Lean Management – Fünf Prinzipien für eine schlanke Organisation
Lean Management beschreibt Prinzipien für den Aufbau einer “schlanken Organisation”. In diesem Artikel skizziere ich die Kernidee des Lean Management. Dabei zeige ich Dir, wie diese 30 Jahre alte Philosophie unser heutiges Verständnis über moderne Unternehmensführung und agile Arbeitsweisen geprägt hat. Vor allem aber, wie Du durch die Befolgung fünf zentraler Leitsätze dein Unternehmen nach der Lean Philosophie ausrichten kannst.
Historie Lean Management
Der Begriff “Lean” wurde 1988 mit der Veröffentlichung des Artikels “The Triumph of the Lean Production System” geboren und erreichte mit dem Buch “The Machine That Changed the World” weltweite Beachtung. In den Jahren zuvor hatten Forscher des MIT (Massachusetts Institute of Technology) die Entwicklungs- und Produktionsbedingungen japanischer Autobauer untersucht. Während nämlich die Produktionsmenge der US Autobauer seit den späten 1960er Jahren weitgehend stagnierte, hatten die Japaner ihre Menge in der gleichen Zeit nahezu vervierfacht. Zudem hatte Toyota die Wirksamkeit des Lean Management eindrucksvoll auch auf amerikanischem Boden unter Beweis gestellt.
In the 1980`s GM had to build small cars, but they were lousy and lost money. Toyota was facing import restrictions from the U.S. Congress. So they build a joint venture handing over the worst GM production facility to Toyota who made it the no. 1 facility with the same workforce within 12 months.
Heute ist Lean Management ein Eckpfeiler moderner Unternehmensführung. Dabei wird Lean Management als ganzheitliche Denkweise und Philosophie verstanden, wie Unternehmen organisiert, geführt und wie Wertschöpfungen orchestriert werden.
Ziele und Kernidee des Lean Management
Making obvious what adds value (to the customer) by reducing everything else.
Die oberste Maxime im Lean Management ist die Wertmaximierung für den Kunden durch die Vermeidung von Verschwendung. Um dieses Ziel zu erreichen, werden alle Aktivitäten des Unternehmens optimal aufeinander abgestimmt, Durchlaufzeiten minimiert und überflüssige Tätigkeiten eliminiert. Dabei stellt Lean Management die Bedürfnisse des Kunden nach Qualität, Verfügbarkeit und Preis in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handels. Jedoch ist diese hohe Form der Kundenzentrierung kein Selbstzweck. Denn Lean Management bedeutet auch ein Unternehmen zu befähigen wirtschaftlich zu arbeiten, um im Wettbewerb zu bestehen und seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Stakeholdern nachkommen zu können.
Taiichi Ōno, aus “The Toyota Way”Alles, was wir tun ist auf die Durchlaufzeit zu achten, und zwar von dem Moment an, in dem wir einen Kundenauftrag erhalten, bis zu dem Moment, da wir das Geld in Empfang nehmen. Wir verkürzen die Durchlaufzeit, indem wir alle Bestandteile eliminieren, die keinen Mehrwert generieren.
Die 3M der Verschwendung
Die Vermeidung von Verschwendung ist ein zentrales Element des Lean Management. Dabei können Verluste, Ineffizienzen oder offensichtliche Verschwendung auf unterschiedliche Arten auftreten.
- Muri: Überlastung des Systems (Mensch und Maschine)
- Mura: Unausgeglichenheit in der Belastung
- Muda: Arbeitsschritte, die keinen Mehrwert bringen
Muri bedeutet Maschinen, Teams und Organisationen über eine akzeptable Arbeitsbelastung zu führen. Die daraus resultierende Überlastung des Systems verlangsamt Arbeitsprozesse und verkürzt die Durchlaufzeit. Gleichzeitig kann die Überlastung zu maschinellen Defekten, Ausfällen oder Krankheit führen.
