cognitive biases.
IKEA Effekt | Du schreibst selbst erstellten Dingen übermäßig Wert zu. |
Sunk Cost Fallacy | Du investierst irrational viel Geld in Vorhaben, auf die bereits viel Budget allokiert wurde. |
Loss Aversion | Verluste sind doppelt so schmerzhaft wie die Freude über ein Gewinn. |
Status Quo Verzerrung | Übermäßige emotionale Bevorzugung des Status Quo als Resultat der Loss Aversion und des Besitztumseffekts. |
Besitztumseffekt | Du bewertest ein Gut als wertvoller, wenn Du es besitzt. |
Default-Effekt | Du bevorzugst den “Default” also den Status Quo gegenüber einer aktiv handelnden Strategie. |
Unterlassungseffekt | Du überschätzt das Risiko der Handlung im Vergleich zum Risiko der Unterlassung. |
Curse of Knowledge | Du nimmst als “Wissender” fälschlicherweise an, dass alle anderen dein Wissen teilen. |
Illusion of Transparency | Die fehlerhafte Annahme, dass dein Inneres sowie damit verbundene Haltung und Sichtweisen für andere transparent wären. |
Spotlight Effect | Der Irrglauben, dass Du eine gewichtige Rolle in den Gedanken anderer spielst. |
Truthahn-Illusion | Trends der Vergangenheit werden fälschlicherweise ohne eine Würdigung des gesamten Kontextes extrapoliert. |
Confirmation Bias | Du suchst nach Informationen, die bestätigen, was Du ohnehin schon glaubst. |
Rhyme-as-Reason Effect | Informationen sind glaubwürdiger wenn sie sich reimen. |
Overconfidence Effect | Systematische Selbstüberschätzung der eigenen Kompetenz, gilt für Organisationen und Individuen besonders im Zuge der Digitalisierung. |
Kontrollillusion | Du Irrglaube, dass Du Vorgänge außerhalb deines Einflussbereiches beeinflussen oder gar vorhersagen kannst. |
Planning Fallacy | Die Tendenz den Aufwand von großen Aufgaben systematisch zu unterschätzen. |
Law of Triviality | Du verlierst dich bei großen Vorhaben schnell im Detail, statt das “big picture” im Auge zu behalten. |
Information Bias | Du suchst weiter nach Informationen, auch wenn es die Qualität der zu treffenden Entscheidung nicht verbessert. |
Ambiguity Effect | Du bevorzugst sichere Prognosen denen mit unsicherem Ausgang. |
Survivorship Bias | Nachteilige Tendenz, unsere Strategien vor allem aus den erfolgreichen Versuchen abzuleiten, statt auch die gescheiterten Versuche und ihre Ursachen zu beleuchten. |
Halo-Effekt | Die Tendenz, von bekannten Eigenschaften einer Person auf unbekannte Eigenschaften zu schließen. |
Contrast Effect | Intensivere Wahrnehmung einer Information im Kontrast zu einer andere ; Informationen verbessern die Wahrnehmung. |
Rückschaufehler | Überschätzung der Vorhersehbarkeit eines Ereignisses nachdem es eingetreten ist. |
Wahrheitseffekt | Aussagen, die Du bereits gehört oder gelesen hast, sind glaubwürdiger als neue Informationen. |
Appeal to Novelty | Neue Konzepte sind überlegen, einfach weil sie neu sind. |
Bizarreness Effect | Je unkonventioneller, desto besser die Erinnerung. |
Humor Effect | Je lustiger, desto besser die Erinnerung. |
Overchoice | Zu viele Auswahlmöglichkeiten überfordern Dich. |
Decoy-Effect | Kannst Du Dich zwischen 2 Optionen nicht entscheiden, hilft Dir eine dritte unbedeutende Alternative (Köder), eine Entscheidung zwischen den beiden anderen Varianten zu treffen. |
Decision fatigue | Entscheidungen zu treffen, macht müde. |
Fazit – Mal beängstigend, mal zum schmunzeln
Jeder von uns hat und “leidet” unter kognitiven Verzerrungen. Sie sind so normal wie das Atmen. Und genau wie Du Atemübungen und -techniken nutzen kannst, um deine Achtsamkeit zu erhöhen, kannst Du dein Wissen um deine kognitiven Verzerrungen einsetzen, um ein wenig mehr Bewusstsein für deine Denk- und Wahrnehmungsfehler zu entwickeln. Sei achtsam und geduldig mit Dir, schließlich ist dein intuitives System 1 gleichzeitig dein stärkstes Werkzeug im Umgang mit Komplexität.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
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