Dagegen steht Mura für Unregelmäßigkeiten in der Belastung der eigenen Ressourcen. Das heißt, während ein Team z.B. überlastet ist, warten andere auf deren Arbeitsergebnisse. Dadurch dass Prozesse und Kapazitäten nicht aufeinander abgestimmt bzw. harmonisiert sind, kann das Unternehmen wertvolle Kapazitäten nicht effektiv einsetzen.
Schließlich ist Muda die offensichtlichste Form der Verschwendung. Dabei bedeutet Muda übersetzt “sinnlose Tätigkeit”. Das heißt, jede Aktivität, die zwar Ressourcen verbraucht, aber keinen Nutzen für den Kunden stiftet. Dabei kann Muda auf sieben unterschiedliche Arten auftreten, die mit dem Akronym TIMWOOD (Transport, Inventory, Motion, Waiting, Over-production, Over-engineering, Defects) abgekürzt werden.
Fünf Prinzipien für Lean Management
Die folgenden fünf Prinzipien sind der Kern und zentrale Leitsätze des Lean Management. Mit ein wenig Abstraktionsvermögen wirst Du schnell die Bedeutung dieser Prinzipien auch über die Grenzen der Lean Production hinaus erkennen.
Darüber hinaus findest Du eine Vielzahl von Lean Prinzipien um eine persönliche Haltung und Lean Thinking zu entwickeln.
#1 Identify Value - Werte identifizieren
Zunächst zielt Lean Management darauf ab zu verstehen, was Wert für den Kunden schafft. Das setzt voraus, die Bedürfnisse des Kunden zu verstehen. Erst wenn klar ist, was der “User Value” ist, folgen Überlegungen, wie dein Unternehmen profitiert (“Business Value”). Dabei kann dein Unternehmen direkt durch Umsatz profitieren oder indirekt durch eine bessere Customer Experience, eine höhere Kundenzufriedenheit und -loyalität. Das heißt, im Lean Management überprüfst Du jede Maßnahme auf den erwarteten Kundennutzen und schaust erst im Anschluss auf die Wertschöpfung für dein Unternehmen. Damit hat das Lean Management schon vor mehr als einer Dekade praktiziert, was heute allgegenwärtig ist und durch Methoden wie Design Thinking oder dem Ruf nach Customer Experience praktiziert wird. Dass nämlich der Kunde, seine Bedürfnisse im Zentrum des unternehmerischen Handelns stehen.
#2 Map the Value Stream - Wertströme verstehen
Im zweiten Leitsatz des Lean Management geht es darum Wertschöpfung und alle damit verbundenen Aktivitäten ganzheitlich zu verstehen. Das heißt, Du startest mit der Customer Journey und schaust im Anschluss, welche internen Prozesse notwendig sind, um gegen die Bedürfnisse des Kunden zu liefern. Dieses ganzheitliche und vor allem systemische Verständnis der Wertströme ist die Voraussetzung, um Verschwendung zu eliminieren, Wertströme zu synchronisieren und sicherzustellen, dass Kunde und Unternehmen Mehrwerte erzielen. Um Wertströme und Prozesse zu verstehen, bedienst Du Dich “Mieruka”, einem weiteren wichtigen Ansatz der Lean Philosophie. “Mieruka” bedeutet abstrakte und komplexe Sachverhalte durch Visualisierungen begreifbar zu machen.
Wenn es Dir gelingt, Kundenreisen und interne Wertströme ganzheitlich zu betrachten, dann hast Du die Basis für eine sehr erfolgreiche Digitalisierung deines Unternehmens. Sonst läufst Du Gefahr nur das lokale statt ein neues globales Optimum anzustreben und an den Herausforderungen der Digitalisierung zu scheitern.
#3 Create Flow - Fluss erzeugen
Wenn also das zu erzielende Outcome (#1 - Identify Value) und darauf aufbauend die Wertströme verstanden sind (#2 - Map the value stream), kannst Du dich dem dritten Leitsatz des Lean Management zuwenden. Dabei bedeutet “Create Flow”, dass Du alle wertschöpfenden Aktivitäten und Arbeitsschritte in Einklang bringst. Denn nur wenn Abläufe nahtlos ineinander greifen, kannst Du die Durchlaufzeit managen und “Mura” vermeiden. Die Harmonisierung der Prozesse und Abläufe wird in der Lean Literatur auch als “Heijunka” bezeichnet. Zum einen erreichst Du dieses Ziel durch eine konsequente Vernetzung und Automatisierung. Darüber hinaus ist der persönliche Austausch, gemeinsame Reviews und Planungen ein probates Mittel Aktivitäten zu synchronisieren. Deswegen findest Du heute in nahezu allen agilen Frameworks wie z.B. Scrum, SAFe oder OKR gemeinsame Plannings oder zumindest offene Reviews wieder. Damit eben Teams und Stakeholder die Möglichkeit haben ihre Planungen gegen die anderer Teams abzugleichen.
#4 Establish Pull - Hol-Prinzip statt Bringschuld
Um Wertströme optimal zu harmonisieren, setzt das Lean Management im vierten Prinzip auf “Establish Pull”. Das heißt, statt Leistungen auf Verdacht zu produzieren, löst erst die Bestellung eines Kunden oder internen Auftraggebers einen “Pull” aus. Das heißt, Leistungen werden auf Basis echter Nachfrage statt auf der Basis von Prognosen bereitgestellt. Das setzt funktionierende Schnittstellen und Kommunikationsprozesse voraus. Die Pull-Philosophie ist zum Beispiel ein wesentliches Merkmal in Kanban Boards.
Dieser Ansatz hat aber auch über die nachfrageorientierte Ausrichtung deines Unternehmens eine hohe Bedeutung. Denn das “Pull Prinzip” unterstellt, dass die Nachfrage das Angebot bestimmt. Das heißt, vor allem in Verbindung mit dem dritten Leitsatz des Lean Management haben Teams keine Bringschuld mehr. Denn durch eine transparente Gestaltung ihrer Reviews entledigen sie sich jeglicher Bringschuld. Eine wichtige persönliche Haltung, damit dieser Leitsatz nicht nach hinten losgeht, ist Informationen zu teilen. Dieses Lean Thinking wird im japanischen auch mit “Yokotenkai” beschrieben.
#5 Pursue Perfection - Streben nach Perfektion
Schließlich fordert das fünfte Lean Prinzip das Streben nach Perfektion. Denn nur mit diesem Anspruch gelingt es dauerhafte Werte zu schaffen. Das japanische Wort für den Wunsch nach kontinuierlicher Verbesserung heißt übrigens Kaizen. Dabei erfolgen Verbesserungen schrittweise und punktuell mit dem Ziel der langfristigen Optimierung eines Produktes oder Prozesses. Das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung und damit verbundene Einsicht, dass wir nicht unfehlbar sind, sondern uns in einem kontinuierlichen Lernprozess befinden, ist eine elementarer Bestandteil der Lean Philosophie. Dieses Prinzip findet sich heute in vielen agilen Methoden wie z.B. Scrum oder der OKR Methode in Form von Retrospektiven wieder. Dabei kommen alle Teammitglieder am Ende eines Zyklus zusammen, um gemeinsam zu reflektieren, wie die Zusammenarbeit optimiert werden kann. Das setzt eine persönliche Haltung voraus, die im japanischen mit “Hansei” beschrieben wird.
Fazit - Lean Management als Wegbereiter moderner Organisationen
Lean Management ist ein wichtiger Eckpfeiler moderner Unternehmensführung. Gleichzeitig sind die damit verbundenen Leitsätze und Prinzipien ein wichtiger Vorläufer und Wegbereiter unseres heutigen Verständnisses über Agilität als unternehmerische Kompetenz. Zudem erinnert uns Lean Management daran, worum es beim Aufbau, der Führung und der Entwicklung von Unternehmen geht. Nämlich die Bedürfnisse des Kunden. Und die konsequente Digitalisierung deines Unternehmens bietet Dir das perfekte Werkzeug, um Lean Management erfolgreich in der Praxis umzusetzen.
Viel Erfolg dabei.
Andreas Diehl
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